Ambiente | Aus dem Netz

Ist die Welt noch zu retten?

Der fünfte Klimabericht der Vereinten Nationen macht noch deutlicher, dass der Mensch die Hauptverantwortung für den Klimawandel trägt. Warum ihm dennoch kein angemessenes Handeln folgen wird, zeigen die Berichte und Kommentare dieser Tage auf.

Was internationale wie lokale Forscher und Unternehmer beim Innovationsfestival in Bozen propagieren, zeigt sich umso deutlicher im aktuellen Bericht des Weltklimarates IPCC: Die Weltgemeinschaft muss endlich handeln und konkrete Schritte in Richtung einer nachhaltigeren Entwicklung der Welt setzen.

Denn im fünften Klimabericht der Vereinten Nationen warnen Wissenschafter noch deutlicher als vor fünf Jahren vor einer weiteren Erwärmung des globalen Klimas mit dramatischen Auswirkungen auf das Wetter, den Meeresspiegel und die Arktis. Die komplette erste Teil des neuen Weltklimaberichts wird erst am Montag veröffentlicht; doch auch die ersten veröffentlichten Fakten sorgten in den vergangenen Tagen für breite Diskussion.

Neben der Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse wird in Medien wie dem österreichischen Standard vor allem eine Kernaussage des 2000 Seiten starken Mammutdokuments hervorgehoben: Die Schuld für den Anstieg der Temperaturen sehen die Forscher des Weltklimarats mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von 95 bis 100 Prozent im Einfluss des Menschen.

Mit einer rhetorischen Frage reagierte die zuständige EU-Kommissarin Connie Hedegaard auf eine Kernaussage des Berichts: „Was würden Sie machen, wenn Ihr Arzt zu 95 Prozent sicher ist, dass Sie eine ernsthafte Krankheit haben?“

Ganz so klar sind die Antworten darauf trotzdem nicht. Denn der zugespitzten Anklage gegen den Homo sapiens stellen Kritiker Unsicherheiten und Widersprüche in der Forschung entgegen, wie die deutsche Welt bereits vor der offiziellen Präsentation des Berichtes nachzeichnete.

Konkret geht es unter anderem um die deutliche Abschwächung der globalen Temperaturerhöhung in den letzten eineinhalb Dekaden. In dem der „Welt“ vorliegenden Entwurf heißt es: „Die Erwärmungsrate lag in den vergangenen 15 Jahren (1998 bis 2012) bei 0,05 Grad pro Dekade und damit unter dem Trend von 1951 bis 2012 mit einem Anstieg von 0,12 Grad."

Laut einem Kommentar in der Süddeutschen Zeitung sind solche Spitzfindigkeiten allerdings nur Ausdruck der immer offensichtlicheren Kluft zwischen Politik und Physik. Denn:

Die Symptome sind unübersehbar, die Krankheitsursachen nachgewiesen - und Heilmittel wären verfügbar. Doch das richtige Medikament ist denen, die es schlucken müssten, offenbar zu bitter. Es bestünde aus einer massiven Abkehr von fossilen Brennstoffen. Eine Therapie, welche die Industrienationen bislang mehr scheuen als die Folgen der globalen Erwärmung.

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse müssen endlich reale politische Folgen haben, fordert auch ein Kommentar im deutschen Spiegel. Allerdings sieht die Online-Ausgabe des Wochenmagazins nicht nur politischen Handlungsbedarf, sondern auch die Notwendigkeit das System der Aufarbeitung und Verbreitung der wissenschaftlichen Daten zu reformieren.

Die internationalen Klimagipfel brauchen Bewegung, durch Amerikaner, Chinesen, Europäer. Ein wichtiger Schritt dafür könnte ein Handelssystem für CO2-Verschmutzungsrechte sein, das auch China umfasst. Und auch der Weltklimarat braucht dringend Reformen, die weniger politischen Einfluss und eine offenere Kommunikation möglich machen.

Vielleicht könnten zukünftige Berichte gar als eine Art Wiki im Netz entstehen. Das würde verhindern, dass die frischesten Studien in den Dokumenten bisher keine Berücksichtigung finden. Es würde die Debatten endlich transparent werden lassen - und ständig einen aktuellen Stand der Forschung verfügbar machen. Nicht nur alle sechs oder sieben Jahre.