„Kinder stärken, Natur erleben“

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Im Rahmen ihrer diesjährigen Vollversammlung präsentierte die Sozialgenossenschaft „Mit Bäuerinnen lernen – wachsen – leben“ am vergangenen Freitag (11. April) nicht nur einen umfassenden Tätigkeitsbericht, sondern auch ein neues Buch, das die Naturpädagogik als Grundpfeiler frühkindlicher Bildung hervorhebt. Die Veranstaltung war geprägt von Rückblick, Visionen, persönlicher Wertschätzung – und der klaren Botschaft, dass Betreuung weit mehr ist als Versorgung: Sie ist Beziehungsarbeit mit gesellschaftlicher Relevanz.
Seit ihrer Gründung im Jahr 2006 hat sich die Sozialgenossenschaft stetig weiterentwickelt. Was mit einer Handvoll engagierter Tagesmütter begann, ist heute ein landesweit aktives Netzwerk. 140 Tagesmütter und zehn Alltagsbegleiterinnen betreuen Kleinkinder, Senioren und Menschen mit Unterstützungsbedarf in insgesamt 95 Gemeinden Südtirols. 675.000 Betreuungsstunden wurden seit 2007 geleistet – ein Beleg für die hohe Nachfrage und das wachsende Interesse. „Wir sind Brückenbauerinnen zwischen den Generationen und in den Familien“, betonte Präsidentin Maria Hochgruber Kuenzer in ihrer Eröffnungsrede. „Unser Prinzip ist nicht nehmen und geben, sondern geben und erhalten. Was unsere Mitglieder investieren, kehrt bereichert zu ihnen zurück.“
Ein zentrales Element der Genossenschaftsarbeit bleibt die Kleinkindbetreuung im Modell der Tagesmutter. Dabei liegt der Fokus nicht nur auf der Flexibilität und Verlässlichkeit des Angebots, sondern vor allem auf dessen pädagogischer Qualität. So wurde 2024 ein neues Kinderschutzkonzept entwickelt, das nun verbindlicher Bestandteil der Weiterbildungen ist. Es umfasst einen Notfallplan, einen Verhaltenskodex sowie klare Standards zur Förderung eines sicheren und förderlichen Umfelds für Kinder.
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Ein ImpulsgeberBuchautorin Angelika Rederlechner: „Die Natur ist ein Erfahrungsraum, in dem Kinder achtsam, kreativ und selbstwirksam sein können.“ Foto: AT/SALTO
Im Rahmen der Versammlung wurde das Buch „Mit der Natur lernen – wachsen – leben – Bausteine der Naturpädagogik“, verfasst von Angelika Rederlechner, erstmals öffentlich vorgestellt. Die Publikation ist eine Sammlung praktischer Impulse für die Arbeit mit Kleinkindern in und mit der Natur. „Die Natur ist ein Erfahrungsraum, in dem Kinder achtsam, kreativ und selbstwirksam sein können“, betonte die Autorin in ihrer sehr persönlichen Präsentation. Mit einfachen Mitteln – Moos ertasten, Schnecken beobachten, über Baumstämme balancieren – lassen sich vielfältige Entwicklungsprozesse anstoßen. Das Buch versteht sich als Einladung an Pädagoginnen und Eltern, die Natur wieder stärker in den Alltag der Kinder zu integrieren. Es transportiert die Überzeugung, dass nachhaltiges Lernen nur dort möglich ist, wo Kinder erleben dürfen – und die Natur mit allen Sinnen erfahren können.
Berufsbild mit PerspektiveDass das Berufsbild der Tagesmutter heute nicht mehr als „Übergangslösung“ gesehen wird, sondern als langfristige, sozialversicherungspflichtige Tätigkeit mit beruflicher Identität, ist ein Verdienst der Sozialgenossenschaft. Durch die Umstellung auf einen vertraglichen Rahmen, der soziale Absicherung, Mutterschutz und Rentenansprüche inkludiert, wurde ein entscheidender Schritt getan. Während früher viele Tagesmütter lediglich befristet arbeiteten, bleiben heute immer mehr dauerhaft im Beruf – bis hin zur Pensionierung. Ein Beispiel: Während 2010 noch 18 Tagesmütter aktiv waren, sind es heute 141. Auch die Zahl der betreuten Kinder ist stark gestiegen – von durchschnittlich 28 im Jahr 2010 auf aktuell 770.
Der Dienst „Gemeinsam Alltag leben“, der sich an Senioren und Menschen mit Unterstützungsbedarf richtet, wurde 2021 eingeführt. Nach einem coronabedingten Rückschlag konnte das Angebot inzwischen stabilisiert werden. 40 Personen aus 20 Gemeinden wurden 2024 betreut. Doch die Genossenschaft sieht hier deutliches Wachstumspotenzial: „Unser Ziel ist es, wie bei der Kleinkindbetreuung, auch in der Seniorenarbeit möglichst wohnortnah zu arbeiten“, so Hochgruber Kuenzer. „Denn Angehörige sollen nicht täglich 15 Kilometer fahren müssen, um jemanden in Betreuung zu bringen.“ Dazu beitragen sollen auch neue Ausbildungen, die im Herbst 2025 in Zusammenarbeit mit der Fachschule für Hauswirtschaft in Haslach starten. Sie richten sich insbesondere an Frauen im zweiten Bildungsweg.
Lob und WertschätzungVonseiten der anwesenden Ehrengäste wurde der Weg der Sozialgenossenschaft durchwegs positiv bewertet. Rosmarie Pamer, Landesrätin für Familie, Senioren und Gesellschaft, betonte die gute Zusammenarbeit: „Wir setzen auf Dialog statt Forderungskultur. Und genau dieser Zugang zeigt Wirkung.“ Auch Landeshauptmann Arno Kompatscher würdigte in seiner Rede die Arbeit der Sozialgenossenschaft mit emotionalen Worten. Dabei hob er insbesondere die Bedeutung von Achtsamkeit, professioneller Fürsorge und pädagogischem Engagement hervor. „Die Tätigkeit der Tagesmütter und -väter ist eine stille, aber tragende Säule unserer Gesellschaft“, betonte Kompatscher. Ihre Arbeit sei entscheidend für das Aufwachsen einer stabilen, glücklichen und resilienten Generation – gerade angesichts der Herausforderungen unserer Zeit wie Klimakrise, Kriege und gesellschaftlicher Wandel.
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