Culture | Universität Bozen

Die neue Dekanin

Die Anthropologin Elisabeth Tauber tritt mit dem heutigen Tag die Nachfolge von Nitzan Cohen an der Fakultät für Design und Künste der Freien Universität Bozen an.
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Foto: Freie Universität Bozen
  • Die schlechte Nachricht zuerst: Nach dem etwas mauen Statement der vorstehenden Uni-Köpfe Ulrike Tappeiner, Alex Weissensteiner und Günther Mathà vergangene Woche, hagelte es viel Kritik zur etwas oberflächlich formulierten Stellungnahme in Sachen Tragödie im Nahen Osten. In der Tat würde man sich von einer Universitätsleitung etwas mehr Tiefe und wissenschaftliche Schärfe erwarten. 
     

    Design und Kunst haben meine wissenschaftliche Arbeit bereichert und mir gezeigt, wie fruchtbar der Dialog zwischen verschiedenen Disziplinen sein kann.


    Die gute Nachricht kommt hingegen in dieser Woche, genauer gesagt heute, denn die Freie Universität Bozen hat mit 1. Oktober ihre erste Dekanin: Elisabeth Tauber. Die Anthropologin begann ihre wissenschaftliche Karriere 2011 an der Fakultät für Bildungswissenschaften und war seit 2016 parallel im Masterstudiengang Eco-Social Design der Fakultät für Design und Künste aktiv. Sie steht für das Interdisziplinäre. „Die interdisziplinäre Zusammenarbeit hat mir neue Horizonte eröffnet“, unterstreicht sie, etwa „die ‚Leichtigkeit‘ des gestalterischen Denkens, die Vielfalt der Perspektiven, einen außergewöhnlichen Teamgeist und das immense Potenzial praxisorientierter Forschung. Design und Kunst haben meine wissenschaftliche Arbeit bereichert und mir gezeigt, wie fruchtbar der Dialog zwischen verschiedenen Disziplinen sein kann.“

  • Interdisziplinarität an der Universität: "Designerinnen und Künstler denken ohnehin über Disziplingrenzen hinweg" Foto: SALTO

    Wie will Elisabeth Tauber die Geschichte zu Design und Bozen, die mit der legendären Akademie für Design unter der damiligen Führung des gegenwärtigen "SALTO-Malers" Benno Simma vor Jahrzehnten ihren Anfang nahm, weiterschreiben? „Als die Akademie von Benno Simma und später die Fakultät von Kuno Prey entstanden, beobachtete ich das aus Berlin – interessiert, aber nicht involviert“, sagt sie und dass sich „die Distanz in Verbundenheit verwandelt“ habe. „Heute stehen wir an einem anderen Punkt: Die Fakultät ist etabliert, ihre Qualität anerkannt. Nun geht es darum, unser Potenzial zu nutzen und uns als aktive Gestalter und Gestalterinnen inter- und transdisziplinärer Forschung auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene einzubringen.“
    Elisabeth Tauber folgt auf Nitzan Cohen, der nach sechs Jahren den Hut nimmt. Die Jahre als Dekan waren „herausfordernd, intensiv und fordernd“, stellt Cohen im Nachhinein fest, zugleich sei es aber durchaus „eine schöne Gelegenheit“ gewesen, „Wandel zu gestalten, Wachstum zu fördern und zu sehen, wie weit sich eine Vision in Realität übersetzen lässt.“

  • Nitzan Cohen blickt zurück und in die Zukunft: „Es wird arbeitsreich – und ich freue mich darauf: gemeinsam mit meinem Team Neugier in Prototypen zu übersetzen und Zukunft konkret mitzugestalten – wissenschaftsbasiert, ökologisch regenerativ, sozial gerecht und konsequent kreislauffähig.“ Foto: SALTO

    Während Cohens Zeit als Dekan wuchs die Fakultät von zwei Studienprogrammen – BA Design & Art und MA Eco-Social Design – auf fünf Studienprogramme. Der frischeste MA – also der sechste – mit dem Titel Critical Creative Practices steht in den Startlöchern. Glücklich ist Cohen auch über ein in Italien einzigartiges interdisziplinäres PhD-Programm und dass die Fakultät bei den Stammprofessorinnen und Stammprofessoren sowie bei den Forschungskapazitäten und Outputs „deutlich gewachsen“ sei. Nicht einfach war hingegen die Lehre während COVID, erinnert er. Es sei für ihn „die wohl größte Bewährungsprobe“ in seinen sechs Jahren als Dekan gewesen, um „Kontinuität von Lehre und Forschung zu sichern.“ Nach der Stabübergabe an Elisabeth Tauber blicke er nun „mit Zufriedenheit und Stolz zurück“, auf das, was er und die Fakultät gemeinsam erreicht hätten. Mit dem Ablauf des Dekanats starte er „in eine Forschungsperiode“, freut er sich, „in der ich mich auf meine eigene Designforschung konzentriere“, etwa im Design Friction Lab, einem multidisziplinären Research-Lab & Design-Studio an der Schnittstelle von Wissenschaft, Industrie und Innovation.„Dort arbeite ich an einem Buch und leite die laufenden Lab-Projekte.“
     

    Geduld für Tiefe, das Herstellen komplexer Zusammenhänge, das kritische Hinterfragen voreiliger Schlüsse.


    Und die neue Dekanin? Will die gelernte Anthropologin zu noch mehr Interdisziplinarität bei den angehenden Designerinnen und Designern aufrufen? „Die Interdisziplinarität muss ich nicht einfordern“, ist Tauber überzeugt, „Designerinnen und Künstler denken ohnehin über Disziplingrenzen hinweg. Als Anthropologin möchte ich vielmehr eine andere Qualität einbringen: die Geduld für Tiefe, das Herstellen komplexer Zusammenhänge, das kritische Hinterfragen voreiliger Schlüsse.“ Ihr Beitrag liege nun vor allem darin, „Prozesse des genauen Hinschauens und des differenzierten Verstehens zu fördern.“

  • Das Pünktchen auf dem i: Genaues Hinschauen und differenziertes Verstehen Foto: SALTO