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Der Versorgungsposten

Florian Zerzer wird der neue Generaldirektor der „Infranet AG“. Damit sein Jahresgehalt stimmt, muss man das Unternehmen aber vorher umbauen. Genau das geschieht gerade.
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Foto: Infranet AG
  • Es gibt Ausschreibungen, bei denen der Sieger bereits feststeht, bevor sie überhaupt veröffentlicht werden. 
    Eine solche Ausschreibung wird es demnächst bei der Infranet AG geben. Offiziell sucht man nach einem neuen Generaldirektor. Doch in Wirklichkeit ist dieser längst gefunden. 
    "Ich werde mich an der Ausschreibung beteiligen", bestätigt Florian Zerzer eine Exklusivmeldung von RAI-Südtirol. 
    Was er nicht sagt: Der Posten wird für ihn geschaffen.
    Denn die Landespolitik und die SVP haben entscheiden, dass der langjährige Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebes mit einem lukrativen Posten bedacht werden soll. Florian Zerzer, der im sogenannten Südtiroler Maskenskandal seinen Kopf hingehalten hat und immer noch hinhält, soll jetzt nicht im Regen stehen gelassen werden. „Er hat sich nichts zu Schulden kommen lassen“, sagt ein hochrangiger SVP-Funktionär, „deshalb verdient er sich auch einen leitenden Posten“
    In den vergangenen Monaten hat man dazu einen Schlachtplan entwickelt, den man jetzt still und leise umsetzen will. Die Operation ist auch ein Musterbeispiel, wie in Südtirol Personalentscheidungen im Graubereich zwischen öffentlicher Verwaltung, Regierungspartei und halbprivaten Unternehmen gefällt werden. 

  • Absurde Einstufung

    Nach dem Rekurs von Thomas Schael gegen die Vertragsverlängerung und dem Urteil des Verwaltungsgerichtes muss Florian Zerzer im Dezember 2023 seinen Posten als langjähriger Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebes über Nacht räumen. Mit dem neuen Jahr kehrte Zerzer damit an seinen eigentlichen Arbeitsplatz zurück. Florian Zerzer hat in Turin Wirtschaftsinformatik studiert und tritt 1993 als Mitarbeiter der Abteilung Informatik in den Landesdienst ein. 1996 beruft ihn der damalige Landesrat Werner Frick zu seinem persönlichen Referenten. Nach vier Jahren steigt der heute 58-jährige Vinschger zum Direktor der Abteilung Tourismus, Handel und Dienstleistungen auf. Zerzer gilt in den 1990er Jahren zusammen mit dem heutigen SVP-Parlamentarier und  SVP-Obmann in spe Dieter Steger als ein Mitglied der sogenannten „Buberlpartie“, die Frick in die Landesverwaltung geholt hat.

  • Florian Zerzer: Einstufung nur als Amtsdirektor. Foto: RAI Südtirol
  • 2004 folgt der nächste Karrieresprung. Florian Zerzer wird Ressortdirektor seines Vinschger Landsmannes und Landesrates Richard Theiner. 14 Jahre lang nimmt er diese Rolle ein, bis er 2018 als Generaldirektor in den Südtiroler Sanitätsbetrieb wechselt.
    Nach diesem beruflichen Werdegang müsste Florian Zerzer eigentlich in das Führungskräfteverzeichnis der ersten Ebene eingestuft werden. Doch bei der Neuordnung und Neubewertung der Führungskräfte 2022/23 hat Zerzer andere Sorgen und kümmert sich um seine Einstufung kaum. Auch weil er nicht daran gedacht haben dürfte, den Sanitätsbetrieb zu verlassen.
    Damit geschieht etwas Absurdes. Während ein Großteil der Führungskräfte des Sanitätsbetriebes im Führungskräfteverzeichnis der ersten Ebene aufscheint, trägt man den obersten Sabes-Verantwortlichen nur in das Verzeichnis der zweiten Ebene ein. Also in jedes der Amtsdirektoren.
    Die Folge: Nach seiner Rückkehr in den Landesdienst kann Florian Zerzer kein Spitzenauftrag im Landesdienst erteilt werden. Man kann ihm höchstens eine Amtsdirektion zusprechen.

  • Der Sonderauftrag

    Wir groß der finanzielle Abstieg damit aber ist, wird anhand der Zahlen deutlich. Als Generaldirektor des Sanitätsbetriebes hatte Florian Zerzer ein besteuerbares Einkommen (2021) von 212.562,79 Euro. Als Amtsdirektor kommt er aber kaum auf ein Drittel davon.
    Weil man diese Degradierung so nicht umsetzen will und kann, stellt man Zerzer 2024 im Landesamt für Personalwesen an. Dazu erfindet man für den Rückkehrer eigens „einen Sonderauftrag zur Digitalisierung des Amtes.“. 

