Economia | Landwirtschaft
Chance Direktvermarktung?
Foto: Roter Hahn/Frieder Bickle
Wer seinen bäuerlichen Betrieb in Vollerwerb bewirtschaften möchte, die nötigen Voraussetzungen und das Engagement dafür mitbringt, für den bietet die Direktvermarktung eine echte Alternative zu der Mitgliedschaft in einer Genossenschaft. Der Umstieg vom Bauern zum Unternehmer birgt allerdings auch einige Risiken, vor allem dann, wenn man sich nicht genügend darauf vorbereitet, wie Georg Lun, Direktor des Wirtschaftsforschungsinstitutes (WIFO) im Rahmen der heutigen Pressekonferenz erklärte, bei welcher die WIFO-Studie „Chance bäuerliche Direktvermarktung – Struktur, Herausforderungen und Ausblick“ vorgestellt wurde. Michl Ebner, Präsident der Handelskammer, wies im Anschluss an die Begrüßung darauf hin, dass die Zahl von 455 Direktvermarktern für sich genommen relativ hoch sei, angesichts dessen, dass 20.000 landwirtschaftliche Unternehmen in der Handelskammer registriert sind, gebe es allerdings noch Luft nach oben.
Bisher standen keine Daten und Informationen zu diesem Wirtschaftszweig zur Verfügung, weshalb das WIFO erstmals eine umfassende Analyse durchgeführt hat. Dafür wurde zum einen Umfrage unter 203 Direktvermarktern durchgeführt sowie mit 14 Expertinnen und Experten der Direktvermarktung Interviews geführt. „Mit dieser Studie haben wir einen Anhaltspunkt zum Stand der Dinge in der Direktvermarktung“, betonte Leo Tiefenthaler, Obmann des Südtiroler Bauernbundes (SBB). Man verfüge in Südtirol über ein sehr gut ausgebautes Genossenschaftswesen, nichtsdestotrotz gebe es vor allem bei den Jungbauern und -bäuerinnen eine wachsende Zahl, die sich für die Direktvermarktung interessieren. Mit ein Grund dafür sei der Wunsch, in einen engeren Kontakt mit den Kunden zu treten. „Der Bauernbund hat in den vergangenen Jahre sehr gut daran getan, die – im positiven Sinne – Lobby-Arbeit für die Direktvermarkter zu übernehmen, die keine große Organisation in ihrem Rücken haben“, so das Fazit des Bauernbund-Obmannes.
44,7 Millionen Euro Umsatz
Wie die Autoren der Studie, Urban Perkmann und Klaus Oberrauch, erklärten, sei es zum einen das Ziel gewesen zu erheben, wie viele Direktvermarkter in Südtirol tätig sind, welche Vermarktungssschienen sie nutzen, aber auch welche Chancen und Risiken sich aus dieser Tätigkeit ergeben. Laut Studie haben 455 Landwirte im Jahr 2019 mindestens 10.000 Euro Umsatz aus der Direktvermarktung ihrer Produkte erzielt. Der Gesamtumsatz belief sich auf 44,7 Millionen Euro, im Durchschnitt wurden pro Betrieb 98.400 Euro erwirtschaftet. Rund 11,5 Prozent der Betriebe haben mittlerweile eine beachtliche Größe erreicht und erzielten über 200.000 Euro Umsatz aus der Direktvermarktung, kleinere Betriebe (17,8 %) erreichten Umsätze zwischen 10.000 und 25.000 Euro. Die Produktpalette – pflanzliche wie tierische Produkte – hielt sich in etwa die Waage.
Die Landwirte setzten dabei vor allem auf die Produktion und die Vermarktung von Wein und anderen alkoholischen Getränken, aber auch frisches Obst und Gemüse, Eingelegtes/Eingemachtes sowie Käse und Milchprodukte, Fleisch und Fleischprodukte, Eier und Honig gehören zur Produktpalette. Beim Umsatz zeigte sich, dass vor allem die Produktion von alkoholischen Getränken ein einträgliches Geschäft ist: Beinahe die Hälfte des Gesamtumsatzes, nämlich 20, 6 Millionen Euro, entfielen auf Wein und andere Spirituosen. Es folgen Käse und Milchprodukte mit 7,2 Millionen Euro, verschiedene Produkte aus pflanzlichem Anbau mit 6,1 Millionen Euro sowie Eier mit 5,2 Millionen Euro. Es zeigte sich, dass die Umsatzentwicklung während der vergangenen fünf Jahre bei allen Produktgruppen durchwegs positiv ist und zwei Drittel der Direktvermarkter ihren Umsatz in diesem Zeitraum, bzw. seit Beginn der Tätigkeit, steigern konnten.
