Cultura | Zeitgeschichte

Mörderische Heimat

Teil 4 der Videodokumentation zur jüdische Geschichte Merans: Joachim Innerhofer und Sabine Mayr zu den Biographien und den Restitutionsbemühungen der Meraner Juden.
Juden in Meran
Foto: Benedikt Kofler - barfuss.it
 
Die beiden Südtiroler Publizisten Joachim Innerhofer und Sabine Mayr haben 2015 mit ihrem in der Edition Raetia erschienen Buch „Mörderische Heimat - Verdrängte Lebensgeschichten jüdischer Familien in Bozen und Meran“ eine umfassende Geschichte des Schicksals der Südtiroler jüdischen Gemeinschaft vorgelegt.
Es ist eine mit vielen Dokumenten, Fotos und Erinnerungen angereicherte detaillierte Dokumentation eines der dunkelsten Kapitel der Südtiroler Landesgeschichte.
Südtirols Opfer der Schoah wurden von Faschisten observiert und­ ausgewiesen, großteils von einheimischen Nationalsozialisten verfolgt und deportiert.
Mörderische Heimat“ dokumentiert die vielseitigen Äußerungsformen des in Südtirol tief verwurzelten Antisemitismus. Südtirols NS-Opfer hatten ihre Heimat geliebt und wichtige Beiträge in der Medizin, Wirtschaft und im Tourismus geleistet. Das Aufzeigen der Spuren jüdischen Lebens in der Geschichte Südtirols lässt ihnen eine späte Anerkennung zuteilwerden.
Dass man jahrzehntelang über dieses Kapitel der Südtiroler Geschichte ganz bewusst das Schweigen breitete, hat durchaus System. Die Opfer wurde auch im Nachkriegssüdtirol gemieden, während die Täter schon bald wieder hofiert wurden. Wie weit das ging zeigt sich an der unglaublichen Geschichte des Meraner Franz Runge. Der 1895 in Franzensfeste geboren Runge war einer der Gründungsväter des „Südtiroler Ordnungsdienstes“ (SOD) und in dieser Rolle maßgeblich an der Deportation der Meraner Juden beteiligt. Im Herbst 1964 zog Franz Runge für die SVP in den Südtiroler Landtag ein.
 
 
Sabine Mayr und Joachim Innerhofer erzählen andere Geschichte. Jener der Hoteliersfamilie Bermann oder die Lebensgeschichte der Geschwister Henriette und Josef Schenkel und des Rabbiner Adolf Altmann. Zudem redet Sabine Mayr über die Tatsache, dass man sich sehr oft nach 1945 weigerte, Überlebende für ihre materiellen Verluste zu entschädigen.
 

Joachim Innerhofer und Sabine Mayr - Jüdisches Leben in Meran. Biographische Skizzen

 

 

Joachim Innerhofer und Sabine Mayr - Restitutionsbemühungen

 
Alle Opfer? Meran und seine Juden | 5/8: Joachim Innerhofer und Sabine Mayr, von [email protected]

 

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Hartmuth Staffler Sab, 02/25/2017 - 10:19

In Brixen ist die jüdische Mitbürgerin Lea Pincherle, Besitzerin der ehemaligen Dompropstei am Domplatz, von den Faschisten enteignet worden. Ihr Tochter, mit der ich in engem brieflichen Kontakt stand und deren Interessen ich im Gemeinderat vertrat, hat eingesehen, dass an eine Restitution nicht zu denken war. Es wäre für sie aber eine moralische Genugtuung gewesen, wenn man an dem Haus, das ehemals ihrer Mutter gehört hat, eine Gedenktafel angebracht hätte. Dabei hätte man auch der vielen Familienmitglieder Pincherle gedenken können, die von den Faschisten an die Nazis ausgeliefert und von diesen umgebracht wurden. Meine Bemühungen zur Errichtung dieser Gedenktafel sind jedoch an formalen Spitzfindigkeiten gescheitert, hinter denen sich wohl auch eine gehörige Portion Antisemitismus verborgen hat.

Sab, 02/25/2017 - 10:19 Collegamento permanente