Cultura | salto afternoon

con grazia

Transart 2017 verabschietet sich mit einer Performance, die sich der materiellen Zerstörung widmet und einem Abschlusskonzert, das zum Nachdenken anregt.
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Foto: Martin Messier

Mit einem Hammer schlägt der Künstler auf die zerbrechliche Kugel ein: ein brutaler Akt, ausgehend von dem "natürlichen Impuls", Dinge kaputt zu machen. Doch kaputt erinnert an ein Versehen und Tollpatschigkeit und ist wohl das falsche Wort um diese Performance zu beschreiben. Denn was heute, 26. September, im Theater St. Jakob bei Leifers passieren wird, ist das exakte Gegenteil: Die Künstler Martin Messier und Anne Thériault verschreiben sich in ihrer Performance con Grazia der bewussten und anmutigen Zerstörung von Objekten.

Durch die mutwillige Zerstörung verwandeln die Künstler die Dinge, manipulieren sie durch Lichteffekte, setzen ihre Materie frei und beleben sie neu: Explosionsartig und befreit sich die innere Sprengladung der Objekte. Der Akt wird anmutig, con grazia, vollzogen und enthüllt gleichzeitig die den Objekten inhärente Anmut und Schönheit.

Begleitet von Tanz- und Lichtperformances verwandeln die weichen, langsamen Bewegungen das Zerstörerische in etwas Poetisches. Die drei Elemente Materie, Klang und Bewegung treffen aufeinander, überlappen und leben sich aus. Auch die eigens gebauten Roboterarme werden zum Leben erweckt und an den performativen Bewegungen teilhaben.

Mit spannenden Klängen und energiegeladenen Bilder mag die Performance den ein oder anderen Besucher zum Nachdenken verleitet; nicht nur über die Materialität der Dinge selbst, sondern auch über die materielle Welt in der wir leben, über unseren Umgang und unsere Verbindung zu ihr.

Neben der Performance con grazia ist der Künstler Martin Messier mit einer weiteren Arbeit in Bozen zu sehen: Boîte Noire, eine mystische, beeindruckende Licht- und Audioinstallation kann noch bis Mittwoch, 27. September, beim Transart HUB im Bozner Stadtmuseum miterlebt werden.

 

Requiem. Stringeranno nei pugni una cometa

Zum Nachdenken anregen soll auch das letzte Event des diesjährigen Transart Festivals: Am Mittwoch, 27. September, um 20.30 Uhr findet in der Bahnhofsremise in Bozen das Abschlusskonzert statt.

Im Zentrum der lang erwarteten Vorstellung steht Requiem. Stringeranno nei pugni una cometa von Silvia Colasanti ein Stück das nach dem schweren Erdbeben in Mittelitalien in Auftrag gegeben wurde und zum Innehalten und Nachdenken anregen will. Durch den Zeitpunkt der Aufführung erfährt das Stück eine weitere Bedeutung. Nur wenige Wochen nachdem ein starkes Erdbeben in Mexico hunderte Todesopfer forderte, erinnert es die Häufigkeit der schicksalhaften Naturgewalt und versucht durch Musik und Poesie dem Schmerz und Leid dieses Ausmaßes anzunähern und ein Stück weit Lebensfreude wiederherstellen.

Lateinische Texte der Totenmesse treten mit neuen Texten der Dichterin Mariangela Gualtieri in einen Dialog. Es ist ein Abschiedslied für die Opfer des Erdbebens, ein Lied über die kleinen und großen Schatten, die Verweigerung sich den Tod düster und Gott zornig, autoritär und strafend vorzustellen. Aber es ist auch ein Gesang voller Hoffnung und Dank.

Das Stück ist wie ein Oratorium strukturiert, mit verschiedenen Protagonisten: einer Sängerin/Cuore ridotto in cenere, einer Erzählstimme/La dubitante, dem Chor di chi non dubita, dem Bandonenon/Respiro della terra. Die Sängerin und die Erzählerin treten mit dem Chor und dem Orchester in einen Dialog, zeichnen intime und lyrische Momente, die sich mit choralen und magmatischen Situationen abwechseln. Am Ende personifiziert der Bandoneon Solist den Wunsch nach Wiedergeburt und bittet um Vergebung für die Kleingeistigkeit der Menschen. Er stimmt ein Loblied auf die Erde und den Himmel an: voller Mitleid, Leidenschaft und Güte, die dem weltlichen Ritus der Musik und der Poesie innewohnt.