  • Personalamt: Erfundener Auftrag und Zwischenparkplatz. Foto: Manuela Tessaro
  • Allen ist dabei klar, dass diese Beschäftigung nur ein vorrübergehender Parkplatz für den ehemaligen Sanitätsmanager sein soll. Gleichzeitig versucht die Landespolitik, für Florian Zerzer ein neues Betätigungsfeld zu finden. Sein Name ist sowohl als neuer Generaldirektor der Pensplan AG als auch als Generalsekretär der Regionalregierung ernsthaft im Gespräch.
    Weil aber immer noch eine mögliche Anklageerhebung im sogenannten Maskenskandal wie ein Damoklesschwert über Zerzers Zukunft schwebt, wäre eine dieser Nominierungen, die mit den Trentiner Koalitionspartner abgestimmt werden müssen,  politisch für Arno Kompatscher & Co ein zu gefährliches Unterfangen. 
    Jetzt hat man eine Lösung gefunden, bei der die Öffentlichkeit nicht so genau hinschauen kann.

  • Hybride Gesellschaft

    Infranet-Sitz: Öffentliches Geld, aber privatrechtliches Unternehmen. Foto: http://bcloud.brennercom.it

    Denn die im Dezember 2016 gegründete Infranet AG ist ein hybrides Gebilde. Das Unternehmen mit einem Gesellschaftskapital von 231.367.401 Euro hat drei öffentliche Gesellschafter. 99,22 Prozent der Infranet gehören dem Land Südtirol. 0,55 Prozent der Selfin GmbH und 0,23 Prozent den Stadtwerken Brixen.
    Obwohl das Kapital damit ausschließlich aus öffentlichen Geldern stammt, ist die Infranet aber keine öffentlich-rechtliche Gesellschaft. Auf der Infranet-Homepage heißt es: 

    „Infranet ist eine Aktiengesellschaft unter der Kontrolle von öffentlichen Einrichtungen und führt hauptsächlich eine Tätigkeit als Aktiengesellschaft mit öffentlicher Beteiligung, aber von privatem Recht aus. Zudem ist Infranet keine öffentlich-rechtliche Körperschaft.“

    Diese hybride Rechtsform hat ihren Hintergrund in den EU-Bestimmungen, die besagen, dass die öffentliche Hand auf dem Gebiet des Breitbandnetzes den privaten Unternehmern nicht direkte Konkurrenz machen darf.
    In diesem Niemandsland zwischen öffentlicher Verwaltung und Privatunternehmen soll Florian Zerzer jetzt seine berufliche Heimat finden. Doch dafür muss das Unternehmen erst noch umgebaut werden.

  • Der Umbau

    Generaldirektor Florian Fiegl: Soll zum technischen Direktor gemacht werden. Foto: Privat

    Nach der Gründung der Infranet wird der bis dahin bei der Rundfunkanstalt Südtirol (RAS) beschäftigte Florian Fiegl an die Spitze der Gesellschaft abkommandiert. Der heute 50-jährige Meraner Geometer wird am 1. Juli 2017 zum Generaldirektor der Infranet ernannt. Zwei Jahre später wird Fiegl mit der Bozner Wirtschaftsberaterin und früheren Generaldirektorin der Landesgesellschaft „Südtirol Finance AG“, Laura Nogler, eine Vizedirektorin als CFO zur Seite gestellt.
    Anfänglich wird die Infranet AG von einem dreiköpfigen Verwaltungsrat geführt, dem jahrelang der hds-Präsident Philipp Moser vorsteht. Anfang 2021 wird der Infranet-Verwaltungsrat aber aufgelöst und durch einen Alleinverwalter ersetzt. Zuerst übernimmt der Bozner Wirtschaftsberater Christoph Brandt diese Aufgabe, wird dann aber von Eppaner Wirtschaftsberater Philipp Oberrauch abgelöst. Oberrauch führt das Unternehmen eigentlich zur Zufriedenheit aller. Seine Amtszeit verfällt aber mit der aktuellen Bilanzgenehmigung.
    Das soll auch der Stichtag für einen nachhaltigen Umbau der Infranet sein. 

  • Zwei Probleme

    Florian Fiegl soll bei Beibehaltung seiner Bezüge als eine Art technischer Direktor eingestuft werden. Florian Zerzer soll hingegen den Posten des Infranet-Generaldirektors übernehmen.
    Politisch zuständig für die Infranet ist Landeshauptmann Arno Kompatscher. Für die Umsetzung soll der Generaldirektor der Landesverwaltung, Alexander Steiner, sorgen.
    Doch bei der Umsetzung gibt es derzeit noch zwei konkrete Probleme. Zum einen muss man entscheiden, was man mit Laura Nogler tut. Denn die Wirtschaftsberaterin erfüllt derzeit einen Großteil der Aufgabe, die für Florian Zerzer vorgesehen sind.
    Vor allem aber geht es um die Entlohnung. Infranet-Alleinverwalter Philipp Oberrauch erhält derzeit eine Jahresentschädigung von knapp 70.000 Euro.
    Diese Gehaltsklasse ist für Florian Zerzer aber zu niedrig. Dann kann er auch Amtsdirektor bleiben, mit weit weniger Verantwortung. Man geht davon aus, dass der neue Generaldirektor der Infranet um die 150.000 Euro verdienen muss.
    Es dürfte nur ein Zufall sein. Aber noch vor der geplanten Ausschreibung des Generaldirektors hat die Infranet jetzt einen Job als „Beauftragten für Kommunikation“ ausgeschrieben.
    Diesen wird man spätestens jetzt brauchen.