Mario Montis ruhmloses Ende
Dass ausgerechnet Enrico Lettas farbloser Haushaltsplan über die unerwartete Sprengkraft verfügt, Italiens Parteien zu destabilisieren, mutet überraschend an. Dem Partito Democratico und dem PDL droht die Spaltung. In Mario Montis Kleinpartei Scelta Civica wurde sie bereits am Donnerstagabend vollzogen. Der Ex-Premier musste erkennen, dass er mit seinem Widerstand gegen Lettas Paket in seiner Partei nahezu alleine dastand und die Konsequenzen ziehen: Rücktritt und Wechsel in die gemischte Fraktion, der er in Zukunft als Senator auf Lebenszeit angehören wird.
Damit ist Mario Monti als Parteipolitiker kläglich gescheitert -Folge einer langen Serie von Fehlentscheidungen. Der zur Selbstgefälligkeit neigende Bocconi-Professor hätte locker Staatspräsident werden können, doch er versteifte sich auf ein Experiment, das von Anfang an zum Scheitern verurteilt schien. Über Monate leugnete er hartnäckig jede Versuchung, in die Politik einzusteigen. Dann entschied er sich für das Gegeteil. Der Einstieg des vormals Unabhängigen, in die gefährlichen Niederungen der italienischen Parteipolitik hinabzusteigen, wurde von der Mehrheit der Italiener missbilligt und kostete den aristokratischen Professor viele Sympathien.
Obwohl er Italiens Parteien als "nicht reformfähig" kritisierte, wählte der 68-jährige als Partner ausgerechnet zwei politische Dinosaurier: Pier Ferdinando Casini und Gianfranco Fini - beide seit einem Vierteljahrhundert in der Politik, beide ehemalige Koalitionspartner seines Gegenspielers Silvio Berlusconi - keine idealen Weggefährten für einen Mann, der das Uralt-System der politischen Mauschelei abschaffen wollte. Mit seiner Partei Scelta civica verprellte er vor allem das liberale Wählertum, das sich an der hohen Zahl von Vorzeigekatholiken auf der Liste und der unmissverständlichen Unterstützung des Vatikans stieß. Linken Wählern war wiederum die hohe Zahl von Unternehmern suspekt. Kandidaturen wie jene der Fecht-Olympiasiegerin Valentina Vezzali, die mit 99,8 Prozent die höchste Absenzenquote im Parlament aufweist, erwiesen sich als populistischer Flop. Der professorale Slalom wirkte sich auf das Wahlergebnis aus: seine Partei landete weit unter den Erwartungen.
Monti hat zu spät erkannt, dass in der Politik andere Spielregeln gelten als in dem von ihm geschätzten akademischen Umfeld. Der Wandel vom parteiunabhängigen Professor zum Wahlkämpfer, der sich in einem gekünstelten Drahtseilakt zwischen den verachteten Kategorien links und rechts übte, führte zu einem folgenschweren Verlust seines Ansehens. Mario Monti ist Opfer der eigenen professoralen Selbstgefälligkeit. Dass der großbürgerliche Katholik über ein Intrigenspiel katholischer Parteifreunde stolpert, die an einer neuen Democrazia Cristiana basteln, bleibt eine Ironie des Schicksals, die am glanzlosen Ende eines Uneinsichtigen wenig ändert.