Nicht zuordenbares Sponsorengeld

Der Abschlussbericht ist längst fertig. Christoph Perathoner, Dieter Steger und Otto von Dellemann warten seit Wochen darauf, das Ergebnis der SVP-Parteileitung vorzustellen. Am Montag Nachmittag sollte es eigentlich so weit sein. Doch dann wurde der Parteiausschuss einberufen. Ob es in diesem Gremium allerdings zur Vorstellung kommt, ist fraglich. Eher dürfte das Trio auf die letzte Sitzung der Parteileitung vor der Sommerpause warten. „Ich möchte den Bericht zuerst in der Partei vorstellen, nicht in den Medien“, blockt Dieter Steger derzeit jede Nachfrage ab. Nach Informationen von salto.bz wird in dem Abschlussbericht aber genau das bestätigt, was salto.bz vor dreieinhalb Monaten exklusiv enthüllt hat.
Munters Pin-up Girl
Am 24. März 2014 gehen in- und außerhalb der SVP die Wogen hoch. Der Grund ist ein salto-Artikel, in dem beschrieben wird, wie Hanspeter Munter als SVP-Wahlkampfmanager bei den vergangenen Landtagswahlen eine Geheim-Aktion eingefädelt hat.
Es war am 20. Oktober 2013. An diesem Sonntag erlebt Südtirol eine Premiere der besonderen Art. Der Sonntagszeitung „Zett“ und auch der italienischen Tageszeitung „Alto Adige“ ist die Wahlwerbung einer SVP-Kandidatin beigelegt. Es ist eine neue, freche Art von Wahlwerbung. Ein ausklappbares Poster einer jungen hübschen Frau, voller professioneller Fotos und ganz kurzen zweisprachigen Texten.
Der gewagte Überraschungscoup eine Woche vor dem Wahlsonntag geht voll auf. Marie Måwe schaffte innerhalb weniger Wochen aus dem Nichts einen beachtlichen, politischen Aufstieg. Nur 242 Stimmen fehlen der jungen richtungslosen Schwedin am Ende zum Einzug in den Südtiroler Landtag. Damit lässt die Quereinsteigerin auf der SVP-Liste einige schwergewichtige Verbands- und Richtungskandidaten hinter sich.
Was aber nur ganz wenige wissen: Das Pin-Up-Poster der Kandidatin Nr. 21 auf der SVP-Landtagsliste wurde in Wirklichkeit nicht von Marie Måwe, sondern aus der Parteikasse bezahlt. Kostenpunkt rund 23.000 Euro.
Die SVP hatte für den Landtagswahlkampf 2013 den Nordtiroler Politikwissenschaftler Rainer Nick und sein „Institut für angewandte Politikwissenschaft“ (IFAP) als Berater engagiert. Es war Nick, der dem Wahlkampfkomitee einen Vorschlag machte. Die SVP sei vor allem bei den Unter-40jährigen und bei den jungen Italienern schlecht unterwegs. Genau in diesen Zielgruppen aber habe die schwedische Kandidatin Marie Måwe beste Umfragewerte. Sein Idee: Man soll mit Måwe eine Sonder-Werbeaktion machen.
Vom Wahlkampfkomitee grundsätzlich abgesegnet, wird die Sonderaktion dann vom SVP-Wahlkampfleiter Hanspeter Munter umgesetzt. Das Problem dabei: Bis zum salto-Artikel kennen nur eine Handvoll SVP-Funktionäre diese Hintergründe.
Die Untersuchung
Dass sich andere SVP-Kandidatinnen und -Kandidaten ob dieser Sonderbehandlung für die junge Kandidatin benachteiligt fühlen, ist klar. Nach Bekanntwerden der Sonderaktion bricht ein Sturm der Entrüstung innerhalb der SVP aus. Noch am selben Tag wird das Thema in der SVP-Parteileitung aufs Tapet gebracht. Um der Affäre den Wind aus dem Segeln zu nehmen, reagiert SVP-Parteiobmann Richard Theiner umgehend. Auf der anschließenden Sitzung des SVP-Ausschusses beauftragt Theiner den SVP-Fraktionssprecher im Landtag Dieter Steger und den Vorsitzenden der SVP-Bezirksobleute Christoph Perathoner mit einer Untersuchung des Falles.
Diese Untersuchung ist jetzt abgeschlossen. Es war vor allem Elmar Pichler-Rolle, der mehrmals innerhalb der SVP energisch auf die Ungleichbehandlung hingewiesen und mit Berufung auf den SVP-Ehrenkodex Konsequenzen eingefordert hat. Um die Untersuchung noch transparenter zu machen, zogen Steger und Perathoner den ersten Nichtgewählten auf der SVP-Liste hinzu: Otto von Dellemann.
Das Ergebnis
Das Trio hat alle SVP internen Unterlagen gesichtet und mit allen Beteiligten gesprochen. Das Resümee der Untersuchungskommission ist eindeutig: Die Sonderaktion wurde von Rainer Nick vorgeschlagen, vom Wahlkampfkomitee abgesegnet und von Hans Peter Munter und der Agentur „succus“ umgesetzt. Marie Måwe war in die Konzeption des Posters nicht eingebunden und vom Ergebnis auch sichtlich enttäuscht.
Bezahlt wurden Konzeption, Druck und Versand aus der SVP-Kasse. Konkret aus den Spendengeldern, die Private und Unternehmer der Volkspartei für den Wahlkampf zukommen ließen. Dabei gibt es keinerlei Gelder, die direkt für Marie Måwe eingezahlt oder gespendet wurden.
Die SVP hat über 100.000 Euro an Sponsorengeld für den Landtagswahlkampf bekommen. Aus diesem Topf wurden über 20.000 Euro für Måwes Pin-up-Poster bezahlt. Weil aber keine Spende exklusiv für eine Kandidaten gemacht oder verbucht wurde, sind die einzelnen Spendengelder nicht zuordenbar. Auch nicht für Marie Måwe.
„Alles legitim“, kommen die drei SVP-Detektive in ihrem Abschlussbericht zum Schluss. Sie beschreiben damit den verwaltungstechnischen und rechtlichen Rahmen. Ob es parteipolitisch auch so ist, wird sich dann zeigen, wenn der Bericht in den Parteigremien vorgestellt wird.
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