“Biancofiore spaltet Südtirol!”
In welcher Form die Zählung auch immer über die Bühne gehen soll – als “schedatura” (Erfassung), “registrazione” (Personenregister), “monitoraggio” (Momentaufnahme) –, fest steht: Der Vorschlag von Matteo Salvini sorgt italienweit und darüber hinaus für Entsetzen. Der neue Innenminister der Lega hat angekündigt, Sinti und Roma, die sich in Italien aufhalten, zählen lassen zu wollen. Um jene, die ohne gültigen Aufenthaltsstatus im Land leben, ausweisen zu können. Roma mit italienischer Staatsangehörigkeit müsse das Land “leider behalten”, so Salvini, der sich von der Empörung von Oppositionellen, Intellektuellen, aber auch aus den Reihen seines Regierungspartners 5 Stelle nicht von seinem Vorhaben abbringen lassen will.
Was soll an einer Volksgruppenzählung rassistisch, diskriminierend oder gar “leicht faschistisch” sein, wie es etwa aus dem PD heißt? Und was soll die Empörung überhaupt? Schließlich gibt es in Italien bereits so etwas – und zwar in Südtirol. Diesen Tenor schlagen am Dienstag gleich zwei nationale Zeitungen an: Il Tempo und Libero versuchen ihren Lesern zu erklären, dass die Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung und das Proporzsystem im Autonomiestatut von 1972 die italienischsprachige Bevölkerung in Südtirol diskriminiere. Und holen sich dabei kräftige Unterstützung von Michaela Biancofiore.
“La schedatura etnica c’è già in Italia. Ma ai danni degli italiani.”
(Libero)
“Italiani in Alto Adige discriminati da tempo.”
(Michaela Biancofiore in Il Tempo)
“Non appena compiuti i 14 anni di età, bisogna effettuare una dichiarazione etnica di appartenenza. Ovvero indicare a quale dei tre gruppi razziali aggregarsi: tedesco, italiano o ladino”, wird die Forza-Italia-Abgeordnete von Libero zitiert. Zu Il Tempo sagt Biancofiore von der Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung und dem Proporzsystem: Es seien Vorschriften, die einzig dazu dienten, den Machterhalt der SVP zu sichern und die Italiener, die nach 1918 nach Südtirol gekommen seien “herabzusetzen” und “zunichte zu machen” (“(…) ridurre e annichilire il gruppo italiano immigrato dopo la vittoria dell’Italia sull’Austria e l’annessione del 1918”, so Biancofiore wörtlich).
Sie, die “seit Jahren” und “in Einsamkeit” für die Abschaffung des Proporzes und zugleich für die Einführung einer mehrsprachigen Schule kämpfe, sei dabei, einen entsprechenden Gesetzentwurf für die Reform des Statutes von 1972 auszuarbeiten, so Biancofiore. Denn: Die “schändlichen und anachronistischen ethnisch-rassischen Mechanismen in Südtirol” gehörten abgeschafft. “Se ciò non avverà, ci si consegni alla vergogna della complicità del razzismo e del doppiopesismo”, sagt Biancofiore.
Und treibt damit Philipp Achammer und Arno Kompatscher die Zornesröte ins Gesicht. Dass Biancofiore die von Salvini angekündigte Zählung der Roma und Sinti mit dem Proporzsystem in Südtirol vergleiche, beweise zum wiederholten Male: “Biancofiore versteht rein gar nichts von Südtirol!”, poltern der SVP-Obmann und der Landeshauptmann.
“Völlg unangemessen und deplatziert” sei der Vergleich, den die Forza-Italia-Abgeordnete ziehe. “Nur Biancofiore schafft es, eine der wesentlichen Voraussetzungen für das friedliche Zusammenleben in Südtirol mit einem völlig unannehmbaren Vorhaben des Innenministers zu vergleichen”, poltert Achammer. “Der wiederholte Angriff auf Südtirol bezeugt wieder einmal, dass Michaela Biancofiore keine Ahnung vom Land hat”, so der SVP-Obmann weiter. Deshalb sei es auch kein Wunder, “dass ihr ein Parlamentssitz außerhalb von Südtirol zugeschanzt werden musste”.
“Südtirol kann auf die Aussagen von Michaela Biancofiore getrost verzichten”, meint Achammer. “Sicher nicht die Autonomie oder das Proporzsystem, eine der wesentlichen Säulen der Autonomie, sorgen für eine Spaltung innerhalb der Südtiroler Bevölkerung, sondern inhaltslose, falsche und vollkommen überzogene Aussagen einer Michaela Biancofiore.”
Etwas gemäßigter, aber nicht weniger deutlich die Worte vom Landeshauptmann. “Die Geschichte wird allzu schnell vergessen”, mahnt Kompatscher. “Es ist nicht so lange her, dass man in Südtirol mit großen Spannungen zwischen der deutschen und italienischen Sprachgruppe konfrontiert war. Nur durch die hervorragende Arbeit unserer Vorfahren und den Kampf für die Autonomie ist es gelungen, ein System zu schaffen, das für Frieden und Zusammenhalt sorgt. Auch in Bezug auf die europäischen Werte war und bleibt Südtirol Vorreiter.”
Schon x mal hab ich meine
Schon x mal hab ich meine lieben süditalienischen Freunde gebeten, sie möchten Michaela behalten. Anscheinend nimmt sie immer wieder Reißaus um nach Südtirol zurück zu kommen.