Ambiente | Entscheidung

Prader Wermutstropfen

Der Prader Gemeinderat hat das Wohnbauprojekt im Palabirn-Anger genehmigt: Ein Baum muss weichen, die Feuerwehrhalle kommt vorerst nicht. Und jetzt spricht BM Bernhart.

“Wir wollten zuerst Nägel mit Köpfen machen bevor wir uns an die Medien wenden”, gesteht Karl Bernhart. Am Montag Abend hatte der Bürgermeister der Gemeinde Prad zu einer Pressekonferenz ins Rathaus geladen. Jetzt, wo alles unter Dach und Fach ist, will er reden. Über das “lange Hin und Her”, “Halb- und Unwahrheiten”, “Fehlinformationen” und den medialen Rummel, die dem Gemeinderatsbeschluss vom 16. Februar vorausgegangen sind. Auf dem Tisch lag der überarbeitete Durchführungsplan für die Errichtung einer Wohnanlage für geförderten Wohnbau in der kleinen Fraktion Lichtenberg, inmitten des “berühmt-berüchtigten Palabirnangers”, wie ihn der Bürgermeister inzwischen bezeichnet. 15 von 17 anwesenden Räten stimmten auf der Sitzung vor genau einer Woche mit Ja, zwei enthielten sich, Gegenstimme gab es keine. “Wir haben versucht, das beste aus der Sache zu machen”, sagt Bernhart am Dienstag Mittag zu salto.bz. Und er ist überzeugt, eine “tolle Geschichte” hinbekommen zu haben.


Die Rechnung geht auf

Am Ende der Odyssee steht nun fest: Nur einer der elf Palabirnbäume, die im Lichtenberger Anger stehen, muss im Zuge des Wohnbauprojekts gerodet werden. Gemeinsam mit zwei Apfelbäumen, “die am Verenden sind”, erklärt Bernhart. Zwei weitere Palabirnbäume hätten für den Bau der neuen Gerätehalle für die Feuerwehr geopfert werden müssen. Aber wie der Bürgermeister nun mitteilt, ist der umstrittene Neubau – in der Gemeinde gibt es bereits eine Halle – vorerst auf Eis gelegt. “Dieses Vorhaben war immer an die Finanzierung gekoppelt”, betont Bernhart, “und im Moment ist nicht klar, wann und ob sie überhaupt kommt”. Beschlossene Sache ist hingegen, dass am Rande der Wohnbauzone ein neuer Palabirnbaum gepflanzt wird, sozusagen als Ersatz. Auch der zweite Baum, der sich in unmittelbarer Nähe zur Wohnbaufläche befindet, bleibt stehen, ebenso die daneben wachsende Esche. Eine Entscheidung, mit der die meisten, wenn nicht sogar alle in der Gemeinde leben können, ist sich der Prader Bürgermeister sicher.

Die rot gekennzeichneten Bäume müssen weichen. Grafik: Auszug aus dem technischen Bericht des Durchführungsplans


Prader Palabirn-Paladine

Die Kritik der vergangenen Monate, die, so Bernhart, “vor allem von außen hereingetragen wurde” lässt er nicht gelten und weist sie entschieden zurück. Offene Briefe der Umweltschützer, eine Landtagsanfrage der Grünen und schließlich die Stellungnahme des Vinschger Umweltlandesrats Richard Theiner: “Über die Presse wurden Vermutungen angestellt, und alles zusammen hat eher zu Missverständnissen beigetragen als förderlich in der Sache zu sein”, so Bernharts Fazit. In der emotionsgeladenen Debatte der vergangenen Monate hat der Eindruck entstehen können, dass sich vor allem Umweltschützer, der Heimatpflegeverband und ein Gastwirt aus Lichtenberg für den Erhalt des Angers stark machen würden. “Dabei hat sich die aktuelle Gemeindeverwaltung sehr wohl Gedanken gemacht, wie man schonend mit dem sensiblen Gebiet umgehen und den Bestand der Birnbäume so weit als möglich erhalten könnte”, will der Bürgermeister klar gestellt wissen.


