Cultura | Ausstellungseröffnung

Eine Cloud voller Reminiszenzen

Leander Schwazer spannt in der Galerie Alessandro Casciaro ein weites Netz von kunst- und kulturhistorischen Bezügen – von Andy Warhols „Most Wanted“ hin zur Cloud.

Weder bezeichnet sie einen einheitlichen Stil, noch eine gemeinsame Theorie - die Konzeptkunst entwickelte sich im Zusammenhang mit den gesellschaftlichen und politischen Veränderungen der 1960er Jahre. Serielle Strukturen, Diagramme, Text und neue Formen der Informationsverbreitung erweiterten damals das künstlerische Handlungsfeld. Sol LeWitt formulierte die These, dass allein die Idee bereits Kunstwerk sein kann. „Ich bleibe natürlich Konzeptkünstler, auch wenn ich jetzt male“, sagt Leander Schwazer, der am 22. Oktober seine zweite Einzelausstellung in der Galerie Alessandro Casciaro eröffnen wird.

Für seine monochromen Bilder benutzt der Künstler aus Wiesen Offsetdruckfarben, wie sie tagtäglich im Zeitungsdruck zum Einsatz kommen. Leander Schwazer trägt dick auf - die Farben benötigen mehrere Monate zum Trocknen und lassen ihre eigenen poetischen Strukturen auf Leinwänden und Holz erscheinen. Die Farbe, so Schwazer, malt das Bild: „Die Farbe wird zur Malmaschine, wie wir sie bereits von Tinguely kennen. Für mich funktioniert Malerei wie eine Black Box.“ Malerei also, begriffen als ein System, von dem die Betrachter_innen nur den Output wahrnehmen sollen?

Dem Titel „Collecting all the People“ des blau schimmernden Wolkenbildes folgend, könnte Malerei auch ein Mittel zur Kritik an der gläsernen Gesellschaft sein. Das monochrome Bild erinnert an das Icon eines bekannten Datenspeichersystems, einer Cloud. Mit einem weiteren wolkenartigen Gebilde zieht auch auf eine weitere Referenz auf. Der Titel „Extreme Cloud & Incredible Fear“ ist die wortmalerische Abwandlung des Buchtitels „Extremely Loud & Incredibly Close“. Der 9/11 Roman des US-amerikanische Schriftsteller Jonathan Safran Foer erzählt die Geschichte eines Neunjährigen erzählt, dessen Vater bei den Terroranschlägen auf die Twin Towers ums Leben gekommen ist. „Bis jetzt waren die Titel meiner Arbeiten immer sehr spröde, es waren geradezu indexikalische Titel. In diesem neuen Werkzyklus sind die Titel assoziativer, verweisen auf Geschichten hinter den Bildern, verlinken sie“, meint Schwazer.

„Die klassische Malerei war immer das Fenster zur Welt.“ Also macht Schwazer Screens zu Leinwänden. Auf Light Pads im A2-Format - Leuchtkästen die auch gern zum Zeichnen und Kopieren benutzt werden - hat Schwazer Worte gepinselt. „Sun Set“ verdunkelt in große schwarzen Lettern den Screen. Die Worte verweisen aber nicht nur auf ein weiterführendes Konzept, sondern werden ebenso wie das Licht und die Farbe eingesetzt. Die formulierten Denkprozesse können von den Betrachter_innen aufgenommen und nach eigenen Vorstellungen produktiv gemacht werden. „Jede Dönerbude hat heute einen Screen in der Ecke hängen. Malewitsch hat das vor hundert Jahren vorgemacht. Seine Urinstallation in der Galerie Gmurzynska lasse ich in einem roten Bild erscheinen.“

Eine weitere Reminiszenz ist der glamouröse Titel der Ausstellung: „30 Most Famous People of All Times“ zitiert Andy Warhols Auftragsarbeit für die New Yorker Weltausstellung 1964 „Thirteen Most Wanted Men" - seine Siebdruckserie von Verbrecherfotos. „Ruhm und Geld, danach streben alle, auch in der Kunst“, so Leander Schwazer. Most wanted, meint hier also begehrt und gewollt? „Ich wollte über berühmte Menschen sprechen. Das ist doch das was uns umtreibt. Die großen Versprechen von Reichtum und Erfolg - wir reproduzieren das ja auch die ganze Zeit, auch in der Kunst.“

 

Leander Schwazer - 30 Most Famous People of All Time

Ausstellungsdauer: 22. Oktober – 05. Dezember 2015

 

Eröffnung: Donnerstag, 22. Oktober, 18.00 Uhr

Einführung: Karin Pernegger