Politica | Gemeinden

Der Leitfaden, der nie kommt

Für das Programm der Gemeindentwicklung muss ein Umwelbericht her. Doch niemand weiß, was das genau sein soll – der Leitfaden des Landes steckt in der Warteschleife.
Rienz in Bruneck
Foto: LPA/Fabio Brucculeri
  • Vor Umwelt- und Klimaschutz kommt heute kein Unternehmen, keine Gemeinde, die Verbraucherinnen und Verbraucher und auch das Gemeindeentwicklungsprogramm (GEP) nicht mehr vorbei. Wie bei letzterem der dafür notwendige Umweltbericht aussehen soll, bleibt aber mehr oder weniger den Gemeinden selbst überlassen. Es stellt sich die Frage, ob das Ganze gut gemeint und schlecht gemacht ist oder aber letztendlich dazu zwingt, sich vor Ort mit Ressourcenverbrauch und Zukunftsaussichten zu beschäftigen, im Zweifel auch nur oberflächlich. Nun soll ein Leitfaden der zuständigen Landesämter helfen. 

  • Wie es dazu kam

    Vor mehr als drei Jahren hat Maria Hochgruber Kuenzer, damals Landersrätin für Raumordnung und Landschaftsschutz, im Sommer 2021 das GEP vorgestellt. Der aufwändige Prozess umfasst mehrere Schritte. Bisher haben erst zwei Gemeinden die finale Genehmigung durch die Landesregierung geschafft: Ratschings und Bruneck. „Das GEP ermöglicht den Gemeinden mehr Autonomie und stärkt ihre Fähigkeit, Projekte zügig und effizient für ihre Bürgerinnen und Bürger umzusetzen“, erklärt der Landesrat für Raumentwicklung Peter Brunner bei der Vorstellung des GEP von Bruneck. Kernstück des GEP ist die Ausweisung der Siedlungsgrenzen, wo also in den nächsten zehn Jahren noch gebaut werden darf. „Es handelt sich um ein urbanistisches Planungsdokument, das den wesentlichen Anforderungen der Gegenwart und Zukunft gerecht wird: den Wohnbedarf decken, Frei- und Grünflächen erhalten, wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten schaffen“, so Bürgermeister Roland Griessmair letzte Woche bei der Vorstellung in Bruneck.

  • Roland Griessmair und Peter Brunner v.l.: Sie haben letzte Woche das GEP von Bruneck vorgestellt, als zweite Gemeinde Südtirols. Foto: LPA/Fabio Brucculeri
  • Teil des GEP ist laut Raumordnungsgesetz (Nr. 9/2018) auch die Strategische Umweltprüfung mit Umweltbericht. Da es sich beim GEP aber um ein Programm und nicht beispielsweise um eine konkrete Bauleitplanänderung für ein neues Gebäude handelt, stellt sich die Frage, was genau beim Umweltbericht vorgelegt werden soll. Ein Leitfaden zur Unterstützung der Gemeinden ist derzeit im Auftrag von Landesrat Peter Brunner ressortübergreifend in Arbeit – fertig werden hätte er eigentlich schon Ende letzten Jahres. 

    Die Angaben für den Umweltbericht sind im Anhang 1 der Richtlinie 2001/42/EG auf europäischer Ebene festgelegt. Dieser Anhang biete allerdings nur eine allgemeine Anleitung zur Strukturierung des Umweltberichts. Was die konkreten Inhalte betrifft, liegt im Ermessen der zuständigen Behörde, wie aus Kreisen der Landesverwaltung zu erfahren ist. 

  • Bruneck: Es ist die erste Stadtgemeinde mit genehmigtem GEP. Foto: LPA/Fabio Brucculeri
  • Die zuständige Behörde wird wiederum vom Gemeindeausschuss ausgewählt. In der Regel ist das die Gemeindekommission für Raum und Landschaft, es können aber auch externe Fachleute beauftragt werden. In dieser Phase der Erstellung des Umweltberichts stehen die Landesämter im Umweltbereich für Hilfe zur Verfügung, um etwa Anpassungen an den Klimawandel und an den Verlust der Artenvielfalt miteinzubeziehen. 

    Anschließend beschließt der Gemeinderat den Entwurf des GEP mitsamt Umweltbericht, der dann veröffentlicht wird, um innerhalb von 60 Tagen Stellungnahmen von Bürgerinnen und Bürgern zu ermöglichen. Nach dieser Veröffentlichungsfrist legt die Gemeinde das GEP samt Umweltbericht auch der Landeskommission für Raum und Landschaft vor, die eine Stellungnahme abgibt. Die zuständige Behörde gibt ein begründetes Gutachten über die voraussehbaren Umweltauswirkungen des GEP ab und berücksichtigt dabei die eingegangenen umweltrelevanten Stellungnahmen. Der Gemeinderat beschließt definitiv über den Entwurf des GEP, um final von der Landesregierung genehmigt zu werden. 

  • Sieben Gemeinden im Endspurt

    Neben Bruneck verfügt bereits die Gemeinde Ratschings über ein von der Landesregierung genehmigtes GEP. Weitere Südtiroler Gemeinden sind mit der Ausarbeitung befasst: 84 Gemeinden haben den ersten Gemeinderatsbeschluss zur Bearbeitungstiefe und Zusammenarbeit gefasst. 14 Gemeinden (Barbian, Feldthurns, Villanders, Kastelbell-Tschars, Latsch, Martell, Schlanders, Taufers im Münstertal, Natz-Schabs, Naturns, Partschins, Plaus, Schnals, Klausen) haben die Koordinierungssitzung zum GEP abgehalten. Sieben Gemeinden (Truden, Montan, Aldein, Schnals, Taufers im Münstertal, Naturns und Plaus) haben per Ratsbeschluss das Verfahren zur Genehmigung des GEP eingeleitet (Stand: Jänner 2025).

    Die Frage bleibt, ob der Umweltbericht für das GEP Sinn macht. Denn von einem weiteren Papier, das in der Schublade landet, hat auch der Naturschutz nichts.