Società | Digitalisierung

Alt und online?

Eine Umfrage von Eurac Research geht der Frage nach, wie ältere Menschen von technischem Fortschritt profitieren (können). Schlüsselelement seien Informationsangebote.
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Foto: EURAC Research
Die alternde Bevölkerung und die immer schneller voranschreitende Digitalisierung sind zwei bedeutsame Phänomene unserer Zeit. Ein Forscherteam von Eurac Research ging der Frage nach, wie diese beiden Phänomene zum Vorteil für ältere Menschen werden. Eine im Jahr 2020 in Südtirol durchgeführte, repräsentative Umfrage zeigt, dass Menschen ab 40 Jahren kaum Technologien mit Gesundheits- und Pflegebezug nutzen.
Nur rund 18 Prozent der Befragten haben eine Notfallapp oder die Corona-Warn-App „Immuni“ auf dem Smartphone installiert, nicht einmal 3 Prozent nutzen medizinische Sensoren oder Geräte. Allerdings verwenden fast zwei Drittel der Menschen zwischen 80 und 98 Jahren keinerlei digitale Technologie – auch kein Smartphone.
 
 

Offenheit gegenüber Technik

 
In Zukunft sollen aber auch im Gesundheits- und Pflegebereich immer häufiger technische Lösungen zum Einsatz kommen. Insgesamt steht die Südtiroler Bevölkerung laut der Studie Assistenztechnologien wie Herzfrequenz-Geräten, Türöffnungssystemen und Apps zur Bestellung von Lebensmitteln offen gegenüber. Am schlechtesten schneidet hier der Roboter ab, der beim Duschen und Waschen hilft.
Außerdem zeigen die Umfrageergebnisse, dass italienischsprachige, ältere Menschen mit einer hohen Technikakzeptanz die Nützlichkeit von Assistenztechnologien als nützlicher bewerten. Es zeigte sich, dass Menschen mit italienischer Hauptsprache digitalen Technologien allgemein aufgeschlossener gegenüberstehen als Personen mit deutscher oder ladinischer Hauptsprache.
 
 

Informationsbedarf hoch

 
Ines Simbrig, Studienleiterin und Forscherin am Institut für Public Managment, sieht hier Aufholbedarf in der Informationsverbreitung. Für alle Befragten sind nämlich Verwandte und Bekannte wichtigste Informationsquelle in Bezug auf Technik; bei Hochaltrigen ab 80 Jahren ist es fast die einzige. „Das ist besonders problematisch, wenn Hochaltrige keine Familie oder kein soziales Netzwerk haben, auf das sie zurückgreifen können“, meint Simbrig.
„Auf Südtirol hochgerechnet finden übrigens rund 42.000 Personen ab 40, dass sie nicht genügend Informationen zu digitalen Technologien bekommen – eine beachtliche Zahl“, so Simbrig. Eurac Research fordert daher, dass die Informationsverbreitung verbessert werden soll: „Die Politik sollte ausreichende Finanzierung für Innovation und Innovationstransfer sicherstellen. Besonders in allen ländlichen Gebieten Südtirols sind zudem mehr Informations-, Beratungs- und Bildungsangebote zu digitaler Technik notwendig“, so Josef Bernhart, stellvertretender Leiter des Instituts für Public Management.
 
 
Teil der Umfrage war außerdem, wie sich das Nutzungsverhalten digitaler Technologien durch die Corona-Pandemie verändert hat. Hier zeigt sich, dass Personen häufiger Technologien zur Kommunikation, Unterhaltung und Information nutzen, wenn sie ihre Lebensqualität durch die Corona-Pandemie als verringert wahrnehmen. „Jetzt sollte dieser positive Trend fortgeführt werden“, so Simbrig. Die positiven Technikerfahrungen können für weitere Unterstützungs- und Bildungsmaßnahmen zu Technik genutzt werden.
 
 

Recht auf Teilnahme

 
Auch der ehemalige deutsche Vizekanzler und Bundesminister Franz Müntefering, der bis vor kurzem auch Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen BAGSO war, begrüßt die technischen Hilfen im Alter: „Zur Würde des Menschen gehört das Recht, Bescheid zu wissen, informiert zu sein und an der Kommunikation in der Gesellschaft teilnehmen zu können“, sagt der Ehrengast auf der Pressekonferenz von Eurac Research.
„Wir versuchen in Deutschland bei älteren Menschen den Eindruck zu vermeiden, dass ein völlig neues Zeitalter anbricht“, so Müntefering. Es soll hingegen vermittelt werden, dass neben dem Telefon, dem Fernsehen, dem Radio, der Zeitung und den Büchern ein zusätzliches Instrument zur Verfügung steht. „Man darf ihnen keine Angst machen, sondern muss ihnen erklären, dass nichts bleibt, so wie es ist und diese Veränderung gelernt werden muss.“