Grassroots-Arbeit vom Feinsten
Schuld ist der HC Bozen und der Ebel-Cup. Hätte der Bozner Hockeymeister den Vorschlag von Vanja Zappetti aufgenommen und – so wie andere große Sportclubs – eine Solidaritätsadresse an die Flüchtlinge gerichtet, so wäre der Refugees-Welcome-Day in Bozen am kommenden Sonntag, 15. November, nicht zustande gekommen. „Viele deutsche und italienische Fußballklubs haben letzthin Aktionen gestartet, um für die Flüchtlinge zu sammeln, oder auch nur Banner und Plakate aufgehängt, um zu sensibilisieren,“ weiß der Musiker und Autor Zappetti. Wegen bürokratischer Auflagen sei es dem HC Bozen nicht möglich gewesen, der Idee zu folgen und so wandte sich Zappetti an die Öffentlichkeit, die virtuelle. Auf facebook lancierte er unter Musikerkollegen den Aufruf, ein Zeichen der Solidarität zu setzen, eine Initiative zu starten, die zeigen sollte, dass auch Bozen und Südtirol sich stark machen wollen für die Flüchtlinge.
Schauplätze sind der Bahnhof Bozen, der Kornplatz und das Museion, mit über 60 Künstlern und Musikgruppen, von 10 bis 17 Uhr
Wenn am kommenden Sonntag über 60 Künstler und Musikgruppen und 490 freiwillige Helfer unterm bunten Walther-Logo an drei verschiedenen Orten in Bozen zusammenkommen, um einen ganzen Tag lang zu spielen, zu musizieren, zu sprechen und zu informieren, dann ist das eine großartige Demonstration von Grassroots-Arbeit, vom Mitmachen bei einer guten Sache, die nicht von Institutionen lanciert wird, sondern von Personen ohne Gewinn- aber mit Interessensabsicht: „Wir wollen mit diesem Refugees-Day zeigen, dass auch Südtirol an den großen Bewegungen teilnimmt, die derzeit durch Europa gehen,“ so Vanja Zappetti. Ein Gruß an jene europäischen Städte, die ihre Willkommenskultur und Solidarität mit den Flüchtlingen mit Festen und Veranstaltungen gezeigt haben.
Die Großveranstaltung in Bozen ist gleichzeitig aber auch ein Experiment, organisiert von Privaten, ohne gemeinsamen Träger oder institutionelle Verantwortliche, lediglich moralisch unterstützt von der Uni Bozen, der Autonomen Provinz, der Gemeinde Bozen und dem Museion. „Auch wir selbst, also die Kerngruppe der Veranstalter, haben uns bisher rein virtuell getroffen, auf facebook in einer privaten Gruppe. So ist das Ganze auf die Beine gestellt worden,“ teilt Zappetti auf der Pressekonferenz mit.
Nur in Gedanken solidarisch sein, ist nicht genug
Im 30-Minuten-Takt werden am Bozner Kornplatz, am Bahnhof und vor dem Museion Künstler, Tänzer, Musiker und Theatergruppen auftreten, ebenso Sprecher von Volontarius, Caritas, der Freiwilligen-Organisation Binario 1, die Flüchtlinge selber, der Rektor der Uni Bozen Walter Lorenz, die Direktorin des Museion, Letizia Ragaglia, Monika Weissensteiner als Expertin für Fluchtthemen und Asyl - zugesagt hat auch der Kabarettist und Theatermann Paolo Rossi. Musiker Benno Simma ist mit seiner Band ebenfalls dabei: „Das ist selbstverständlich, dass wir hier mitmachen, eigentlich habe ich auf eine solche Gelegenheit gewartet, denn nur in Gedanken solidarisch sein, ist nicht genug.“
Für die Auftritte am Bahnhof hat die verantwortliche Organisation „Cento stazioni“ erfreulicherweise die gesamte Schalterhalle zur Verfügung gestellt, kostenlos. „Das war erstaunlich, dass es von den Bahnhofsverwaltern in Rom ein solches Entgegenkommen gab,“ berichtet Thomas Brancaglion, der den Schauplatz Bahnhof betreut. „Natürlich mussten wir seitenweise Formulare unterschreiben und müssen auch dafür sorgen, dass die Ein- und Ausgänge links und rechts der Halle frei bleiben, aber es ist wirklich außergewöhnlich, dass wir im Atrium vor den Ticketschaltern spielen und musizieren können.“
Wir wollen informieren, aber ein wenig beneficienza kann auch nicht schaden
Am Sonntag von 10 bis 17 Uhr wird es an den drei Schauplätzen Sehens- und Hörenswertes geben, auch sollen Musiker und Künstler aus den Fluchtländern auftreten, bzw. ihre Werke präsentieren. Die Band aus dem Hotel Alpi wird dabeisein, ebenso andere spontan entstandene Musikensembles aus den Flüchtlingsunterkünften Wiesen, Vintl und Meran. Für die Techniker werden die auf 30 Minuten getakteten Auftritte eine wahre Herausforderung, meint Manny Pardeller, aber es sei zu schaffen. Das gesamte technische Equipment wird ebenfalls von den Freiwilligen gestellt.
„Wir sind selber sehr gespannt, ob und wie alles klappen wird,“ so Thomas Brancaglion. „Sicher haben wir versucht, alles so gut wie möglich zu planen, doch ist noch ziemlich viel Platz für Unvorhergesehenes, für Experimentelles. Aber das soll auch so sein.“ Nur bürokratisch wollte man sich dann doch absichern, so hat nun der Verein Arci die Siae-Anmeldungen übernommen und mit dem Verkauf von T-Shirts wollen sich die Veranstalter die Spesen für Bühnenaufbau, Medien- und Druckkosten hereinholen. „Alles was davon übrig bleibt, bekommt die Freiwilligenorganisation Binario 1“, erklärt Vanja Zappetti. „In erster Linie wollen wir informieren, aber ein wenig beneficienza kann nicht schaden.“
Hier das Programm für den Refugees-Welcome-Day am Sonntag, 15.11. von 10 bis 17 Uhr.