Società | Armut

Ist Gesundheit Luxus?

Die Caritas empfängt immer mehr Menschen, die um finanzielle Unterstützung für Arzt- und Medikamentenspesen bitten. Die Betroffenen befinden sich oft in einem Teufelskreis, erklärt die Organisation.
Ärztin
Foto: Pexels/Tima Miroshnichenko
  • Etwa jeder fünfte Südtiroler Haushalt ist armutsgefährdet. Das entspricht circa 40.000 Haushalten, in denen rund 95.000 Personen leben. Armut geht oft mit Krankheit Hand in Hand, zusammen können die beiden Faktoren zu einem regelrechten Teufelskreis führen. Menschen mit wenigen finanziellen Mitteln haben oft schlechteren Zugang zu gesunder Ernährung, medizinischer Versorgung und angemessenen Wohnverhältnissen. Zugleich können Krankheiten Betroffene noch weiter in die Armut treiben, da möglicherweise ein Verlust der Arbeitsfähigkeit mit den Beschwerden einhergeht. Und auch Kosten für Medikamente und Behandlungen sind oft nur schwer zu stemmen. Zu den Hauptbetroffenen von Armut in Südtirol zählen Arbeitslose oder prekär Beschäftigte, Menschen mit niedrigem Bildungsstand oder Migrationshintergrund, ältere Menschen - vor allem Frauen - mit Mindestrente, Alleinerziehende und Menschen, die in Einsamkeit leben.
    „Immer mehr Menschen in Südtirol haben Probleme dabei, angemessene Gesundheitsleistungen zu bezahlen“, weiß Beatrix Mairhofer, Direktorin der Caritas. Sie erklärt, dass arme Menschen oft unter Druck, Erschöpfung und Depressionen leiden und häufiger diskriminiert werden. All diese Begebenheiten führen dazu, dass armutsbetroffene Menschen im Durchschnitt zehn Jahre früher sterben als der Rest der Bevölkerung, bei Wohnungslosen sind es sogar 20 Jahre. 
    Bei der Caritas melden sich derzeit immer mehr Menschen, um Unterstützung für Arzt- und Medikamentenspesen zu erhalten. Da eine adäquate Gesundheitsversorgung ein Grundrecht darstellt, positioniert die Caritas das Thema. „Armut macht krank, Krankheit macht arm“ deshalb heuer in den Mittelpunkt ihrer diesjährigen Spenden- und Sensibilisierungskampagne „Not ist näher als du denkst“.

  • Pressekonferenz: Die Caritas stellte heute die diesjährige Spenden- und Sensibilisierungskampagne vor. (v.l.n.r. Brigitte Hofmann, Christiane Folie, Beatrix Mairhofer, Danilo Tucconi, Petra Priller) Foto: SALTO
  • Psychische Folgen und Selbstmedikation

    Finanzielle oder gesundheitliche Probleme können auch die Psyche belasten. Um die Probleme zu verkraften, versuchen sich Betroffene häufig an Selbstmedikation, zum Beispiel mit Alkohol. „Substanzkonsum, wird oft als Lösungsversuch genutzt, um mit finanziellen Problemen, Schwierigkeiten am Arbeitsplatz und anderen Belastungen umzugehen. Diese Art der Lösung kann jedoch rasch zu einer Verschlimmerung der Probleme und zu noch größeren Krisen in den verschiedensten Lebensbereichen führen“, so Christiane Folie, Leiterin der psychosozialen Beratung der Caritas. Auch das nähere Umfeld ist in den von Folie genannten Fällen oft betroffen. Somit können Probleme innerhalb der Familie, des Freundeskreises oder am Arbeitsplatz entstehen. Der Caritas zufolge sind in Südtirol mehr als ein Drittel der 18- bis 69-Jährigen Risikokonsumenten von Alkohol. Im gleichen Zug betreut der Dienst für Abhängigkeitserkrankung jährlich über 1.200 Personen.

  • Keine Arbeit, keine Wohnung

    Wenn jemand einmal seinen Arbeitsplatz verloren hat, dauert es oft nicht lange, bis er auch keine Unterkunft mehr hat. „Viele Gäste unserer Wohn- und Beherbergungseinrichtungen leiden unter gesundheitlichen Problemen, die durch ihre Lebensumstände verschärft werden“, so Danilo Tucconi, Leiter des Bereiches Wohnungs- und Obdachlosigkeit der Caritas. „Ein Dach über dem Kopf und ein warmes Essen sind zunächst das Wichtigste. Gemeinsam mit den Betroffenen suchen wir aber auch nach individuellen Wegen, um dem Kreislauf von Armut und Krankheit zu entkommen.“

  • Armut: Finanzielle Probleme können auch die Psyche belasten. Foto: Pexels
  • Die Hilfe der Caritas

    Die Caritas setzt an verschiedenen Stellen an: Die Schuldenberatung etwa unterstützt Menschen, die Schwierigkeiten haben, größere Ausgaben wie Mieten, Reparaturen oder Gesundheitskosten wie Zahnbehandlungen und den Ankauf von Medikamenten zu bewältigen. In diesem Jahr hat die Caritas dafür knapp 140.000 Euro an finanzieller Unterstützung ausgegeben. 
    Auch Dienste wie die Caritas-Telefonseelsorge, der Tagesclub, die Hospizbewegung oder die Männerberatung sind wichtige Säulen des Angebots der Caritas. Nicht zuletzt sind auch die Freiwilligen in den Pfarreien von großer Bedeutung für die Organisation. Sie sind oftmals die erste Anlaufstelle für Hilfe und sehen Not auch dann, wenn sie versteckt ist. Die Caritas ist außerdem auf Spenden angewiesen, ohne die ihre Dienste nicht möglich wären