Ein Beitrag, aber nicht für alle
Leider investiert das sehr „katholische“ Italien seit jeher wenig in die Familien und es bleibt zu hoffen, dass diese Maßnahme sich nicht als Eintagsfliege entpuppt. Will man dem Geburtenrückgang in Italien begegnen, braucht es langfristige Maßnahmen und Lösungen sowie angemessene Mittel für die Kinderbetreuung. Positiv ist sicher der Umstand, dass sich der Gesetzgeber überhaupt mit dem Problem befasst hat und Geldmittel für die Familien zur Verfügung stellt, die zweifelsohne eine Investitionen in die Zukunft sind.
Die neue Regelung hat aber auch einige Schwachpunkte. Wie auch in anderen Bereichen, ist das einzige Kriterium bei der Zuweisung der Gelder das Einreichsdatum, ganz nach dem Motto: „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“. Sobald die 144 Millionen Euro aufgebraucht sind, werden keine neuen Ansuchen mehr angenommen. 2015 wurden laut ISTAT circa 485.000 Kinder geboren und diese Zahlen dürften sich auch in den Folgejahren kaum verändert haben. Dies bedeutet, dass viele Familien nicht zum Zuge kommen werden.
Das Bonussystem ist sicherlich zu überdenken, denn 1.000 Euro sind zwar eine willkommenen Hilfe, aber das längerfristige Ziel, den Geburtenrückgang einzudämmen oder sogar die Geburtenrate zu steigern, dürfte damit kaum erreichbar sein. Hierfür braucht es nicht nur Geldzuweisungen, sondern auch ein angemessenes Angebot an Dienstleistungen für Kleinkinder, um den Eltern die Möglichkeit zu geben, sich für die Familie oder den Beruf zu entscheiden. Dies ist keine ideologische Diskussion, sondern eine sehr ernsthafte Angelegenheit. Ma denke hier nur an die steigenden Kinderarmut, die nicht nur in Italien um sich greift, sondern auch im „wohlhabenden“ Deutschland zu finden ist. Es entstehen immer mehr Hilfsorganisationen, um den armen Kindern unter die Arme greifen. Besonders betroffen sind Familien mit zwei oder mehreren Kindern und Alleinerziehende.
In Zeiten schwindender öffentlicher Haushalts kann eine dauerhafte Hilfe daher in den meisten Fällen nur die Eingliederung in die Arbeitswelt sein, die allerdings ein zielgerechtes Angebot an Dienstleistungen voraussetzt. Wenn es keine Kinderhorte gibt, nützen auch die 1.000 Euro wenig. Südtirol hat hier Einiges auf die Beine gebracht. Ab 1.1.2018 wird es einige Neuerungen geben, da die Kompetenzen der Region auf die autonomen Provinzen übergehen. Wir hoffen auf bürokratische Erleichterungen und Vereinfachungen durch das sinnvolle Zusammenlegen von verschiedenen Leistungen für die Familien. Auch sind wir mit den Projekten der Landesrätin einverstanden, die sich für das Recht auf einen Kinderhort in der Wohnsitzgemeinde des Kindes oder im deren näherem Umfeld stark macht. Letztendlich braucht es eine gut durchdachte Synergie zwischen Geld- und Dienstleistungen zugunsten der Familien und einem Umdenken in der Gesellschaft. Die Erziehungstätigkeit muss als Dienst an der Allgemeinheit, somit auch der Wirtschaft, anerkannt, geschützt und honoriert werden. Aber bis dahin haben wir leider Gottes noch einen langen Weg vor uns.
Förderung von Familien ist
Förderung von Familien ist eine Investition in die Zukunft und keine Sozialmassnahme. Insofern ist eine "Deckelung" auf 144 Mill. (knappes Drittel der Familien) eine Begrenzung der Zukunftsfähigkeit, denn das Geld würde ja langfristig wieder in das Budget zurückfliessen. Den Eltern muss die Möglichkeit gegeben werden Familie UND Beruf zu vereinbaren, nicht "sich für die Familie ODER den Beruf zu entscheiden". Damit wird nicht nur Kinderarmut sondern auch Altersarmut von Frauen verhindert. Der Wiedereinstieg in das Berufsleben nach der "Kinderpause" ist keine "Eingliederung in die Arbeitswelt", welche vom öffentliche Haushalt finanziert wird, sondern abhängig vom Angebot und Verhalten der Betriebe (sowie dem Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen und dem sozialen Erwartungen an die Eltern im familiären und betrieblichen Umfeld).