Economy | Konkurrenz

Gegen das Frächter-Sterben

Immer mehr heimische Transportunternehmen schließen. Was Mobilitätslandesrat Florian Mussner dagegen zu tun gedenkt.

“Sofort einlenken” müsse die Politik, um der “Billigkonkurrenz aus dem Osten” den Kampf anzusagen. Das fordern die Südtiroler Frächter seit einiger Zeit. Denn LKW-Unternehmen aus den neuen EU-Ländern, Moldawien und der Ukraine treten in direkte Konkurrenz zu den Südtiroler Transporteuren. Ganz zu schweigen von den zum Teil menschenunwürdigen Bedingungen, unter denen die LKW-Fahrer aus dem Osten arbeiten.  “Geringe Lohn- und Sozialstandards sowie extrem niedrige Dieselpreise im grenzüberschreitenden LKW-Verkehr erhöhen den Wettbewerbsdruck auf die hiesige Branche enorm”, warnen die Frächter. Die Folge seien immer öfter Betriebsschließungen von lokalen Transportunternehmen. Dass dies allemal den Tatsachen entspricht, belegt nun die Antwort von Mobilitätslandesrat Florian Mussner. Andreas Pöder von der Bürgerunion hatte sich der Sorgen und Bedenken der Frächter angenommen und bei Mussner nachgefragt.


Anzahl der Transportbetriebe rückläufig

Wie viele Südtiroler Transportunternehmen mussten in den Jahren 2010 bis 2016 geschlossen werden? Und welche Vorkehrungen gedenkt die Landesregierung zu treffen, um die heimischen Frächter vor der Billigkonkurrenz aus dem Osten zu schützen bzw. deren Wettbewerbsnachteile zu verringern? Diese beiden Fragen wollte Pöder geklärt haben. Aus der nun vorliegenden Antwort von Landesrat Mussner geht hervor, dass es zwischen 1. Jänner 2010 und 7. März 2016 93 Unternehmen, die internationale Transporte durchführen, ihre Tätigkeit eingestellt haben. Von diesen 93 haben wiederum 31 die Tätigkeit in einem Nachfolgeunternehmen fortgeführt und 23 aus anderen Gründen die Tätigkeit eingestellt.

Auf die gesamte Branche bezogen hat es im selben Zeitraum allerdings 406 Betriebsschließungen unter den heimischen Transportunternehmen gegeben. Denen stehen 260 Betriebsgründungen gegenüber. Was bedeutet, dass die Anzahl der Transportbetriebe in den vergangenen sechs Jahren um 146 gesunken ist.


Attraktiver und aufgewertet

In Antwort auf Pöders zweite Frage erinnert Mussner an den Beschluss der Landesregierung vom September 2015, in dem die Errichtung einer fixen LKW-Kontrollstelle bei der Mautstelle Sterzing gutgeheißen wurde. “Damit kann effektiver kontrolliert werden, auch was die Frächter aus Osteuropa anbelangt”, schreibt der Landesrat. An der Kontrollstation, die von der Brennerautobahn AG eingerichtet werden soll, könnten insbesondere die Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen zum Schutz des Wettbewerbs bei ausländischen Fahrern und Fahrzeugen überprüft werden. Wie genau, führt Mussner nicht weiter aus. Als zweiten Ansatzpunkt nennt der Landesrat mögliche Investitionen in die Ausbildung von jungem Fahrpersonal in Südtirol, “eventuell auch durch Erlernen des Berufs im Rahmen der dualen Berufsausbildung”. Werde der Beruf des LKW-Fahrers als Lehrberuf eingestuft, “wäre das sicher eine Aufwertung dieses Berufsbildes”, zeigt sich Mussner überzeugt. Mehr heimische Fahrer bedeute gleichzeitig auch, dass die Anleihe von Fahrern aus dem Osten über verschiedene Agenturen für Südtiroler Transporteure nicht mehr so interessant wäre.

Doch schließlich und endlich können nur Vorkehrungen auf EU-Ebene die Frächter aus den “alten” EU-Ländern vor der Billigkonkurrenz aus dem Osten Europas schützen. Etwa durch die Anpassung der Löhne sowie der Sozialbeiträge für fahrendes Personal in der gesamten EU. Auch die Einführung des Grundsatzes, dass EU-weit das gleiche Arbeitsentgelt für die gleiche Arbeit am gleichen Ort gilt, wäre ein Schritt in diese Richtung, schließt Mussner.

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Martin Senoner Tue, 04/05/2016 - 11:24

In Wirklichkeit litten (leiden) Südtirols Transportunternehmen unter den Folgen der Wirtschaftskrise. 2015 hat sich allerdings der Trend sowohl bei den Betreibsgründungen als auch bei den Zulassungen der Fahrzeuge umgekehrt!

Tue, 04/05/2016 - 11:24 Permalink
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Fritz Gurgiser Tue, 04/05/2016 - 17:53

Buongiorno, guten Morgen, auch schon aufgewacht, könnte man über den Brenner in den Süden rufen. Alles seit mehr als 20 Jahren bekannt und seit Mai 2004 mit der EU-Mitgliedschaft der ehemaligen Oststaaten de facto legalisiert. Sogar soweit, dass die großen Speditionen zwar noch ihre Firmenaufschriften auf den Fahrzeugen haben, die Kennzeichen aber eine andere Nationalität zeigen - steuerschonend in einem Billiglohnland gemeldet, so wie die "Sklaven der Landstraße" hinter dem Lenkrad. Die an den Wochenenden auf den Parkplätzen ihre Gaskocher im Betrieb haben, weil sie sich in den Raststätten nichts leisten können. Wer will schon gerne für einen Cappuccino rund 4 Euro bezahlen?
Nein, ich möchte gar nicht spotten, weil das Thema viel zu ernst ist und diese Art der Beschäftigung menschenunwürdig ist. Und auch jetzt - es geht in Wahrheit nicht um die Fahrer, die wie Sklaven gehalten werden - es geht um den Verlust der Geschäfts- und Marktanteile im Nord-Süd-Transitverkehr. Und darum, dass vielleicht einmal einige in den eigenen Spiegel schauen: Wer hat denn all dem zugestimmt auf europäischer Ebene, wer hat sich nicht für sich selbst egoistisch ein paar "Vorteile" erwartet, wer wollte denn nicht den "großen liberalisierten Binnenmarkt" mit seiner Flotte erobern? Die großen Speditionen lagern ihre Flotten aus, drücken die Preise und die kleinen geben auf oder werden ruiniert. Keine Kontrollstelle der Welt kann aber gegen "Dumping" vorgehen, damit das klar ist - an Kontrollstellen kann nur die Einhaltung bestehender Regelungen bezgl. Lenk- und Ruhezeiten (werden auch gerne von Frächterverbänden bekämpft), Gewicht, Abmessungen, Fahrzeugzustand und das Entrichten von Gebühren überprüft werden. Nicht aber, zu welchem Schandlohn der Fahrer hinter dem Lenkrad sitzt.
Zeit, vieles zu ändern und Zeit, dass sich Frächterverbände mit Fahrergewerkschaften verbünden, wenn es ernsthaft darum gehen soll, eine Berufsgruppe ordentlich zu entlohnen und sie auch pensionsmäßig abzusichern.
LG
Fritz Gurgiser
www.transitforum.at

Tue, 04/05/2016 - 17:53 Permalink