Politica | #halbzeit

Der Jüngste auf der Bühne

Für seine Bilanz zur Halbzeit der Legislaturperiode hat sich der Landesrat für Bildung, Kultur und Integration Philipp Achammer dem Urteil der Betroffenen unterzogen.

Für seine #halbzeit-Bilanz, die alle Mitglieder der Landesregierung in diesen Tagen ziehen, hat Philipp Achammer eine etwas andere Idee gehabt. “Ich will nicht über mich Bilanz ziehen, sondern lasse andere darüber urteilen”, so der Landesrat für Kultur, Bildung und Integration. Als dritter nach Arnold Schuler und Waltraud Deeg lud Achammer heute (23. Juni) in das Bozner Stadttheater. Auf der Bühne nahmen neben ihm Sabine Gamper, Franz Tutzer, Mamadou Gaye und Moderatorin Petra Rohregger Platz.


Bildung

Er ist Realist genug, um zu verstehen, dass nicht alles, was er sich vorstellt, im komplexen Bereich der Bildung auch möglich ist.
(Franz Tutzer über Philipp Achammer)

Den Anfang machte Franz Tutzer, Direktor der Oberschule für Landwirtschaft und der Wirtschaftsfachoberschule in Auer sowie ehemaliger Vorsitzender des Landesschulrats. “Anfangs war ich wie viele andere sehr überrascht,über einen so jungen Bildungslandesrat”, begann Tutzer seine Halbzeit-Kritik. Doch die Überraschung habe sich sehr schnell gelegt, “er hat die Erwartungen erfüllt”, so Tutzer. Lob gab es für Achammers Dialogbereitschaft, die er zum Beispiel bei der Erarbeitung des Bildungsgesetzes an den Tag gelegt hatte. Vor allem im Bereich Lehrerausbildung bzw. der Zusammenarbeit zwischen Universität und Schule gibt es laut Tutzer aber noch viel zu tun. Diesbezüglich kündigte der Bildungslandesrat an, dass es bereits ab dem akademischen Jahr 2017/18 mehr Praxisbezug bei der Ausbildung des Lehrpersonals in Brixen geben werde. Als Vision für die Zukunft nannte Philipp Achammer Bildungshoheit: “Gerade für eine Minderheit ist es wichtig, im Bildungsbereich ausschließliche Gesetzgebungsbefugnis zu haben.”


Kultur

Man hat das Gefühl, als Partner wahr- und ernstgenommen zu werden.
(Sabine Gamper über Philipp Achammer)

Die Kunsthistorikerin und Kuratorin Sabine Gamper, die gleichzeitig auch als Sachverständige des Kulturbeirats für die deutsche Sprachgruppe tätig ist, vertrat den Kulturbereich. Als besonders positiv unterstrich sie die Tatsache, dass Achammers Kulturpolitik in “Richtung Öffnung, Dialog und Austausch” gehe. “Das haben sich die Kulturtätigen seit langem gewünscht.” Ähnlich wie Tutzer beim neuen Bildungsgesetz zeigte sich Gamper bei der Ausarbeitung des Kulturgesetzes darüber zufrieden, dass ein breiter Dialog stattgefunden hat. Im
Stärkung des öffentlichen Ansehens von Kultur und Künstlern, Bürokratieabbau, stärkere Vernetzung über Sprachgruppen, Kulturen und Landesgrenzen hinweg zählte Gamper auf ihrer langen Wunschliste an Achammer auf.
“Kultur ist ein Grundrecht aller”, sagte der Landesrat in seiner Replik, in der er besonders die Jugendarbeit hervorstrich. Diese werde häufig unterschätzt: “Jugendkultur braucht Freiräume, die Jugendlichen brauchen mehr Eigenverantwortung und Vertrauen in dem, was sie tun. Ebenso die Träger und das Ehrenamt.” Seine Vision für die nächste Halbzeit fasste Achammer folgendermaßen zusammen: “"Das Kulturland Südtirol etablieren. Für ein Land mit einer halben Million Einwohnern haben wir immens viel, aber wir machen zu wenig daraus. Auch die Begegnung zwischen Kulturräumen ist ein enormes Potential.”


Integration

"Leider denken viele Menschen, dass Migranten der öffentlichen Hand zur Last fallen. Studien belegen aber, dass dies nicht der Fall ist, denn Migranten zahlen mehr Steuern und Beiträge, als sie an Sozialleistungen in Anspruch nehmen."
(Mamadou Gaye)

Als letzter ergriff Mamadou Gaye das Wort. Der gebürtige Senegalese ist seit 2014 Mitglied des Landesintegrationsbeirates. Gaye nannte mehrere Mankos in Sachen Integrationspolitik, darunter die Tatsache, dass die Vereine der neuen Mitbürger zu wenig in die Entwicklung der Integrationsvereinbarung, die erst vor wenigen Tagen vom Integrationsbeirat gutgeheißen wurde. Auch die Flüchtlingsthematik und die Zusammenarbeit mit dem Sozialbereich hätten laut Gaye stärker berücksichtigt werden sollen. Ebenso fehle noch die Durchführungsbestimmung zur interkulturellen Mediation sowie die Einrichtung der Antidiskriminierungsstelle im Landtag. Für die Zukunft wünschte sich Gaye eine stärkere Einbindung der Migranten in Themen, die sie direkt betreffen und mehr Sprachkurse, die die Basis für Integration darstellten.
Dass es im Bereich Integration in der zweiten Halbzeit der Legislaturperiode noch einiges zu tun gebe, gestand auch Achammer ein: “Ich muss zugeben, dass ich noch nicht zufrieden bin.” Er richtete einen Appell an die Politik, deutlich Position zu beziehen und Äußerungen, die dem Zusammenleben hinderlich seien, “auf klare Weise zu widersprechen”. Denn, so Achammer, “die Zuspitzung, die wir im Moment in Europa in der öffentlichen Diskussion erleben, ist Gift für das Zusammenleben”.