Politica | Meran
Fahrrad oder Auto?
Foto: Salto.bz
Nach einem Jahr der Mitterechts-Regierung von SVP, Civica und Alleanza in der Stadt Meran zieht die größte Oppositionspartei im Gemeinderat Bilanz. Laut den Grünen punkte die Stadtregierung mit „Ankündigungspolitik und viel Aktionismus“. Soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz seien hingegen vernachlässigt.
Bei den großen strategischen Vorhaben, wie Schulzentrum Untermais, Mobilität oder Kasernenareal, lasse die Zusammenarbeit der drei Parteien aufgrund unterschiedlicher Interessen zu wünschen übrig. Der unkoordinierte Rücktritt von Claudia Benedetti sei nur ein Beispiel dafür. „Der Bürgermeister erklärte mir, die Informationen zum Rücktritt der Gemeindereferentin könne ich in der Pressemitteilung der Gemeinde nachlesen“, so Toni Ladurner. „Nun befürchten wir, dass bei der Neubesetzung die SVP helfend zur Seite springen wird.“
Lob gibt es von den Grünen für die Stadtregierung bei der Fortführung der Projekte unter der Regierung des Grünen Bürgermeisters Paul Rösch und bei der Kommunikation. „Es werden Vorhaben aus der Regierung Rösch umgesetzt, wie die Errichtung der öffentlichen Gemeinschafträume unter der großen Tribüne des Pferderennplatzes fürs Co-Working, der Ankauf des Gebäudes San Nicolò und dessen geplante Umnutzung als Kindergarten oder die schrittweise Umsetzung der Studie zur Bewältigung der Folgen des hohen Grundwasserspiegels in Sinich“, so Madeleine Rohrer, die Fraktionssprecherin der Grünen im Meraner Gemeinderat. Zweitens sei es SVP, Civica und Alleanza wichtig, über ihre Tätigkeiten zu berichten. Es vergehe kaum eine Woche, „in der der Bürgermeister und seine Stellvertreterin nicht irgendjemandem medienwirksam die Hand schütteln“, so die Grünen.
Entwicklung Merans
Bei großen Vorhaben komme die Stadtregierung aber nicht über die Kommunikation hinaus. Zum Beispiel beim Schulzentrum Untermais: „Im Juni wurde die technisch-wirtschaftliche Machbarkeitsstudie abgegeben. Seitdem schweigt die Regierung, zum Beispiel zur Frage, ob und wo auf dem Areal die Aula Magna errichtet wird, über welche Straße die Autos in die Tiefgarage einfahren und wie die Gemeinde die Kosten für dieses neue Zentrum für Untermais finanzieren will“, so Toni Ladurner.
Zudem sei nach monatelangem Zögern entschieden worden, Stefano Ciurnelli mit der Überarbeitung des unter Rösch verabschiedeten Verkehrsplans zu beauftragen. Der Verkehrsplanungsexperte soll den Verkehrsplan, der in einem aufwändigen Partizipationsverfahren erarbeitet wurde, nun anpassen. Damit dürfte Meran laut den Grünen den Weg in eine konfliktreiche Verkehrspolitik einschlagen, zumal eine der ersten Amtshandlungen des Bürgermeisters die Öffnung von zuvor verkehrsberuhigten Straßen war, aber andere aus der Stadtregierung die nachhaltige Mobilitätspolitik der Regierung Rösch fortschreiben wollen. Wer diese anderen sein sollen, wird von den Grünen allerdings nicht verraten.
Vom Land angeführt?
Die Grünen heben des Weiteren hervor, dass der Meraner Gemeindeausschuss bei Verhandlungen mit dem Land zu wenig auf die Interessen der Meraner:innen achte, beispielsweise beim Deal zum Pferderennplatz. Im Herbst kündigten Land und Gemeinde an, dass der Pferderennplatz zu 60 Prozent an die Provinz übergehen soll. Meran erhalte im Gegenzug das Gebäude des ehemaligen Krankenhauses Böhler und einen Teil des Gerichtsgebäudes am Kornplatz.
