Economia | Heimisches Korn

Unser täglich Brot

Das Gute liegt wie oft so nah. Die Wiederentdeckung des Südtiroler Korns und seiner Eigenschaften als Brotgetreide.

"Den wolltmer probieren!", "Den nehmer mit!" Begeisterung schwingt in den Worten des bundesdeutschen Urlauber-Pärchens mit, als es einen „Seiser Loabn“ im Brotregal der Bäckerei entdeckt. Einsam und verlassen steht er da und wartet auf einen Abnehmer. Geduldig erklärt die Verkäuferin, dass es sich bei dem "Loabn" um ein Weizen-Vollkornbrot handelt, dessen Ingredenzien allesamt aus dem Ort stammen. Zufrieden ziehen die beiden von dannen, unter dem Arm den letzten „Seiser Loabn“ des Tages.

Dem Einsatz und der Leidenschaft dreier Idealisten ist es zu verdanken, dass die Menschen im Schlerngebiet täglich dieses besondere Schmankerl in den Brotregalen vorfinden. 2010 haben sich Bauer Florian Rabanser, Müller Toni Schgaguler und Bäcker Klaus Oberprantacher zusammen getan, um am Fuße des Schlerns eine kleine aber feine und schmackhafte Auswahl an Brot zu produzieren, dessen Zutaten ausschließlich aus dem Dorf stammen. Das Getreide dafür wird von Florian Rabanser an seinem Hof „Zu Plun“ auf 1.000 Metern Meereshöhe in St. Valentin angebaut und vom „Furschermühl-Toni“ in der sorgfältig restaurierten Furschermühle zu feinem Mehl gemahlen. Bäcker Oberprantacher verarbeitet dieses schließlich zum „Seiser Loabn“ und kleinen Schüttelbroten weiter. Auch die Milch, die für die Erzeugung des „Seiser Loabn“ benötigt wird, stammt aus dem Ort, vom Bauernhof „Durnmüller“. Das ganze Jahr über steht der „Loabn“ im Sortiment der Bäckerei Oberprantacher und wird jeden Tag frisch gebacken. Es sind vornehmlich Touristen, die gezielt nach der lokalen Brot-Spezialität fragen, aber auch bei den Einheimischen kommt der „Seiser Loabn“ gut an, so wird aus der Dorfbäckerei berichtet. Man kennt sich eben und schätzt die Qualität und den ursprünglichen Geschmack des Brotes.

Was sich im Kleinen bewährt, wird auch auf regionaler Ebene mit viel Engagement vorangetrieben - der Aufbau regionaler Kreisläufe im Brotgetreidebereich. Im Jahr 2011 wurde das Projekt Regiokorn gestartet, in dessen Rahmen rund 60 Landwirte auf über 80 Hektar Fläche im Vinschgau, Eisack- und Pustertal Roggen und Dinkel anbauten. 2013 waren es insgesamt 350 Tonnen, welche von der Meraner Mühle gemahlen und von knapp 40 Südtiroler Betrieben zu 440 Tonnen Brot und Teigwaren verarbeitet wurden. Nach dem erfolgreichen Abschluss des Projekts im Frühjahr 2014 wird der Anbau und die Vermarktung von regionalem Korn auch weiterhin fortgesetzt.

Eine weitere regionale Iniziative ist die Kornkammer Vinschgau, ein seit 2010 bestehender Zusammenschluss von rund 30 Bauern und Bäuerinnen, die im Vinschgau auf etwa 50 Hektar Fläche Bio-Getreide anbauen und dabei auf alte Sorten wie Dinkel und Einkorn, aber auch auf Roggen, Weizen, Gerste, Hafer und Buchweizen setzen. Das Getreide wird als Korn, zu Mehl gemahlen oder in Form der traditionellen Vinschger-Paarln vertrieben.

Unterstützt und begleitet wird der Versuch des (Wieder-)Aufbaus eines regionalen Kreislaufes im Brotgetreidebereich von wissenschaftlicher Expertise. Am Versuchszentrum Laimburg wird zur Zeit das Forschungsprojekt CereAlp durchgeführt, dessen Ziel es ist, die Anbaueigenschaften von Roggen- und Dinkel-Landsorten auf ihre Nutzbarkeit als Brotgetreide zu überprüfen. Diese Woche, am 10. Juli, ist das Projekt beim Sägemüllerhof in Gais und beim Mair am Hof in Dietenheim vorgestellt worden. Die Kooperation zwischen dem Versuchszentrum Laimburg und dem Amt der Tiroler Landesregierung, Fachbereich landwirtschaftliches Versuchswesen wird vom Interreg IV-Programm Italien-Österreich finanziert. 69 unterschiedliche Roggen- und Dinkel-Landsorten aus der Region werden auf Anbaucharakteristiken, backtechnologische und geschmackliche Eigenschaften überprüft und mit sieben modernen Zuchtsorten verglichen. "Wir wollen herausfinden, ob die Landsorten anders oder besonders schmecken. Das könnte sie für die Herstellung von Brotspezialitäten zusätzlich interessant machen", so Projektleiter Giovanni Peratoner. Die Ergebnisse des Projektes sollen im nächsten Jahr beim 1. Tiroler & Südtiroler Getreidetag vorgestellt und in einem Sortenkatalog zur Verfügung gestellt werden.

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Salto User
Sepp.Bacher Sab, 07/12/2014 - 23:02

Ich bin von diesen Initiativen und dieser beschriebene Entwicklung angetan. Aber mit dem Korn eines einzigen Seiser Bauern ein Jahr lang jeden Tag Seiser Loabn und Schüttelbrote backen und verkaufen, das macht mich skeptisch: ob da die Menge wirklich reicht?

Sab, 07/12/2014 - 23:02 Collegamento permanente