Grüne: Wie weit wird das Fenster geöffnet?
Außerordentliche Sitzung zur heiklen Koalitionsfrage des Grünen Rats am heutigen Freitag Abend. Das Ziel für die fast 30 Mitglieder der kleinen Schwester der Landesversammlung: die inhaltlichen Rahmenbedingungen abzustecken, unter denen ein Regierungseintritt der Grünen von der Basis vertretbar wäre – oder eben auch nicht.
Eine Frage, an der die Grünen derzeit hart zu kiefeln haben. Das zeigen auch die zahlreichen Medienberichte und Stellungnahmen der vergangenen Wochen. Auf die deutlichen Flirtversuche vor den Wahlen schien es am Montag nach dem großen Wahltag vor allem bei Spitzenkandidatin Brigitte Foppa wieder ein gewisses Erkalten zu geben. Auf Monogamieansprüche folgte eine Öffnung gegenüber einer Dreierkoalition mit SVP und PD. Auf No-Goes wie den Flughafen zumindest in den Medien wieder ein Aufweichung. Dazu immer wieder Zwischenrufe prominenter Exponenten wie am Donnerstag Florian Kronbichler in der Südtiroler Tageszeitung.
Einladung steht noch aus
Viel Tohuwabohu also, vor allem wenn man bedenkt, dass es bis auf die prinzipielle Bereitschaft des designierten Landeshauptmanns Arno Kompatscher, mit allen Parteien Konsultationsgespräche zu führen, noch keine offizielle Anfrage der SVP gibt. „Auch wenn das vielleicht nicht immer rüberkommt: „Klarerweise gilt alles, was wir nun überlegen, nur in dem Fall, dass es überhaupt zu Verhandlungen kommt“, räumt auch Brigitte Foppa ein. Doch auch wenn sich Kompatscher hinsichtlich seiner Präferenzen bezüglich der unterschiedlichen Koalitionsoptionen noch komplett bedeckt hält: Klar ist, dass es erstmals zumindest eine realistische Chance auf eine Regierungsbeteiligung gibt. Dafür sorgen nicht nur der Verlust der absoluten Mehrheit der SVP und ihre potentielle Erpressbarkeit durch den PD infolge der knappen gemeinsamen Mehrheit von 19 Mandaten. Ausschlaggebend ist auch der Wechsel auf dem Landeshauptmannstuhl. Und zwar weniger wegen der jugendlichen Sympathien Kompatschers für die Grünen oder seiner Erneuerungsversprechen, sondern vor allem wegen der ausgeprägten Antipathie Luis Durnwalders ihnen gegenüber. Diese hatte der scheidende Landeshauptmann auch in seinen aktuellen ablehnenden Kommentaren zur Option Grün-Schwarz unter Beweis gestellt.
Schwieriger Balanceakt
Doch unabhängig von den Position der SVP, gilt es für die Grünen nun eine Linie zu finden, mit der sie eine vor kurzem noch unvorstellbare Chance nicht von vorherein wieder begraben und gleichzeitig ihre Vorstellung und vor allem das Vertrauen ihrer Wählerschaft nicht verraten, meint Brigitte Foppa. Dass dieser Balanceakt die Partei derzeit fordert, will sie gar nicht in Abrede stellen. Denn auch wenn die Grünen derzeit schon in Bozen, Leifers und Brixen in der Regierung sitzen, ist allen klar, dass es bei der Landesregierung um ein anderes Kaliber geht, an dem sich die gerade gestärkte politische Kraft auch gehörig die Finger verbrennen könnte.
Die Lust, sich zumindest auf ernsthafte Verhandlungen einzulassen, ist aber zumindest bei den Grünen Spitzen-ExponentInnen deutlich spürbar. „Ich kenne auch sonst niemanden in der Partei, der sagen würde, auf keinen Fall“, meint Foppa. Wo der Rat heute Abend die Markierungslinien ziehen wird, hinter denen die Verhandlungsbereitschaft aufhört, will die frischgewählte Landtagsabgeordnete nicht vorwegnehmen. „Ich persönlich denke, dass wir mit der Volkspartei in vielen Bereichen wie beispielsweise der Ausarbeitung einer bedarfsorientierten Grundsicherung gemeinsame Anliegen weiterbringen könnten“, sagt sie. Doch nicht nur im Sozialen, auch in der Arbeitsmarkt-Politik oder beim Thema Integration sieht Foppa Schnittmengen. Eines der No-Goes bleibe aber sicherlich weiter eine öffentliche Finanzierung des Bozner Flughafens, nimmt sie vorweg. „Denn hier würden wir wirklich an Glaubwürdigkeit verlieren.“
Fünftes Rad oder Zünglein an der Waage?
Zumindest keine Grundsatzentscheidungen kann es laut der Grünen vom Rat zur strittigen Frage Zweier- oder Dreierkoalition geben. „Hier müssen wirklich die konkreten Bedingungen und programmatischen Inhalte möglicher Koalitionsgesprächen abgewartet werden“, sagt sie. Klar ist schon jetzt, dass beide Optionen für die Grünen Vor- und Nachteile bieten. Denn biete eine Dreierkoalition mehr Freiheiten, bei einzelnen Themen auch mal eigene Wege zu gehen und dagegen zu stimmen, bringe sie für die kleinen Partner auch das Risiko, weniger Gewicht zu haben.
Ein wenig Coaching werden sich die Südtiroler Grünen in jedem Fall von ihrer Schwesterpartei in Innsbruck holen. Eine Lektion, die Foppa bereits von den dortigen Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP mitgenommen habe, war deren basisnahe Gestaltung. „Die Tiroler Grünen haben sich damals ausbedingt vor jeder größeren Entscheidung während des Verhandlungsprozesses Rücksprache mit der eigenen Basis zu halten“. Ein Vorgehen, dass für die Tiroler Volkspartei ohne Zweifel komplett neu und gewöhnungsbedürftig gewesen sei. Nun wird es spannend, auf wie viel Erneuerung sich deren Südtiroler Schwester bei den Koalitionsverhandlungen einlassen wird.
Und jetzt wieder Kleinlaut
Wenn's d'rauf ankommt biedern sich die Grünen an.
Der Bettvorleger breitet sich vor gebürstet zu werden.