„SVP, Civica und Alleanza schweigen seitdem über diesen Deal, unter anderem, ob die Gemeinde das Böhler an private Investoren und damit auch insbesondere die wirtschaftliche Entwicklung von Obermais abtreten will“, so Andrea Rossi, ehemaliger Vize-Bürgermeister. Nach einer ersten Ankündigung gab es vonseiten der Landesregierung keine weiteren Informationen. Ähnlich sei es beim Projekt zum Bau des Seniorenpflegeheims auf dem Parkplatz des heutigen Krankenhauses durch private Investoren. Die Investoren sollen im Gegenzug das Gebäude der Antoniusklinik erhalten. Die Gemeinde hat mit dem Land vereinbart, hierfür 15 Millionen Euro beizusteuern.
„Die starke Abhängigkeit der Gemeinde Meran vom Land zeigt sich schließlich auch beim Kasernenareal: Die Flächen gehen nicht kostenlos an die Gemeinde über, sondern müssen für viel Geld erworben werden. Dass Brixen unentgeltlich ehemaligen Kasernen erhalten hat und Schlanders zu einem Spottpreis, scheint die Meraner Stadtregierung nicht weiters zu stören“, so die Meraner Grünen.
Sozialpolitik
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft den unter Rösch einstimmig genehmigten Sozialplan. „Es sind immer wieder die Grünen, welche die SVP, Civica und Alleanza auffordern müssen, diese Maßnahmen endlich umzusetzen – sogar jene, wie die Einsetzung des Seniorenbeirats, die der Gemeinde selbst keine Kosten verursachen“, so Julia Dalsant.
Außerdem weist die Gemeinde immer noch keine Grundstücke für den sozialen Wohnbau zu. Pilotprojekte für ein generationenübergreifendes Wohnen in der 1. Mai-Straße oder in der alten Sinicher Schule würden in der Schublade bleiben. „Laut dem Raumordnungsgesetz sind die Gemeinden verpflichtet, den Leerstand zu erheben“, sagt Olivia Kieser. Auf dieser Grundlage könnten dann neuen Wohnungen für den sozialen Wohnbau gebaut werden.
Die Realisierung der Maßnahmen des Sozialplans für junge Menschen stehe ebenfalls still, wie die Ermittlung von Freiräumen, die für Veranstaltungen und Konzerte verwendet werden können, und das Ausfindigmachen von Freiflächen und Orte für Events oder die jährliche Tagung zum Thema Jugend.
Ausblick
Auch Meran gehört zu den Südtiroler Gemeinden mit Wohnungsnot und hohen Mieten. Zugleich werden gerade dort viele Wohnungen über Plattformen wie AirBnB vermietet. Regulärer Wohnraum werde so nach und nach für den Tourismus zweckentfremdet, um mehr Gewinne daraus zu schöpfen. „Für viele junge Leute und Familien sind die Wohnungen in Meran viel zu teuer. Wenn wir junge Leute und ihre Ideen in der Stadt halten oder anziehen wollen, muss sich daran dringend etwas ändern“, so Olivia Kieser. An Gebäuden dürfte es dafür nicht fehlen, beispielsweise die leerstehenden, ehemaligen Schulen in Gratsch und Sinich.
Außerdem fordern die Grünen die Stadtregierung auf, die Bürger:innen Merans bei den hohen Energiepreisen zu unterstützen. Dazu zählen kostenlose Informationen vor Ort fürs Energiesparen sowie Energiegemeinschaften und der Ankauf von weiteren E-Bikes, die Pendler:innen kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Der Haushalt der Stadt könnte schließlich auch stark entlastet werden, wenn in den Immobilien der Gemeinde durch einen hydraulischen Abgleich die Energieeffizienz erhöht würde.
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