Politica | Therme Meran

Kein Schadensersatz

Die Therme Meran stellt richtig: Man habe keinen Schadenersatz an die Projektanten Baumann & Zillich aus Berlin gezahlt, sondern ein vermindertes Honorar. Der Hintergrund eines verfrühten Aprilscherzes.

Der Auslöser war ein Artikel auf salto.bz. Am 12. März hatten wir unter dem Titel „Therme Meran: Verschleudertes Steuergeld“ exklusiv enthüllt, dass der Prozess um die unrechtmäßige Kündigung der Thermen-Planer Rüdiger Baumann und Julia Zillich stillschweigend mit einem gerichtlichen Vergleich zu Ende gegangen ist. Die Thermen haben im Juli 2013 1.750.000 Euro für nicht bezahlte Arbeiten an die Berliner Architekten zahlen müssen. Samt Anwaltshonoraren kostet der gerichtliche Vergleich den Steuerzahler rund 2 Millionen Euro.
In den Tagen darauf wurde die Geschichte von allen Südtiroler Medien aufgegriffen. Zuletzt vom „Alto Adige“, der am Mittwoch eine sehr detaillierte Hintergrundgeschichte brachte. Am Mittwoch hat die „Thermen AG“ den Medien dann eine Richtig- und Klarstellung zukommen lassen.

Die Richtigstellung

Unter dem Titel „Kein Schadenersatz an Architekten, sondern starke Reduzierung eines Honorars“ schreibt die Presseabteilung: 
Die Therme Meran begehrt aufgrund der über Medien und Öffentlichkeit in Umlauf gebrachten falschen Gerüchte und unwahren Informationen folgende Klar- und Richtigstellung, was den gerichtlichen Vergleich vom Juli 2013 mit den Projektanten Baumann & Zillich aus Berlin betrifft.
1. Im Jahre 2001 hat der damalige Verwaltungsrat der Kurbad AG entschieden, den Planungsauftrag mit dem Architekturbüro Baumann & Zillich aus Berlin aufzulösen, da eine zielführende Zusammenarbeit aufgrund von diversen Planungs- und Bauleitungsfehlern nicht mehr möglich war.
2. Das Architekturbüro BZA hat nach vorzeitiger Auflösung der Vertragsbeziehung die Summe von 3.362.164 Euro plus evtl. Zinsen ab 2001 als restliches Honorar für die vertraglich vereinbarten Leistungen gefordert.
3. Nach Einlegung von Rechtsmitteln durch Therme Meran konnte der Betrag jedoch im Juli 2013 auf 1.750.000 Euro einschließlich Zinsen reduziert werden. Dabei handelt es sich also nicht um einen Schadenersatz, sondern um das Honorar der Projektanten, welches durch den gerichtlichen Vergleich somit wesentlich reduziert werden konnte.
4. Mit dem Urteil des Landesgerichts Bozen Außenstelle Meran aus dem Jahre 2012 war noch ein Betrag von rund 3 Mio. festgesetzt worden.
5. Im gerichtlichen Vergleich wurde keine Verschwiegenheitsklausel vereinbart, eine solche existiert nicht.

Ein verfrühter Aprilscherz?

Inhaltlich mutet die Klarstellung der Thermen wie ein verfrühter Aprilscherz an. Vor allem, wenn man die Hintergründe kennt. Die Architekten Baumann & Zillich haben 1999 einen internationalen Wettbewerb gewonnen, der das Einreicheprojekt, das Ausführungsprojekt und die Bauleitung beim Neubau des gesamten Thermenkomplexes vorsah. 2001 nachdem das Einreichprojekt längst genehmigt war und es in die Bauphase ging, fiel das Berliner Architekten-Duo bei den einflussreichen einheimischen Thermenmachern aber über Nacht in Ungnade. Der Verwaltungsrat beschloss daraufhin die Trennung.
Auch dieser Schritt war geplant. Man beschloss plötzlich einen ganz neuen Weg einzuschlagen. Es sollte ein Firmenwettbewerb durchgeführt werden. Das heißt eine Bietergemeinschaft (Baufirma, Unternehmen für sanitäre Anlagen und Architekt) sollte das Ausführungsprojekt erstellen, den Bau und die Einrichtung, sowie die Planung und die Bauleitung übernehmen.

