Cronaca | Gericht

Die letzte Instanz

Am 11. Juni geht des Stein-an-Stein-Verfahren für Klaus Stocker und Franz Pircher vor dem Kassationsgericht zu Ende. Damit haben Wenige gerechnet.

Selbst für Interessierte ist es nicht immer leicht den Überblick zu behalten.
Die verschiedenen Verfahren zum SEL- und Stein-an-Stein-Skandal auseinanderzuhalten und zu wissen in welcher Instanz sie sich gerade befindet, ist eine echte Denkaufgabe.
Eines aber eint alle diese Verfahren: Die drohende Verjährung. Was für die Angeklagten und ihre Anwälte eine einkalkulierte Hoffnung ist, wird für die Anklage zum Schreckensgespenst. Schafft man es nicht alle drei Instanzen durchzuprozessieren, wird in Urteil nicht rechtskräftig.
Oberstaatsanwalt Guido Rispoli könnte jetzt dieses Ziel in einem Prozess aber erreichen. Der Kassationsgerichtshof hat die Verhandlung zum „Stein an Stein 1“-Prozess auf Donnerstag, den 11. Juni festgelegt. Allein diese Tatsache ist bereits ein erster Erfolg. Immerhin schafft es der Prozess innerhalb von 20 Monaten durch alle drei Instanzen. Was für das italienische Rechtssystem rekordverdächtig ist.

Das Verfahren

Im sogenannten „Stein an Stein 1“-Prozess müssen sich Maximilian Rainer, Klaus Stocker und Franz Pircher wegen Amtsmissbrauchs und schweren Betrugs verantworten. Der ehemalige Präsident und der ehemalige Aufsichtsratsvorsitzende der SEL haben dabei den Weg des verkürzten Verfahrens gewählt.
In verkürzten Verfahren fällt der Voruntersuchungsrichter aufgrund der Ermittlungsakten das Urteil. Der Vorteil für die Angeklagten: Auch in diesem Verfahrensweg wird die Strafe bis zu einem Drittel gesenkt und auch hier werden die Fakten nicht öffentlich im Gerichtssaal ausgebreitet. Voruntersuchungsrichter Carlo Busato verurteilt im Oktober 2013 Klaus Stocker und Franz Pircher wegen Betrugs zu je einem Jahr und acht Monaten bedingter Haft.

Immerhin schafft es der Prozess innerhalb von 20 Monaten durch alle drei Instanzen. Was für das italienische Rechtssystem rekordverdächtig ist.

In der 80-seitigen Urteilsbegründung, die am 12. November 2013 hinterlegt wird, ist die Rede von einem „doppelten Spiel auf zwei getrennten Tischen“, das die SEL-Verwalter durchgezogen haben. Zuerst habe man dem Verwaltungsrat mit einer Reihe von „falschen Argumenten“ und „unvollständigen Informationen“ vom Kauf des Kraftwerks in Mittewald abgeraten, um es wenig später – über die Firma Stein an Stein Italia, eine Bürgschaft von Klaus Stockers Bruder Rudolf Stocker und einen Treuhänder in Osttirol, hinter dem Franz Pircher steht – selbst zu erwerben.
Dass das Kleinkraftwerk in Mittewald auch für die SEL lukrativ gewesen wäre, daran besteht für Richter Carlo Busato kein Zweifel. Der Voruntersuchungsrichter kommt zu einem vernichtenden Schlussurteil:

„Man hat versucht, sich durch den Beschluss des Verwaltungsrats, der auf falschen und erlogenen Daten basierte, den Rücken für den Kauf des Kraftwerks freizuhalten. Der Beschluss war eine Fassade und eine Deckung für ein Spiel, das durch die Verwalter der SEL anderswo gespielt wurde. Gegen die Interessen der Landesgesellschaft und aus reinem wirtschaftlichen Kalkül.“

Die Berufung

Klaus Stocker und Franz Pircher haben gegen dieses Urteil berufen. Doch am 27. September 2014 bestätigt das Bozner Oberlandesgericht das Urteil erster Instanz. Wie bei den meisten Berufungsverfahren üblich, wird die Strafe für beide Angeklagte um zwei Monate gesenkt. Damit sind Klaus Stocker und Franz Pircher in zweiter Instanz wegen Betruges zu einem Jahr und sechs Monaten bedingter Haft verurteilt.
Maximilian Rainer, ebenfalls in diesem Verfahren angeklagt, lässt sich nicht auf ein verkürztes Verfahren ein. Er will in einem öffentlichen Verfahren die Richter und die Öffentlichkeit von seiner Unschuld überzeugen. Der Prozess beginnt vor dem Bozner Landesgericht im Dezember 2013 und endet am 12. November 2014 vor Richterin Carla Schiedle ebenfalls mit einer Verurteilung. Der ehemalige SEL-Generaldirektor wird wegen erschwerten Betruges zu zwei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Rainers Anwalt Carlo Bertacchi hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Fraglich ist aber, ob sich das Oberlandesgericht vor Ablauf der Verjährungsfrist noch mit dem Fall beschäftigen wird.

Die Kassation

Zwei Urteile im SEL-Skandal sind bereits rechtskräftig. Im Konzessionsschwindel haben Maximilian Rainer und Michl Laimer zwei Vergleichen zugestimmt. Zuerst für 11 Kraftwerke und später auch noch für den Schwindel um das Kraftwerk Laas.
Mit dem Verfahren gegen Klaus Stocker und Franz Pircher vor dem Kassationsgericht könnte jetzt das dritte Urteil rechtskräftig werden.
Ich hoffe, dass das Höchstgericht das Urteil aus zwei Instanzen bestätigt“, sagt Oberstaatsanwalt Guido Rispoli.
Dann kann ein weiteres Kapitel des SEL-Skandals abgehakt werden.