Ab-Hof-Verkauf und Bauernmärkte
Die meisten Direktvermarkter setzen auf den Ab-Hof-Verkauf, sind zudem auf den verschiedenen Bauernmärkten vertreten und bieten darüber hinaus Hauszustellungen an. Daneben zählen aber auch Gastronomiebetriebe, Einzel- und Zwischenhändler zu den Kunden der Direktvermarkter. Zwei Drittel (29,9 Millionen Euro) des Gesamtumsatzes wurde durch den Verkauf an andere Betriebe erzielt, nur ein Drittel (14,8 Millionen Euro) stammte aus dem direkten Verkauf an die Endkonsumenten.
Die Freude an der Landwirtschaft
Zu den wichtigsten Gründen für den Einstieg in die Direktvermarktung zählen die Erhöhung der Wertschöpfung am Hof, die Freude an der Verarbeitung von Produkten und die betriebliche Unabhängigkeit. Außerdem spielen die Möglichkeit, den Hof in Vollerwerb zu bewirtschaften und der direkte Kundenkontakt eine wichtige Rolle. Laut Einschätzung der Produzenten ist die Direktvermarktung im Vergleich zur Anlieferung an die Genossenschaften meist rentabler und die Produktqualität höher.
Höheres Risiko
Neben den vielen positiven Aspekten bringt die Direktvermarktung laut Einschätzung der Experten einige Herausforderungen mit sich. So gab die Hälfte der befragten Produzenten an, dass der Arbeitsaufwand sehr hoch sei, außerdem belasten gesetzliche Vorschriften, die aufwändige Vermarktung der Produkte und die hohen Investitionskosten die Direktvermarkter. Darüberhinaus erwarten sich die Kunden nicht nur eine konstant hohe Produktqualität, sondern auch schnelle Lieferzeiten erwarten. Mit dem Einstieg der Direktvermarktung eröffnen sich für den „Neu-Unternehmer“, nicht nur unzählige Möglichkeiten, sondern damit einher geht natürlich auch ein höheres Risiko. Der Direktvermarkter ist für die Produktion, den Verkauf, aber auch die Vermarktung zuständig. Von der Politik und den Verbänden wünschen sich die Direktvermarkter vor allem mehr Unterstützung für die Sensibilisierung der Konsumenten zum Kauf von regionalen Produkten und verstärkte Beratungsangebote in den Bereichen Vermarktung und rechtliche Regelungen wie beispielsweise Genehmigungen, Arbeitsrecht und Etikettierung.
Positiver Ausblick
54,2 Prozent der Produzenten planen zukünftig den Ausbau der Direktvermarktung, vorwiegend durch Erhöhung der Produktionsmenge. Einige wollen auch zusätzliche Produkte anbieten. Grundsätzlich blicken die Produzenten positiv in die Zukunft. 91,6 Prozent der befragten Direktvermarkter schätzen die Entwicklung in den nächsten fünf Jahren positiv ein, was auch daran erkennbar ist, dass zwei Drittel der Produzenten anderen Landwirten den Einstieg in die Direktvermarktung für bestimmte Produkte empfehlen. Wie der Direktor des WIFO erklärte, sind die Direktvermarkter davon überzeugt, dass dieser Bereich wachsen kann und eine Zukunft hat. Um die Direktvermarktung in Südtirol weiter voranzutreiben und die positiven Zukunftsperspektiven der Direktvermarkter zu sichern, sind zum einen die Direktvermarkter selbst und zum anderen die öffentliche Verwaltung sowie die Verbände gefordert. Der Schritt Richtung Direktvermarktung muss wohlüberlegt und geplant sein. Eine zentrale Rolle spielen dabei die Aus- und Weiterbildung und die Beratung. Mittlerweile sind die hochqualitativen Produkte der Direktvermarkter nicht nur für das Gastgewerbe, sondern auch für das Tourismusland Südtirol insgesamt ein wichtiger Imagefaktor und Mehrwert. Ein Fazit der Studie lautet deshalb, dass in einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen Tourismus und Direktvermarkung viel Potential liegt und dieses ausgebaut werden sollte.
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Südtiroler Baiernbundes -
Südtiroler Baiernbundes - kleiner Fehler bei der Beschriftung des Bildes.
Macht sie auch nicht sympatischer ...
In risposta a Südtiroler Baiernbundes - di Günther Stocker
Dankeschön für die Info, hab
Dankeschön für die Info, hab‘s ausgebessert. Liebe Grüße
Direktvermarktung ist ohne
Direktvermarktung ist ohne Zweifel ein sinnvoller Weg, wird aber auch in Zukunft die anderen Verkaufswege nicht überflüssig machen. Wenn eine Steigerung des Direktverkaufs gelingt, umso besser.
Den Direktverkauf zu fördern
Den Direktverkauf zu fördern ist sinnvoll :
- er bringt dem Erzeuger mehr ein,
- und fördert den wertvollen, regionalen Kreislauf.
Ohne Tourismus nur ein sehr…
Ohne Tourismus nur ein sehr kleiner Markt. Auf alle Fälle aber super für alle Konsumenten welche sich für das Gesicht dahinter interessieren und wo die Lebensmittel herkommen.