Doch das Landesgesetz sieht zu diesem Zeitpunkt vor, dass ein solcher Firmenwettbewerb nur mit einem fertigen Ausführungsprojekt gemacht werden kann. Kein Problem. Man änderte einfach kurzerhand das entsprechende Landesgesetz, so dass der Firmenwettbewerb plötzlich auch mit dem Einreicheprojekt möglich wird.
Bei diesem Firmenwettbewerb wurde dann aber der entscheidende Fehler gemacht. Baumann und Zillich hatten von Anfang an gesagt, dass sie nicht nur das Einreichprojekt, sondern auch bereits weite Teile des Ausführungsprojekts geliefert hätten. Die „Thermen AG“ bestritt das. Doch in den Unterlagen des Firmenwettbewerbs – und das bestätigte der Rechtsberater der Thermen, der SVP-Senator und Anwalt Karl Zeller im salto-Interview – tauchten Ausführungspläne der Berliner Architekten auf.
Das war dann auch einer der Gründe, warum die Thermen den Prozess in erster Instanz haushoch verloren haben. Und einer der Hauptgründe, die jetzt zum gerichtlichen Vergleich führten.

Die vergessenen Honorare

Welcher Witz die jetzige Klarstellung der „Thermen AG“ aber ist, wird klar, wenn man sich den weiteren Ablauf anschaut. Das im Firmenwettbewerb siegreiche Angebot der Bietergemeinschaft enthielt  -wie von der Ausschreibung vorgesehen - auch Kosten für das Ausführungsprojekt, die Bauleitung und die architektonische Ausführung.
Damit hat man zumindest Teile des Ausführungsprojektes am Ende doppelt bezahlt. Zudem engagierte man mit Matteo Thun, einen Stararchitekten, der offiziell als Designer die Innenausstattung übernahm. Danach wurde in diesem Bereich besonders locker investiert. So wurden im Thermen-Hotel nicht nur Badwannen installiert, die in ihrer Preisklasse an die Politikerpensionen erinnern. Die Abschlussrechnung des gesamten Projektes macht am besten deutlich, wie viel man am Ende durch die Kündigung und ihre Folgen gespart hat. 1999 war das Projekt mit 79,5 Millionen Euro geplant worden. Am Ende kosteten die „Thermen“ aber 122 Millionen.

Die Angst

Man kann wahrscheinlich lange semantische Diskussionen führen, ob ein vor Gericht nach 12 Jahren erstrittenes Millionen-Honorar als Schadenersatz bezeichnet werden kann oder nicht. Doch darum geht es aber nicht. Denn die Klarstellung der Thermen hat einen ganz anderen konkreten Hintergrund. Das Wort Schadenersatz impliziert einen Schaden. Und in diesem Fall wird der Rechnungshof sofort hellhörig. Die dortige Staatsanwaltschaft könnte auf die Idee kommen, die Verursacher des Schadens ermitteln zu wollen oder gar die damals Verantwortlichen persönlich und finanziell zur Rechenschaft zu ziehen.

Deshalb soll am Ende die Bezeichnung „starke Reduzierung eines Honorars“ in den Zeitungen stehen.

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Alfonse Zanardi Gio, 03/20/2014 - 09:02

Allein dass man auf die Idee kommt wegen eines Anlassfalles ein allgemeines Gesetz zu ändern zeigt wie im Durnwalderschen Königreich gedacht und gehandelt wurde.
Und Fakt bleibt dass 2 Mio zusätzliche Steuergelder durch offensichtliche Inkompetenz und Willkür der Entscheidungsträger aufgewendet werden mussten. Dies als Erfolg zu verkaufen ist tatsächlich ein "Witz".

Gio, 03/20/2014 - 09:02 Collegamento permanente