Kunst in allen Himmelsrichtungen
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Die Idee zu diesem Text ist es, eine Orientierungshilfe in einer mit Kulturangeboten dicht gespickten Woche zu bieten und Bewohnern und Besuchern der Landeshauptstadt kurz Aufschluss zu bieten, was bei der BAW an Projekten umgesetzt wurde. Da es sich um für die BAW realisierte Projekte handelt, haben sie einen klaren Bezug zum diesjährigen Motto „play_ground“ (Spiel Platz).
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Der Norden - Das Spiel der anderen
Elisa Cappellari hat sich in ihrer Arbeit in der Landesbibliothek Teßmann mit dem Spielverhalten eines der intelligentesten Tiere neben dem Mensch befasst. „Gioca pure, giocate!“ blickt auf das Spielverhalten von Papageien. In einen, durch die Kanten stilisierten Kubus, der symbolisch als Vogelkäfig gelesen werden kann, wurde an einem Eck ein bebilderter Würfel gehängt. Auch hier handelt es sich um ein klassisches Symbol für Spiele. Zu sehen sind darauf sechs ausgewählte Spielsachen, die Vögel nutzen.
Der Würfel, auch ein Symbol des Zufalls, kann als Betonung, der in der äußeren Betrachtung willkürlich wirkenden Auswahl bespielbarer Gegenstände, interpretiert werden. Die Künstlerin unterstreicht damit auch, wie viel wir noch nicht über das Spielverhalten von Tieren wissen, das in starker Korrelation zu Intelligenz gesehen wird. Wir sind außenstehende Betrachter, denen man die Regeln des Spiels nicht erklärt hat. Einen spannenden Bezugspunkt bietet heute Abend, 17 Uhr, zwei Hausnummern weiter, die Finissage von Daria Akimenkos Circa 365.
Der Osten - SandburgenbauenIm Alma9 in der Schlachthofstraße, zeigt sich der spielaffine Künstler Masatoshi Noguchi, der auch zur ans Spiel angelehnten Ausstellung im Spazio Cut beigesteuert hat, bescheidener als in seiner Tiergalaxie oberhalb eines Friseursalons. Mit „Sanding Memory“ ist aber wieder ein Spiel mit Größenverhältnissen, Bestand und Vergänglichkeit, Kindheit und Alter, geglückt.
Die Pyramiden als Form, welche ja bekanntlich als Grabanlagen und Monument für Pharaonen dienten, kontrastieren eindrucksvoll mit dem Material: Aus Sand geformt, stellen sie für den Künstler einen Bezug auch zur Sandspieltherapie, in der Kindheitserlebnisse aufgearbeitet werden, her. Die Angst vor dem Tod und Vergessen der Pharaonen trifft damit auf die psychologische Notwendigkeit halbvergessene, unterdrückte Erinnerungen wieder auszubuddeln. Ganz in der Nähe steht heute durch aplacetob(z), ein besonders weitläufiger „Spielplatz“ offen.
Der Süden - Wind und RegenIm Noi-Techpark, wo gestern auch Thomas Feuersteins „METABOLICA (Moby Dick)“, Teil des Werkkomplexes „Hope“, dem dritten Teil der „Techno Humanities“ des Museion eröffnet wurde (lesen Sie zu beiden Punkten morgen mehr), wartet mit „Rain“ eine verhältnismäßig kleine Arbeit auf ihre Entdeckung. „Rain“, ein Werk von Dmitrii Khramov und Mariia Khramova, erinnert auf den ersten Blick an ein Windspiel, in einem schwarz-spiegelnden Kubus.
Sechs mal sechs vertikal gehängte Elemente können im Innenraum allerdings weder vom Wind, noch vom Besucher berührt werden. Bodenhinweise verbieten sowohl das Eintreten in die Blackbox, als auch den physischen Kontakt mit dem Werk. Ist ein archaisch gestaltetes, unnahbares Windspiel denn überhaupt noch ein Spiel? Und was geschieht mit - etwa antiken - Spielsachen, die nicht mehr zum Spiel dienen (dürfen)? Eine Spielwiese für Fragestellungen, die uns durch eine gewisse Display-Ästhetik auch in den digitalen Raum führen könnte.
Das Zentrum - Spielerisches ArbeitenIm Zentrum, dort, wo was Rang und Namen hat, sich trifft um Hof zu halten (und wo im vergangenen Jahr die Erinnerung an eine Wolke für Aufsehen sorgte; wir werden nie vergessen), also im Palais Campofranco, findet sich heuer eine Arbeit, die im ersten Moment an das Gegenteil von Spiel - eben Arbeit - denken lässt. „PINO“ von Maria Walcher ist eine auf den ersten Blick naturgetreue Nachbildung des Arbeitsplatzes - in Pressetexten ist von seinem „Thron“ die Rede - des ältesten Schuhputzers Siziliens. Aus praktischen Gründen sitzt an eben diesem Ort, Pino - oder wer seinen Part spielt - tiefer als seine Kunden, das hierarchische Verhältnis ist allerdings allein schon dadurch durchlässig, dass deren Stuhl aussieht wie ein übergroßer Kinderhochsitz.
Die Künstlerin beschränkt sich allerdings nicht auf reine Nachahmung, sondern hat dem Objekt gewissermaßen ein Eigenleben gegeben. Durch eine, im Kunstwerk verbaute Klang-Installation, wirft der Stuhl Fragen auf - oder gibt Kommandos - so dass einer spielerischen Interaktion nichts im Wege steht. Heute Abend, zwischen 16 und 18 Uhr wird die Installation übrigens noch einmal mit einer Live-Performance bespielt. Allzu weit hat man es vom Palais auch nicht in die SALTO-Redaktion, wo noch heute Künstler und Kunstwerke des SALTO-Artstores anzutreffen sind. Die Tür in der Dr. Streiter Gasse 10a steht offen.
Der Westen - Alltägliches in den SternenIn Richtung Sonnenuntergang, im Gemeinschaftszentrum Maria Heim, beginnt morgen um 11 Uhr früh der letzte BAW Tag mit der Enthüllung und einer Performance zum letzten, durch die BAW geförderten und ausgezeichneten Projekt. „Bon Ton“ von Caterina Nebl und Anna Maconi ist damit - und durch eine Abwesenheit von konkreten Bildern, wie auch recht allgemein gehaltene Presseinformationen - das bislang am wenigsten greifbare Projekt.
Der, für Installation, Video und Performance genutzt Raum, lässt aus Alltäglichkeit eine Figur in Erscheinung treten, welche an Buster Keaton erinnern soll, das Fräulein Bo, zu deren Eigenschaften Zartheit und Neugier zählen. Das passt ganz gut zu den Porzellantellern, die wir auf den Projektbildern zu sehen bekommen. Zu hoffen bleibt, dass nichts zu Bruch geht und wenn doch, dann bringt das vielleicht Glück dafür, dass die nächsten Bolzano Art Weeks in eine etwas weniger hektische Zeit fallen könnten.