Società | Schule in Südtirol

Pestalozzi Schule will Elite-Modell schaffen

Besondere Situation, besondere Schule – die Direktorin Heidi Niederkofler der Pestalozzi Schule im Bozner Süden will mit ihrem Modell „Sprache und Hermeneutik“ ein Elite-Modell schaffen.

Heidi Niederkofler, Direktorin der Pestalozzi Schule in der Bozner Europaallee ist sich der besonderen Situation ihrer Schule bewusst. Seit 1995 leitet sie den Sprengel, bestehend aus der Mittelschule Schweitzer ( 2001) und der Grundschule Pestalozzi. Letztere ist mit ihrem auf „Sprachen und Hermeneutik“ fokussierten Ansatz für Freund und Feind ein Anschauungsmodell.

„Was heißt denn das im Grund,“ fragt Niederkofler „es heißt nur, dass wir in einem Stadtviertel, wo so viele Sprachen und Kulturen aufeinandertreffen, als Schule ein Angebot schaffen wollen, mit dem diese Vielfalt aufgenommen und potenziert wird.“ Die Hermeneutik ist eine Theorie über das Verstehen im allgemeinen, in Kombination mit Sprache soll es als Theoriekonzept Pate stehen für Interkulturaltität und Mehrsprachigkeit. „Wir wollen ein intellektuell ansprechendes Modell entwickeln, das für dieses Stadtviertel Europaallee und Firmian maßgeschneidert ist. Hier wo deutsche, italienische und Migrantenfamilien miteinander leben, wollen wir diese Heterogeneität auch in der Schule und in den Klassen vertreten wissen.“

In einer solchen Schule muss man auch den Mut zu radikalen Lösungen haben, sagt die Direktorin. „Gerade wegen unserer Entscheidung, im letzten Schuljahr, also 2012, eine Klasse einzurichten, die aus Kindern aus Einwandererfamilien besteht, sind wir in den Brennpunkt von Medien und Eltern geraten.“ Die Entscheidung fiel nicht leicht, so die Direktorin, aber es sei notwendig gewesen, um das pädagogische Konzept der Ganztagesschule nicht zu schwächen. „Weil Südtiroler Eltern nicht wollten, dass ihre Kinder in eine Klasse gehen, die zur Mehrheit aus Migrantenkindern besteht, habe ich dem Rechnung getragen und gesagt, gut, dann treten wir die Flucht nach vorne an.“

Die Klasse ist mittlerweile im 2. Jahr, mit Kindern deren Familien aus Albanien, Bosnien-Herzegowina, Bangladesh, Bolivien, Marokko, Pakistan, dem Irak, Kurdistan und Indien stammen. Die Kinder selbst wurden alle in Südtirol geboren, sie sprechen miteinander italienisch und in der Schule deutsch. Die Lehrerin Elisabeth Oberrauch kann auf eine 33jährige Karriere in verschiedenen Grundschulen zurückblicken und unterrichtet jetzt Mathematik, Turnen und Basteln in dieser Klasse. „Es ist eine feine kleine Gruppe und auch mit den Eltern kommen wir gut aus,“ meint sie. „Die Kinder sind alle vorher in einen deutschen Kindergarten gegangen, also haben sie ein Sprachniveau wie die italienischen Kinder an unserer Schule auch.“ Sie sieht keine Gefahr der Ghettoisierung, denn die Klasse hat einen besonders engen Austausch mit der Nachbarsklasse. „Es werden hier viele Lernprojekte gemeinsam veranstaltet, auch um eine Segregation zu vermeiden und auch um den Eltern die Gewissheit zu geben, dass ihre Kinder nicht irgendwie zurückbleiben,“ erklärt Direktorin Niederkofler.

Sie will diese Klasse bis zur fünften Grundschulstufe weiterführen, mit dem speziellen Augenmerk des Austausches und der Anbindung an die Parallelklassen.

Im nächsten Jahr wird die neue Schule in Firmian eröffnet, eine ganz neue Schule in einem neuen Bozner Stadtviertel. „Auch dort werden wir zusammen mit dem Direktor das interkulturelle Modell so weiterführen, dass sich niemand in der Bevölkerung ausgeschlossen fühlt. Unseren Fokus auf die Sprachen und die Hermeneutik finden wir auch deshalb so wichtig, weil wir ja auch eine dreisprachige Universität in Bozen haben und viele Bozner bzw. Südtiroler diese Sprachhürde nicht schaffen. Wir wollen darauf hinarbeiten und nicht nur Brennpunktschule sein, sondern irgendwann einmal auch Eliteschule.

Niederkofler ist überzeugt, auf dem richtigen Weg zu sein, die Pestalozzi-Schule sei weder Immersionsmodell, noch eine zweisprachige Schule, sondern setze auf die Potenzierung von Sprachen, auf das pädagogische Wahrnehmen einer Realität die man nicht übersehen darf. „Ich glaube, dass unser Modell von sich reden machen wird, es ist neu und vorausblickend, und für eine immer bunter werdende Südtiroler Realität da.