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49 % der Befragten glauben, dass ein Erfolg des Rassemblement National (RN) bei den anstehenden Wahlen die Demokratie in Frankreich gefährdet. Ein Sieg für Marine Le Pen?
Marine Le Pen
Foto: upi

Wer ein demokratisches System regieren möchte, sollte, so möchte man meinen, demokratische Werte teilen. Dass aber viele Bürger an der Demokratietauglichkeit nationaler Parteien zweifeln, ist heute auch in demokratisch gefestigten Staaten in Europa keine Schlagzeile mehr: Seit Jahren werden vor allem rechts-gerichtete Parteien als demokratiefeindlich angesehen. Matteo Salvinis Lega, Marine Le Pens Rassemblement National (ehem. Front National) und die AFD in Deutschland sind nur einige Beispiele hier.

Doch die Stimmen, die deren antidemokratischen Tendenzen anprangern, werden leiser: In Italien wird die Lega von Georgia Melonis Rechtsextremismus zumindest der Wahrnehmung nach ins Zentrum gedrängt. In Deutschland beklagt die AFD lautstark deren vermeintliche Zensur – und streift so die Anschuldigung antidemokratischer Tendenzen auf andere ab. Und in Frankreich? Dort scheint Marine Le Pens Plan einer “Entdämonisierung” ihrer Partei endlich aufzugehen:

Einer Umfrage der französischen Meinungs- und Marktforschungsinstituts IFOP zufolge glauben 49 Prozent der Franzosen, dass ein Sieg des Rassemblement National bei den Regionalwahlen eine Gefahr für die Demokratie darstellen würde. Eine Tatsache, die verschiedene europäische Medien dazu verleitet, die andere Seite der Medaille zu beleuchten. Auch die Dolomiten lieferte in der Freitagsausgabe vom 18. Juni folgende Schlagzeile: “Le-Pen-Partei kein Bürgerschreck mehr. Für 51 Prozent ist die Partei keine Gefahr.” Ganz so, als seien 49 Prozent nicht knapp die Hälfte der Befragten und ganz so, als sei die Tatsache, dass 49 Prozent die Sorge teilen und 26 Prozent die Gefahr die von der Partei ausgeht “auf jeden Fall” bejahen, zweitrangig. Und sowieso der Neuigkeit unterzuordnen, dass sich die Partei in der Wahrnehmung vieler Bürger gebessert habe – gebessert im Vergleich zur Wahrnehmung der Partei, unter der Führung von Jean-Marie Le Pen, der den Holocaust leugnete und für seine offen antisemitischen und rassistischen Aussagen bekannt war.

Dabei erklärte Marine Le Pen selbst, dass es ihr bei der “Entdämonisierung” oder “Normalisierung” ihrer Partei nicht darum gehe, Linie und Diskurs ihrer Partei zu ändern, sondern die Wahrnehmung der Partei von den medialen Schreckgespenstern, die sie umgeben, zu lösen. Das dürfte –auch dank des Schlagzeilen-orientiertes Journalismus, der die Normalisierung antidemokratischer Tendenzen vorantreibt –, gelungen sein.

Außerdem: Laut einer anderen, im Mai veröffentlichten Umfrage, die Kantar Public für Le Monde und Franceinfo durchführte, glauben "nur" 42 Prozent der Befragten, dass das RN keine Gefahr für die Demokratie darstellt.

 

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Hartmuth Staffler Sab, 06/19/2021 - 14:39

In Südtirol hat die Mehrheitspartei SVP sogar eine Koalition mit der rechten Lega gebildet. Ob die Bürger darin eine Gefahr für die Demokratie sehen oder nicht, war nie Gegenstand von Umfragen, es interessiert auch kaum jemanden, am wenigsten die SVP selbst.

Sab, 06/19/2021 - 14:39 Collegamento permanente