Società | Ranking

Gebremster Absturz

Dass Südtirol im Ranking von “Il Sole 24 Ore” um sechs Plätze abgerutscht ist, will man im Land nicht auf sich sitzen lassen.
Il Sole 24 Ore
Foto: upi

Viel Beachtung von Medien und Politik erhält Jahr für Jahr das Ranking der Wirtschaftszeitung Il Sole 24 Ore zur Lebensqualität in den italienischen Provinzen. In Südtirol gab es in den vergangenen Jahren kaum Anlass, sich näher mit dem Ranking zu beschäftigen – war unser Land doch immer ganz vorn gereiht. Fünf Mal durfte sich Südtirol in den letzten zehn Jahren gar über den ersten Platz freuen, alles war in Butter. Doch dieses Jahr ist etwas anders. Die Kriterien, die Il Sole 24 Ore zur Bewertung heranzieht, wurden überarbeitet und schwups, verlor Südtirol seinen Spitzenplatz. Um ganze sechs Plätze rutschte die Provinz nach hinten. Doch damit will man sich zumindest bei der Landesregierung nicht abfinden.

Einige der Parameter, die für den Abstieg ausschlaggebend waren, seien “zu hinterfragen”, meint Landeshauptmann Arno Kompatscher. Als eines der Beispiele führt er das Ehrenamt an. Dort würden die 2.130 ehrenamtlichen Organisationen, die im entsprechenden Landesverzeichnis eingetragen sind, in der Sole-Erhebung nicht berücksichtigt. Sondern nur jene, ONLUS-Organisationen, die im Verzeichnis der staatlichen Agentur für Einnahmen aufscheinen. Doppeleintragungen seien nicht zulässig, erinnert Kompatscher und daher sei es verständlich, dass das staatliche Verzeichnis nur einen Bruchteil der Eintragungen des Landesverzeichnisses aufweise.
Dasselbe gelte für den Bereich Kultur und Freizeit, in dem Südtirol dieses Jahr 47 Plätze eingebüßt hat, lässt Bildungslandesrat Philipp Achammer wissen: “Viele Vereine und ehrenamtliche Organisationen scheinen im Vergleich nicht auf.” Gleichzeitig beklagt er gemeinsam mit seinem italienischen und ladinischen Kollegen, Christian Tommasini und Florian Mussner, dass bezüglich der Lesekultur nur die Buchhandlungen gezählt würden. “Die Tatsache ist aber, dass es in jeder Gemeinde eine öffentliche Bibliothek gibt. Das bleibt gänzlich ausgeblendet”, kritisieren die Bildungslandesräte.
Und schließlich sei das Ranking auch was das Bildungswesen angeht, mit Vorsicht zu genießen. Die Studie beschränke sich auf das Zählen der akademischen Abschlüsse, “die Berufsbildung, die für ganz Italien vorbildhaft ist, wird nicht berücksichtigt”, so die Mitglieder der Landesregierung. Für den Fraktionssprecher der SVP im Landtag, Dieter Steger, ist es “geradezu absurd, dass uns die niedrige Akademikerquote als Schwäche ausgelegt wird”. Er betont: “Hochschulbildung ist nicht alles! Gut ausgebildete Facharbeiter tragen zur Lebensqualität wesentlich mehr bei als Akademiker, die am realen Arbeitsmarkt keinen Job bekommen oder in einem unterbezahlten Beschäftigungsverhältnis arbeiten.”

Südtirol werde zu Unrecht für sein vorbildhaftes Bildungssystem “bestraft”, bemängelt Steger. Denn eine niedrige Arbeitslosenrate und ein relativ hohes Einkommen bewiesen, “dass unser Bildungssystem so falsch nicht sein kann”. Und auch ein anderes Kriterium der Sole-Studie bringt Steger zum Schmunzeln, wie er sagt: “Wenn beispielsweise Temperaturschwankungen als Kriterium zur Bewertung der Lebensqualität herangezogen werden, wird Südtirol als alpines Land und nördlichste Region Italiens immer schlechter abschneiden als andere.” Er fordert daher, die Daten mit Vorsicht zu genießen und bekräftigt, dass “gerade eine so renommierte Wirtschaftszeitung die Daten etwas differenzierter betrachten sollte”.