Politica | Italicum

Wahlgesetz: Was bringt Renzi den Minderheiten?

Aufregung in Sachen neues Wahlgesetz auch in Südtirols Parteienlandschaft. Warum sich die Opposition im Gegensatz zu Karl Zeller sehr wohl Sorgen um die Absicherung von Minderheitenrechten macht.

Was passiert mit Südtirol, wenn Matteo Renzi nun in Sachen Wahlrechtsreform aufs Gaspedal steigt? Mit seinem Vorschlag für ein „Italicum“ sorgt der neue PD-Vorsitzende nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch lokal für heftige Diskussionen. Neben der Verfassungsreform mit Abschaffung des Senats und der Provinzen sowie der Reform des Artikels 5 der Verfassung will Renzi mit einem neuen Wahlgesetz die Basis für mehr politische Stabilität schaffen. Die soll laut nun vorliegendem Entwurf unter anderem über eine Fünf- bzw. Zehn-Prozent-Hürde für die Wahl zur Abgeordnetenkammer sowie dem Festhalten am Mehrheitsbonus für die Wahlsieger erreicht werden. Zumindest sofern diese 35 Prozent der Stimmen erzielen; andernfalls sind Stichwahlen vorgesehen.

Veränderungen, die in Südtirol mit Argusaugen beobachtet werden. Denn vor allem nach dem heftigen Wind, der derzeit vom Süden her in Sachen Privilegien weht, werden nun Befürchtungen laut, dass die Minderheitenrechte im neuen Wahlgesetz nicht ausreichend berücksichtigt werden. Dies zu gewährleisten ist auch der wichtigste Auftrag, den die SVP-Leitung am Montag Nachmittag den Parlamentariern in Rom aus der Brennerstraße übermittelte. „Zur Zeit ist die Lage noch zu unübersichtlich, um einen definitiven Vorschlag vorzulegen“, erklärte Obmann Richard Theiner im Anschluss. Wichtig sei nun, in Rom dranzubleiben, um die Rechte der sprachlichen und kulturellen Minderheiten zu sichern.

Zumindest SVP-Senator Karl Zeller hat keinen Zweifel daran, dass dies auch gelingen wird. „Immerhin haben wir es selbst 2005, als wir noch in der Opposition waren, geschafft, mit Hilfe des Staatspräsidenten eine Lösung zu finden, die zwar nicht perfekt war, aber eine Vertretung sicherte.“ Als Teil der Mehrheit und mit der Rechtssprechung des Verfassungsgerichtes im Rücken, die eine Vertretung der Minderheiten garantiert, gibt es also keinen Grund für schlaflose Nächte. Einfach wird das Unterfangen aber trotzdem nicht, macht Zeller klar. Denn zumindest aufgrund des vorliegenden Entwurfs wird vieles über den Haufen geworfen, das sich bislang bewährt hat – von der derzeitigen 20. bzw. 40-Prozent-Sperrklausel auf regionaler und Landesebene bis hin zum Mehrheitsbonus für die Region und der bisherigen Zusammenarbeit mit dem Trentiner PATT. Was genau die SVP nun als Alternativen für das neue System vorschlagen wird, kann laut Karl Zeller erst definiert werden, wenn der endgültige Text vorliegt. „Davor macht es keinen Sinn, sich komplizierte Ausnahmeregelungen einfallen zu lassen“.

"Schluss mit der Absicherung des Alleinvertretungsanspruchs"

Vorschläge, in welche Richtung es gehen soll, kommen bereits von der Opposition. Der Tenor, der von Andreas Pöder bis hin zu Ulli  Mair durchklingt: Das Parlamentswahlgesetz dürfe nicht mehr einzig und allein auf die Bedürfnisse der Südtiroler Volkspartei zugeschnitten werden. Denn, wie die Freiheitlichen-Chefin kritisiert: Die bisherige 20-Prozent-Hürde auf Landesebene habe den alleinigen Zweck gehabt, politische Mitbewerber auszuschalten und den SVP-Alleinvertretungsanspruch in Rom zu sichern. Ein Anspruch, der nach dem Verlust der absoluten Mehrheit mehr denn je ungerechtfertigt sei, argumentiert Mair. Eine Alternative könnte für Andreas Pöder von der BürgerUnion deshalb ein eigener Wahlkreis für Südtirol sein, in dem die zur Verfügung stehenden Parlamentssitze mittels Verhältniswahlrecht vergeben werden. Damit könne endlich verhindert werden, dass Südtiroler gesamtstaatliche Parteien mitunterstützten müssen und Zigtausende WählerInnen anderer Südtiroler Parteien keine Vertreter im Parlament haben.