Hart, klar, ehrlich und ohne Tricks
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Der Rahmen im Pressezentrum der Partei war spartanisch: Tisch, Mikrophon, die Österreichfahne und Kickl mit offenem Hemdragen, Hornbrille und Zweitagesbart. Freundlich in die Kamera blickte Kickl nur bei der Begrüßung „Liebe Österreicherinnen und Österreicher“. Den Rest der vom ORF live übertragenen 25-Minuten-Rede hielt der FPÖ-Chef betont ernst, besonnen und ganz gegen seine Art ohne Emotion oder gar Ausfälligkeit. Aber die Inhalte und Botschaften der sprachlich gefeilten und größtenteils vom Blatt gelesenen Rede hatten es dann schon in sich.
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„Die Regierenden haben das Land an die Wand gefahren“
Schuld an der schweren Krise des Landes mit enormen Staatschulden und der Gefährdung des Wirtschaftsstandortes seien die Vorgängerregierung und ihre Unterstützer, also die „Einheitspartei“. Aber nicht nur Geld sei in gigantischer Dimension verloren worden, sondern auch das Vertrauen der Bevölkerung. Deshalb sei sein Rezept dagegen einfach „Österreich ehrlich zu regieren“. Es brauche nach Jahren des Niedergangs jetzt einen dringenden politischen Feuerwehreinsatz und dann einen Wiederaufbau. Er, Kickl, strecke der ÖVP die Hand entgegen, obwohl es für ihn gar nicht leicht sei, nach allem was geschehen sei und bei ihm etliche Narben hinterlassen habe. Aber im Interesse des Landes sei er zur Zusammenarbeit bereit, sofern die Volkspartei gewisse Bedingungen erfülle.
- Die ÖVP müsse die Verantwortung für die begangenen Fehler, die das Land in die Krise geführt haben, eingestehen;
- Die ÖVP müsse endlich anerkennen, wer die letzte Wahl gewonnen hat und wer der Verlierer ist – was bisher nicht eindeutig geschehen sei (FPÖ 28,8%, ÖVP – 26,3%);
- Und klar müsse sein: „Keine Spielchen, keine Tricks, keine Sabotage, keine Quertreiberei, keine Politik um des Machterhalts willen“;
- Die ÖVP müsse außerdem als Verhandlungspartner geschlossen, homogen und stabil sein, einheitliche Positionen vertreten. „Die Ansprechpartner müssen auch die sein, die dann die Entscheider sind, damit nicht alle paar Monate irgendwelche Anderen im Kommandostand irgendeine andere Richtung einschlagen.“
- Und wörtlich: „Wenn das alles nicht gewährleistet ist, dann war´s das schon wieder, das sage ich in aller Klarheit, dann gibt’s halt Neuwahlen.“
Um die Ernsthaftigkeit der Drohung mit Neuwahlen zu unterstreichen, betonte Kickl mehrmals im Laufe seiner Rede, wie sehr sich der Abstand zwischen FPÖ und ÖVP in den Meinungsumfragen innerhalb der letzten drei Monate zugunsten der FPÖ vergrößert hat (ein weiteres Plus zwischen 5 und 7% für die Freiheitlichen). Zu konkreten inhaltlichen Fragen oder Vorhaben sagte Kickl nichts. Es ging ihm offensichtlich vor allem darum, die Methode und seine Bedingungen für die Koalitionsverhandlungen und somit auch für ein eventuelles zukünftiges Regieren zu deponieren.
