Culture | Bibliophile Fragen

„Ich bräuchte eine sehr große Insel“

Der Autor Gabriele Di Luca stellt am Dienstag sein neues Buch vor. Für SALTO hat er bereits die "immer gleichen Fragen‘" beantwortet.
Di Luca, Gabriele
Foto: Privat
  • SALTO: Welches Buch hat Sie in Ihrer Kindheit nachhaltiger geprägt, als Sie damals je geglaubt hätten?

    Gabriele Di Luca: Ohne Zweifel Pinocchio, das ist auch eines der Bücher meines Lebens. Ich glaube, wenn ich es nicht gelesen hätte – oder besser gesagt gehört, dank der wöchentlichen Schallplatten, die mir mein Vater kaufte –, wäre mein Verhältnis zur Sprache und zur Welt heute grundlegend anders.

    Welcher letzte Satz eines Romans ist und bleibt für Sie ganz großes Kopfkino?

    Der gesamte Absatz, mit dem La cognizione del dolore von Gadda endet. Es handelt sich um eine Wortkombination, die das Potenzial der italienischen Sprache auf unvergleichliche Weise zum Ausdruck bringt und dabei eine Dichte, aber auch eine Leichtigkeit erreicht, wie sie nur ganz wenige – sowohl in der Poesie als auch in der Prosa – erreicht haben.
     

    Deshalb wundert es mich nicht, dass auch im literarischen Bereich der Müll geschätzt wird.

  • Stiefmütterliche Neuerscheinung: Präsentation des Buches „Lingue matrigne: la menzogna del bilinguismo in Alto Adige/Südtirol” mit dem Autor im Gespräch mit Donatella Trevisan. Am Dienstag 7. Oktober, 17.30 Uhr, Centro Trevi – TreviLab, Bozen Foto: Edizioni Alphabeta Verlag

    Reimen ist doof, Schleimen ist noch doofer… Auf welches – anscheinend gute – Buch konnten Sie sich nie wirklich einen Reim machen?

    Es gibt ziemlich viele Bücher, für die ich keinen Zugang gefunden habe. Aber das erste, das ich vielleicht nennen könnte, ist Adornos „Ästhetische Theorie“.

    Ein Fall für Commissario Vernatschio. Wie erklären Sie einem Außerirdischen die geheimnisvolle Banalität von Lokalkrimis?

    Die Menschen ernähren sich oft von Schund; ein raffinierter Geschmack war schon immer und wird auch immer nur wenigen vorbehalten sein. Deshalb wundert es mich nicht, dass auch im literarischen Bereich der Müll geschätzt wird.

    Gewichtig! Welchen Buch-Tipps schenken Sie noch uneingeschränkt Vertrauen?

    Ich schenke praktisch nichts uneingeschränktes Vertrauen, sorry.

    Was für ein Fehlschlag! Welches Buch würden Sie auf einer einsamen Insel zurücklassen?

    Ich bräuchte eine sehr große Insel, denn es gibt wirklich zu viele Bücher, die es nicht verdienen, vor dem Vergessen bewahrt zu werden (wenn ich die Frage richtig verstehe). Trotzdem fällt es mir schwer, mich von den Büchern zu trennen, die ich gelesen habe, also denke ich, dass ich die Insel sauber lassen würde, ohne Papierkram herumliegen zu lassen.

    Das Rauschen des Blätterns. Welches Buch würden Sie auf keinen Fall am E-Book-Reader lesen?

    Für mich stellt sich diese Frage gar nicht: Alle Bücher, die ich lese, sind aus Papier.

    Welches Buch zu Südtirol oder eines/einer Autors/Autorin aus Südtirol würden Sie unbedingt weiterempfehlen?

    „Traurige Vergnügungen“ von Enrico De Zordo, ein äußerst intelligentes, sehr unterhaltsames und hervorragend geschriebenes Buch, das auch über Südtirol handelt, aber natürlich nicht nur. Leider kennen es nur wenige, denn, wie ich schon sagte, Intelligenz, Ironie und guter Geschmack sind äußerst seltene Eigenschaften, und Südtirol bildet da sicher keine Ausnahme.