Società | Sanitätsbetrieb

"Wir prüfen alle Möglichkeiten"

Können die Gehälter von Primaren, Haus- und Oberärzten dank autonomer Befugnisse wieder aufgefroren werden? Inzwischen steht fest: Rund 30 Angestellte sind betroffen.

Davon, dass man beim Land oder im Betrieb geschlafen hat, wollen die drei Herren nichts wissen. Zum ersten Mal hat Thomas Schael die Medien in sein Büro geladen. Dort will er gemeinsam mit dem Direktor des Gesundheitsressorts Michael Mayr und dem Leiter der Abteilung Personal im Sanitätsbetrieb weitere Informationen zum Thema Einkommensobergrenze für die Bediensteten im Südtiroler Sanitätsbetrieb geben. Am Dienstag brachte der Sanitätsbetrieb den entsprechenden Beschluss zu Papier, mit dem das staatliche Dekret künftig – und rückwirkend auf 2014 – auch in Südtirol gilt. Rückwirkend deshalb, weil die Einkommensdeckelung für öffentliche Bedienstete eigentlich bereits seit über einem Jahr in Kraft ist. Nur ist man in Südtirol – scheinbar – untätig geblieben.


Zur Kenntnis genommen, aber...

Die Frage, ob die italienweite Deckelung von 240.000 Euro als maximales Brutto-Jahresgehalt auch für die öffentlichen Angestellten im Sanitätsbetrieb sei zwar erst durch seinen Vertragsabschluss angestoßen worden, berichtet Schael. Aber, wie Mayr betonte, habe man das Dekret bereits als es vergangenes Jahr erlassen wurde, auf seine Anwendbarkeit in Südtirol prüfen lassen. “Aber nur intern im Land. Und es war damals nicht klar, ob es wirklich anwendbar war”, so Mayr. Klarheit hat erst das Gutachten der Staatsadvokatur vom 5. August dieses Jahres geschaffen. Daraus wird deutlich, dass auch die Autonome Provinz Bozen sehr wohl das Höchstgehalt seines Führungspersonals im Gesundheitswesen auf 240.000 Euro festlegen muss. Doch nicht nur. “Die Deckelung gilt für alle, auch Freiberufler, wie etwa die Hausärzte”, erklärt Schael.

Zufrieden ist man jedoch nicht mit der neuen Bestimmung. “Wir nehmen das Gutachten der Staatsadvokatur zwar zur Kenntnis, doch das bedeutet nicht, dass wir es uneingeschränkt teilen”, stellt Ressortdirektor Mayr klar. Gleich wie Schael ist er der Meinung, dass Südtirol ein konkurrenzfähiges Gehaltssystem für Sanitäts-Führungspersonal brauche. “Es herrscht bereits jetzt ein Ärztemangel in Südtirol und die Gehaltsdeckelung könnte speziell Fachleute aus dem Norden, sprich Österreich oder Deutschland davon abbringen, sich auf dem Südtiroler Arbeitsmarkt umzusehen. Von den Schweizer Ärzten ganz zu schweigen”, warnt Generaldirektor Schael. Daher ist man bereits im Land bereits dabei, auszuloten, inwieweit die Befugnisse Südtirols für eine eventuelle andere Regelung der Gehälter angewandt werden können. Denn, wie Mayr erinnert: “Südtirol hat autonome Kompetenzen im Bereich Personalwesen. Und das Gutachten der Staatsadvokatur trägt vielleicht nicht allen Besonderheiten unseres Landes Rechnung.” Derzeit prüfe man “alle Möglichkeiten” – welche genau das sind, will Mayr aber nicht verraten, “ auch aus strategischen Gründen”, wie er sagt. Da Südtirol ein Sonderfall sei, könne es aber sehr gut sein, dass für das Land auch andere Bestimmungen gelten könnten.


30 öffentlich Bedienstete betroffen, rund 10.000 Euro weniger

Inzwischen hat man sich daran gemacht, die von der Gehaltseinfrierung betroffenen Ärzte zu kontaktieren. Insgesamt seien es aber nur wenige, die mit weniger Einkommen beziehungsweise auch Rückzahlungen für 2014 rechnen müssen, teilt Thomas Schael mit. Also nicht, wie von der Primarärztegewerkschaft befürchteten 50 oder mehr Prozent der Primare oder Oberärzte? “Es handelt sich um etwa dreißig abhängig Beschäftigte und ganz ganz wenige Hausärzte”, widerspricht der Generaldirektor. Unterm Strich müssten auf die 240.000 Euro brutto in der Lohntüte nämlich nicht 30 bis 35 Prozent an Pensionsabgaben, sondern lediglich rund 9 Prozent an Sozialabgaben und Versicherungsbeiträge, die zu Lasten des Arbeitgebers anfielen, aufgeschlagen werden. Soweit die Auskunft von Personaldirektor Kofler.

Bereits am Dienstag Abend hat es ein erstes Treffen gegeben, bei dem die betroffenen Ärzte über die neue Bestimmung informiert wurden. “Wir werden jetzt den theoretischen Wert der Auszahlungen aller Ärzte berechnen, mit jedem Einzelnen sprechen und ausmachen, wie wir vorgehen”, kündigt Schael an. Die Gelder, die im laufenden Jahr aufgrund der Deckelung übrig bleiben, sollen rückgestellt werden. “Dass sie nicht ausgezahlt werden, heißt nicht, dass sie nicht mehr da sind. Erst einmal müssen wir sehen, wie sich die Sache entwickelt und ob eventuell ein anderer Beschluss für Südtirol kommt”, so Schael. “Die meisten werden mit durchschnittlich 10.000 Euro brutto weniger Gehalt im Jahr rechnen müssen”, versucht der Generaldirektor zu relativieren. Er geht jedenfalls nicht davon aus, dass sich jemand überlegen könnte, aufgrund der Kürzungen weniger zu arbeiten. Doch zeigt Schael Verständnis für den Ärger, den es jetzt besonders unter den Primaren im Land gibt. Diese werfen dem Land vor, während dem Spiel einfach die Spielregeln geändert zu haben. Dass nun ein Gerichtsverfahren gegen den Beschluss der Landesregierung angestrebt werden könnte, ist für Thomas Schael nicht unrealistisch. “Die Hausärzte könnten zum Beispiel den Beschluss anfechten und auf Gleichbehandlung klagen”, prognostiziert er. Selbst will Schael aber nicht gegen das Land klagen. Denn seine 240.000 Euro reichen ihm im Jahr aus.