Kickls absoluter FührungsanspruchDie Reaktionen so gut wie sämtlicher Kommentatoren auf Kickls Rede waren eindeutig. Am mildesten lautete die Formulierung „Kickl hat der ÖVP die Rute ins Fenster gestellt“. In der Zib1 des ORF bezeichnete der Kommentator die Ansagen Kickls als ein „Demütigen der ÖVP“. Im Leitartikel der konservativen „Die Presse“ charakterisiert Oliver Pink den Auftritt des Kanzleranwärters als „wenig einladend, sondern schuldzuweisend und unterschwellig aggressiv. Taktisches Feingefühl fehlt Kickl offenbar. Außer er legt es ohnehin auf Neuwahlen an.“ Und für Pink bleibt ein Zustandekommen einer FPÖ-ÖVP-Regierung alles andere als sicher. Der linksliberale „Standard“ titelt „Herbert Kickls ausgestreckte Faust“ und Kommentator Michael Völker ordnet die Kickl-Rede als „brutale Drohung“ und als unumwundene Forderung zu einer „Unterwerfungsgeste“ der ÖVP ein. Von der ÖVP selbst gab es bisher keine offizielle Stellungnahme, lediglich Klubobmann August Wöginger meinte auf eine Journalistenfrage, man werde jetzt „vertrauensbildende Maßnahmen“ treffen.
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Naja, was hat man erwartet?…
Naja, was hat man erwartet? Vonseiten der ÖVP hat man Herrn Kickl drei Monate lang ausgerichtet, dass er ein Nazi sei, in keiner im Parlament wolle, man nie, nie aber auch GAAARRR nie mit ihm koalieren würde und jetzt muss man zu Kreuze kriechen in einer Position der maximalen Schwäche. In dieser total verfahrenen Situation sollte man in Neuwahlen gehen. Kickl kann beweisen ob er wirklich 35% oder mehr der Wähler hinter sich scharen kann und die ÖVP muss sich entscheiden ob man mit einer klaren Koalitionspräferenz für Blau-Schwarz oder Schwarz-Blau ins Rennen geht oder einem stringentem Anti Kicklkurs, den man nach der Wahl dann aber auch durchhalten muss.
In der ÖVP gibt es auch…
In der ÖVP gibt es auch genug Nazis … wenn ich‘s so recht bedenke ist Österreich eigentlich das Ursprungsland … Hitler war Österreicher!
Ein Trauerspiel. Eine…
Ein Trauerspiel. Eine Demontage des österreichischen Sozialstaats steht uns somit wohl bevor.
Solidarische Bündnisse von Unten werden in den nächsten Jahren wichtiger denn je. Wo der Staat versagt, müssen wir als Zivilgesellschaft uns organisieren und dafür sorgen, Menschen aufzufangen.
Der Giftzwerg hat m.M. nicht…
Der Giftzwerg hat m.M. nicht das Format zu regieren.
Der Titel sagt's doch: Hart,…
Der Titel sagt's doch: Hart, klar, ehrlich und ohne Tricks.
Kickl kann es sich jetzt leisten, so kompromisslos zu sein. Er hat die gewonnene Wahl im Rücken, ebenso traumhafte Umfragewerte. Die Bevölkerung scheint auf seiner Seite zu sein.
In reply to Der Titel sagt's doch: Hart,… by Stereo Typ
Selbst 35% sind nicht "die…
Selbst 35% sind nicht "die Bevölkerung". Im Gegenteil, 65% sind NICHT für Kickl. Das vergessen manche gerne.
“Hart, klar, ehrlich und…
“Hart, klar, ehrlich und ohne Tricks”... mir fällt dazu Strache ein, der meinte das doch genauso.
Der Kickl versucht jetzt,…
Der Kickl versucht jetzt, die ÖVP zu erpressen. Wenn sie sich nicht erpressen lässt, dann ist ihm das auch egal, weil er sich von Neuwahlen aufgrund der Umfragewerte einen weiteren Stimmenzuwachs erwartet. Dem Putin kann die Entwicklung in Wien nur recht sein, und den Faschisten in Rom und Bozen auch, weil sie wissen, dass sie von Kickl außer vielleicht ein wenig augenzwinkerndem Theaterdonner in Sachen Südtirol nichts zu befürchten haben. Eine Krähe hackte der anderen kein Auge aus.
In reply to Der Kickl versucht jetzt,… by Hartmuth Staffler
Ich denke auch, dass Knoll…
Ich denke auch, dass Knoll sich da auf den Falschen verlässt. So einen "Südtirolfreund" gab es schon einmal. Was dabei herausgekommen ist, wissen wird.