Economia | Athesia

„Nicht wahrheitsgetreue Inhalte“

Die Athesia AG begehrt von Salto eine Richtigstellung. Das Problem: An der Richtigstellung stimmt Einiges nicht. Die Hintergründe.
Umfrage
Foto: upi

Die Richtstellung

 
Sehr geehrte Damen und Herren,
in Bezug auf den am 03.08.2023 erschienen Artikel „Dolomiten ist nicht Italien“ beantrage ich als Rechtsanwalt der Athesia Unternehmensgruppe im Sinne des Art. 8 Gesetz Nr. 47/1948 folgende Richtigstellung, aufgrund der nicht wahrheitsgetreuen Inhalte:
 
Die Behauptung für Athesia gelten nicht dieselben Gesetze wie für alle, ist wahrheitswidrig. Dass die Athesia sich nicht um die gesetzliche Regelung „schert“ ist auch wahrheitswidrig, denn sie hat diese befolgt. Die Markterhebung, welche im Jahr 2018 vom Linzner Meinungsforschungsinstitut „Market“ im Auftrag der Athesia erhoben wurde, wurde korrekt und rechtmäßig gemeldet und ist im staatlichen Register seit 07.09.2018 abrufbar. Diese wurde sohin ordnungsgemäß eingetragen. Was die letzthin erfasste Umfrage betrifft, ist diese auch bereits registriert worden, weshalb auch diese Behauptung unrichtig ist. Demzufolge sind alle weiteren abgeleiteten Zusammenhänge ebenfalls unzutreffend.“
 
RA Dr.Giancarlo Massari
 
Richtigstellungen müssen laut Pressegesetz völlig unabhängig von ihrem Inhalt abgedruckt werden.
Dass Salto dennoch bei seiner Darstellung bleibt, ergibt sich aus dem Hintergrund der Geschichte.
 

Die gesetzliche Regelung

 
Am 22. Februar 2000 verabschiedet das Parlament das Gesetz Nr. 28, das die Veröffentlichung von Meinungsumfragen in Italien regelt. Dieses Gesetz verpflichtet jedes Medium, das die Ergebnisse von Meinungsumfragen publiziert, seinen Lesern und Leserinnen Auskunft über Auftraggeber, durchführendes Institut und ein paar Eckdaten zur Methode zu geben. Zudem muss jede Umfrage vorab bei einer eigenen Behörde angemeldet werden, die beim Ministerratspräsidium angesiedelt ist. Genauer gesagt beim „Dipartimento per l´Informazione e l´Editoria“. Gleichzeitig muss die Umfrage in einem öffentlich zugänglichen Register publiziert werden.
 
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Im Gesetz steht der Terminus „contestualmente“, was laut Wörterbuch „gleichzeitig“ heißt. In der Praxis sieht das so aus, dass alle Umfrageinstitute ihre Umfragen vor ihrer Publikation vorab dem Ministerratspräsidium melden und diese noch am selben Tag auf einer entsprechenden Internet-Seite des Ministerratspräsidiums (http://www.sondaggipoliticoelettorali.it) veröffentlicht werden.
Damit wird der Sinn des Gesetzes erfüllt, mehr Transparenz zu schaffen.
 

Die Veröffentlichung

 
So etwa hat die Tageszeitung „La Repubblica“ am vergangenen Freitag, dem 25. August eine Umfrage zur Einwanderung und zur Adoption gleichgeschlechtlicher Paare veröffentlicht. Diese Umfrage wurde am selben Tag auf der Internetseite des Ministerratspräsidiums veröffentlicht. An diesem Montag wurde ein Politumfrage auf der Internetseite veröffentlicht, die am selben Tag in der Tageszeitung „Libero“ erschienen ist.
 