Der Protest der Umweltschützer im Oktober 2015. Foto: Umweltschutzgruppe Vinschgau

Die Geschichte habe er von der Vorgänger-Verwaltung “geerbt”, erinnert Bernhart. Ein totaler Rückzug aus dem Anger und eine Rücknahme aller diesbezüglichen Entscheidungen sei sehr schwierig, wenn nicht gar unmöglich und darüber hinaus “auch nicht sinnvoll und nachvollziehbar” gewesen. Daher hat er sich mit seiner Verwaltung Gedanken gemacht, wie man der Sache besser gerecht werden könne. “Nach reiflichen Überlegungen im Ausschuss, im Gemeinderat und in der Baukommission, die unter anderem einen Lokalaugenschein vornahm und einen Baumexperten zu Rate zog”, so Bernhart, sei der Durchführungsplan für die Wohnbauzone so gestaltet worden, dass von den jetzt zwölf, in besagter Zone stehenden Bäumen (elf Palabirnbäume und eine Esche), “zumindest elf auch in diesem Frühjahr blühen werden”.
 

Gut gemacht und weiter gedacht

Seit 1971 ist ein großer Teil des Palabirnangers im Prader Bauleitplan als Wohnbauzone ausgewiesen. 2014 geht das Grundstück an die Gemeinde über, die sich mit dem Kauf verpflichtet, den Anger zu bebauen. “Der Ankauf ist in weiser Voraussicht passiert”, ist Bernhart heute überzeugt. Denn dadurch seien die Voraussetzungen für zweierlei Maßnahmen geschaffen geworden: die Errichtung von vier geförderter Wohneinheiten für junge Familien; die Umwidmung einer Teilfläche für öffentliche Einrichtungen zur eventuellen Errichtung einer neuen Gerätehalle für die Feuerwehr. “Im gleichen Zug wurde es aber auch möglich, die Bäume, die im landwirtschaftlichen Grün der restlichen Grundparzelle liegen, für die Nachwelt zu retten”, erklärt Bernhart. Der Bauer, dem die Gemeinde das Grundstück vor zwölf Jahren abkaufte, hätte nämlich ohne die – heute noch ausständige – Unterschutzstellung der Bäume “bauen können, was er will”.


Karl Bernhart: “Gemeinde ist nicht untätig geblieben.” Foto: Gemeinde Prad

Die Gemeinde aber sei allen Auflagen, die die Landesabteilung für Natur, Landschaft und Raumentwicklung gemacht habe, nachgekommen. “Etwa, das Bächlein, das durch den Anger fließt, so naturnah und schonend wie möglich zu verbauen”, nennt Bernhart ein Beispiel. Doch damit will er sich jetzt nicht zufrieden geben. Die restliche Fläche des Angers, die nicht bebaut wird, soll an interessierte und kompetente Bauern bewirtschaftet werden. Deren fachmännische Kenntnisse seien für die Erhaltung und Pflege des Angers unabdingbar. Und: “Es gibt auch bereits erste Bewerber”, verrät Bernhart. In Folge soll der Anger zu einem öffentlich zugänglichen Naherholungsraum werden, “ein schönes Platztl für alle”, stellt der Bürgermeister in Aussicht. “Außerdem werden sicher neue Birnbäume gepflanzt, um den einmaligen und für das Dorfbild von Lichtenberg prägenden Charakter des Angers so gut wie möglich zu erhalten”. Auch über eine zusätzliche Unterschutzstellung der Bäume habe man schon konkrete Überlegungen angestellt.


Am Ende steht eine Frage

Einziger Wermutstropfen bleibt die Polemik, die um den Palabirnanger entstanden sei, so Bernhart. Denn die Gemeinde beziehungsweise deren gewählte Vertreter stünden “ich wage fast zu sagen geeint hinter der Geschichte”. Auch von den Lichtenbergern selbst hätte er sich mehr Protest erwartet, doch bis auf erwähnten Gastwirt sei die Kommunikation ausgeblieben. “Der Rest lief in dieser Angelegenheit über andere Kanäle”, bedauert er.

Am Ende erlaubt er sich eine Frage in Richtung Beschwerdesteller, die ihm und der Gemeindeverwaltung unter anderem mangelnde Kommunikation vorgeworfen hatten: “Wäre es vielleicht nicht zielführender, mit den gewählten Vertretern der Bürgerschaft in Kontakt zu treten und das Gespräch zu suchen, um gemeinsam Lösungen zu finden, als über die Medien zu polemisieren und zum Teil auch mit Teilwahrheiten bei Landesämtern hausieren zu gehen? In einer Demokratie sind in erster Linie Mehrheitsverhältnisse zu respektieren, dennoch ist es möglich, sich trotz unterschiedlicher Positionen und Ansichten auf Kompromisse zu einigen.”