Ambiente | Extremwetter
Öffentlich versichert für den Ernstfall
Foto: LPA / Maja Clara
Die drei Herren im Anzug sprechen in sachlichem Ton. Beim Pressegespräch (22.09.) zum Schweizer Modell für die Pflichtversicherung bei Schäden von Naturereignissen im Sitz der Agentur für Bevölkerungsschutz in der Bozner Drususalle sind nur wenige Journalist*innen erschienen. Zivilschutz klingt langweilig, solange wir selbst nicht davon betroffen sind.
Beim Schweizer Modell ist der Solidaritätsgedanke sehr wichtig.
Wenn unsere Häuser im Schlamm stehen oder ein Sturm ganze Wände einreißt, werden die Rettungskräfte plötzlich lebenswichtig und die Sachschäden steigen schon mal gerne in Milliardenhöhe – bei einem Ereignis mit 100jähriger Wiederkehrzeit selbst auch in Südtirol. Davon überzeugen konnte sich Zivilschutzlandesrat Arnold Schuler bei einem Lokalaugenschein vor rund zwei Monaten in einer Ortschaft in der Nähe von Udine im Friaul. „In einem kleinen Gemeindegebiet mit rund 4.500 Einwohner*innen wurden bei Hagelschlägen 3.500 Gebäude und viele Fahrzeuge teilweise schwer beschädigt. Dort hat sich gezeigt, wie schwierig nicht nur der unmittelbare Einsatz der Rettungskräfte, sondern auch der Wiederaufbau nach einem solchen Ereignis ist, denn nicht alle Menschen sind für solche Naturereignisse versichert“, sagt Schuler.
Da Extremwetter durch den Klimawandel häufiger auftreten werden, ist auch mit häufigeren Schäden zu rechnen. Deshalb will Landesrat Schuler Südtirol bestmöglich vorbereiten und tauschte sich heute mit dem Direktor der Schweizer Vereinigung Kantonaler Gebäudeversicherungen VKG Michael Wieser aus. Im Nachbarland gilt in 19 von 26 Kantonen eine Pflichtversicherung für Elementarschäden – heißt, das Dach und die Fenster werden beim Schadensfall ersetzt, die exklusive Wohnausstattung und der Sportwagen nicht. „Wir kümmern uns um die Daseinsvorsorge. Die Versicherung ersetzt nur Gebäudeschäden, das garantiert uns eine Akzeptanz in der Bevölkerung, da Möblierung und Fahrzeuge privat versichert werden müssen“, erklärt Wieser.
Laut unseren Berechnungen leben zehn Prozent der Südtiroler Bevölkerung in einem Risikogebiet für Hochwasser.
„Beim Schweizer Modell ist der Solidaritätsgedanke sehr wichtig, deshalb gibt es in den kantonalen Versicherungen eine einheitliche und vergleichsweise günstige Versicherungspolice für alle Hausbesitzer*innen, egal ob das Gebäude am Hang oder am Bachbett steht“, so Wieser. Neben dem Ersatz im Schadensfall setzen die Kantonalen Gebäudeversicherungen auch auf die Sensibilisierung der Menschen, da beim Hausbau bereits viele Schutzmaßnahmen umgesetzt werden können, um einen Schaden zu vermeiden. Auch während einem Naturereignis kann richtiges Verhalten nicht nur Leben retten, sondern auch beträchtliche Schäden verhindern.
„Früher ging die größte Gefahr für Gebäude von dem Feuer aus. Hier ist man in Südtirol, in der Schweiz und sicher in ganz Europa in der Prävention von Dorf- und Hausbränden schon sehr weitgekommen. Fluchtwege, Baumaterialien, Brandmelder, Sprinkelanlagen, es gibt heute eine Vielzahl von Maßnahmen. Das ist die wichtige Botschaft. Wir sind nicht nur für die Versicherung verantwortlich, sondern genauso für die Prävention, Sensibilisierung und Intervention der Einsatzkräfte“, erklärt Wieser.
Das Schweizer Modell
Die Kantonalen Gebäudeversicherungen sind öffentlich-rechtliche Anstalten, sie arbeiten nicht gewinnorientiert und finanzieren sich ausschließlich über die Beiträge der Bürger*innen gemäß ihres Versicherungsvertrags, der beim Hausbau verpflichtend abgeschlossen werden muss. Die 19 öffentlich-rechtlichen Kantonalen Gebäudeversicherungen in der Schweiz versichern 2,3 Millionen Gebäude gegen Feuerschäden und Schäden durch Naturereignisse, etwa durch Hagel, Erdrutsch, Schneedruck, Lawinen oder Überschwemmung. Das Versicherungskapital beträgt rund 2.500 Milliarden Schweizer Franken. Bezogen auf die ganze Schweiz entspricht das einem Gebäudeanteil von rund 85 Prozent. „Als öffentlich-rechtliche Anstalt haben wir keine Werbe- und Vertriebskosten und kennen keine Wechselkund*innen. Wenn Sie ein Haus besitzen, wechseln Sie nicht alle drei Jahre die Versicherung“, so der Versicherungsexperte für Naturereignisse aus der Schweiz.
„Laut unseren Berechnungen leben zehn Prozent der Südtiroler Bevölkerung in einem Risikogebiet für Hochwasser, das ist sehr viel. Deshalb spielen die Vorbeugung und der Selbstschutz eine sehr große Rolle. Zivilschutz betrifft alle und jede*r hat die eigene Aufgabe zu erfüllen“, so Schuler. Nun soll erhoben werden, wie eine Elementarversicherung nach Schweizer Modell auch in Südtirol umsetzbar wäre. „Die Rahmenbedingungen unterscheiden sich hier möglicherweise.“ Mittlerweile gebe es auch in Deutschland nach dem Hochwasser im Ahrtal im Jahr 2021 Überlegungen, eine verpflichtende Elementarversicherung einzuführen.
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Wusste gar nicht, dass Herr
Wusste gar nicht, dass Herr Schuler ein Versicherungsvertreter ist. Ich lass mich da lieber vom Hubert beraten.