Società | Prävention

Ohne erhobenen Zeigefinger

Bei der neuen Kampagne zur Prävention von Alkoholmissbrauch setzt man heuer auf viele neue Gesichter – und eine generationenübergreifende Botschaft.
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Foto: LPA

Ein weißes Rufezeichen auf einem roten Kronekorken. Seit zehn Jahren prangt das Markenzeichen der Kampagne “Trinken mit Maß” auf Straßenschildern, Bussen, Plakaten, Zeitungsanzeigen und Werbebannern – um die Menschen für einen bewussten Umgang mit Alkohol zu sensibilisieren. Am heutigen Montag (7. November) wurde die Neuauflage der Präventionskampagne präsentiert, gemeinsam mit neuen Zahlen und um eine Idee reicher.

Altes Problem, neue Gesichter

Aktuell gehen die zuständigen Stellen in Südtirol davon aus, dass drei bis fünf Prozent der Menschen alkoholkrank oder alkoholabhängig sind, also in etwa 15.000 bis 25.000 Personen. 10 Prozent von ihnen – im Jahr 2015 knapp 2000 Menschen – nehmen Therapien in Behandlungseinrichtungen des Landes in Anspruch. Weitere 50.000 bis 75.000 Menschen (10 bis 15 Prozent der Bevölkerung) haben ein problematisches Trinkverhalten. “Beeindruckende Zahlen”, hieß es bei der Vorstellung der Kampagne im Palais Widmann, die Tendenz sei allerdings rückläufig. Waren 2014 noch 11,3 Prozent der Bevölkerung von einem gewohnheits- und übermäßigen Alkoholkonsum betroffen, so sank ihre Zahl 2015 auf 9,1 Prozent. Auch der tägliche Konsum von Alkohol liegt landesweit unter dem nationalen Durchschnitt: 15,5 Prozent der Südtiroler konsumieren täglich Alkohol, italienweit sind es 22,2 Prozent.

“Die aktuellsten statistischen Daten über Alkoholkonsum und verbundene Risiken sind insgesamt rückläufig”, bestätigt Peter Koler, Direktor des Forum Prävention, das gemeinsam mit der Landesabteilung Gesundheit die Kampagne betreut. Die sinkenden Zahlen führt Koler auch auf die Präventionsarbeit zurück: “Die positiven Auswirkungen von ‘Trinken mit Maß’ sind deutlich spür- und auch messbar. Und auch die Zustimmung und Bereitschaft, die Botschaften hinter der Kampagne mitzutragen, wächst.” Beweis dafür sind die über hundert Personen, die dem Aufruf Anfang September gefolgt sind und sich für das Fotoshooting für die neue Kampagne gemeldet haben. 47 von ihnen wurden schließlich als Gesichter der diesjährigen Auflage ausgewählt. “Die Teilnehmer stehen mit ihrem Gesicht für einen Großteil der Bevölkerung, die die Botschaft teilt und mitträgt”, so Gesundheitslandesrätin Martha Stocker. Konkret haben sich die zuständigen Stellen zum Ziel gesetzt, die Punktnüchternheit im Straßenverkehr fördern; die Menge an konsumiertem Alkohol bei den einzelnen Personen reduzieren; das Wissen über Alkohol und dessen – schädliche – Wirkung in der Bevölkerung erhöhen. Neben den visuellen Mitteln setzt die Kampagne auch heuer wieder auf Faltblätter, die über die Risiken, die mit Alkoholkonsum einhergehen und die Webseite trinkenmitmass.it.

Einige der Testimonials waren bei der Kampagnenpräsentation am Vormittag anwesend. “Ich freue mich über die vielen Menschen, die Teil der Kampagne geworden sind und unsere Bemühungen unterstützen. Ich hoffe, dass es jetzt noch mehr werden”, betonte die Landesrätin.

Positive Botschaften – für alle

Kein erhobener Zeigefinger, keine Drohbotschaften, Stigmatisierungen oder Schockbilder – sondern Menschen wie Du und Ich, die sagen: “Wenn ich trinke, fahre ich nicht”. Das ist das Konzept hinter der Kampagne, an der Menschen aller Generationen teilgenommen haben. “Junge Menschen werden dabei als Vorbilder gezeigt, die Generation 50plus erhält ein spezielles Augenmerk”, so die Erklärung während der Präsentation. Als “richtungsweisend” bezeichnete Walter Tomsu, ärztlicher Leiter beim Rehabilitierungs- und Beratungszentrum für Alkohol- und Medikamentenprobleme Hands, den neuen Ansatz, Menschen aller Altersklassen anzusprechen. “Gerade in der Behandlung von Alkoholabhängigkeiten sind wir vor allem mit Menschen im Alter zwischen 40 bis 60 Jahren und mehr konfrontiert”, berichtete Tomsu. Es sei vor allem diese Generation, die oft noch mit der Überzeugung lebe, “ein Gläschen zu viel schadet nicht”. Und genau hier könnten junge Menschen als Vorbild dienen, erklärte Stocker. Denn die heutige Jugend habe das Glück, in einer Zeit aufzuwachsen, in der bereits offen über Alkoholmissbrauch gesprochen und dementsprechende Prävention betrieben worden sei.