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Manchmal passiert es auch, dass die Veröffentlichung auf der Internetseite des Ministeriums etwas nachhinkt. So wird in seltenen Fällen der Eintrag erst ein oder zwei Tage nach der Veröffentlichung der Umfrage vorgenommen.
Wie genau man sich aber an diese Bestimmungen auch in Südtirol hält, macht ein Blick auf das Politbarometer der Südtiroler Wirtschaftszeitung (SWZ) deutlich. Im staatlichen Register sind acht SWZ-Umfragen eingetragen. Das Südtiroler Meinungsforschungsinstitut apollis hat alle diese Umfragen entweder vorab oder spätestens am Tag der Veröffentlichung ordnungsgemäß dem zuständigen Amt im Ministerratspräsidium gemeldet. Und sie wurden auch zeitgerecht auf der entsprechenden Internetseite veröffentlicht.
 

Athesias Nachmeldung

 
Nur bei Athesia spielt man anders.
Denn die Wahrheit ist eine völlig andere, als der Athesia-Anwalt jetzt in seiner Richtigstellung behauptet.
Vor fünf Jahren veröffentlicht die Tageszeitung Dolomiten ab dem 7. August 2018 eine große Politumfrage. Die vom Lienzer Meinungsforschungsinstitut „Market“ im Auftrag der Athesia AG durchgeführte Umfrage wird in insgesamt sechs Teilen vom Ebner-Blatt publiziert. Der letzte Teil der Umfrage erscheint am 13. August 2018.
Am 31. August 2018 schreibt Salto unter dem Titel „Rechtlicher Graubereich“, dass diese Umfrage nicht wie gesetzlich vorgesehen dem Ministerratspräsidium gemeldet wurde. Und auch nicht im entsprechenden Register veröffentlicht wurde, das fast täglich ajouriert wird.
 
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Spätestens jetzt bekommt der Ebner-Verlag aber anscheinend kalte Füße. Denn die Umfrage wird am 7. September 2018 auf der Umfrage-Seite des Ministerratspräsidiums veröffentlicht. Genau einen Monat nach der Publikation. Es ist eine klare Nachmeldung.
Dazu hat man zu einem absurden Kunstgriff gegriffen. Laut den offiziell vorgelegten und veröffentlichen Daten wurde die Umfrage zwischen dem 10. und dem 24. August 2018 durchgeführt. Dabei wurden die Ergebnisse in Wirklichkeit zwischen dem 7. und 13. August in den Dolomiten veröffentlicht.
Dass hier etwas nicht stimmen kann, hat anscheinend niemand bemerkt.
Dennoch erklärt Athesia-Anwalt Giancarlo Massari jetzt, dass die Umfrage „korrekt und rechtmäßig gemeldet“ worden sei.
 

Déjà-vu

 
Fünf Jahre später wiederholt sich dasselbe Schauspiel.
Zwischen dem 3. und dem 6. August 2023 veröffentlichen die Dolomiten eine große Politumfrage zu den Landtagswahlen. Durchgeführt wurde diese Umfrage vom Meinungsforschungsinstitut „Insa Consulere“ aus Erfurt.
Am 3. August 2023 weist Salto im Artikel „Dolomiten ist nicht Italien“ auf die erneute Verletzung der Veröffentlichungspflicht hin.
 
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Am 11. August 2023, also 8 Tage nach dem Salto-Artikel, wird die Umfrage von Athesia nachgemeldet.
Nur so konnte man 17 Tage später die oben abgedruckte Richtigstellung verschicken.
 

 

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Hartmuth Staffler Gio, 09/07/2023 - 22:53

In risposta a di Lorenz Winkler

Laut dem Athesia-Rechtsanwalt handelt es sich um ein "Linzner" Meinungsforschungsinstitut. Das würde auf eine Stadt namens Linzen hindeuten, die es meines Wissens nicht gibt. Salto schreibt von Lienz, aber anscheinend gibt es ein Institut dieses Namens auch in Linz. Hier scheint also ein ernsthaftes Toponomastikproblem vorzuliegen. Ich würde mich freuen, wenn Kollege Franceschini mit der ihm eigenen Investigationsenergie nachforschen würde, ob das Meinungsforschungsinstitut nun in Linzen, Linz oder Lienz seinen Sitz hat. Das zu klären empfinde ich als journalistische Sorgfaltspflicht.

Gio, 09/07/2023 - 22:53 Collegamento permanente