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Society | Pollo der Woche

Herr Hohlmann

Cristian Kollmann glaubt allen Ernstes, ein Liberaler zu sein. Dabei ist er der Prototyp eines Fanatikers. Die Mussolini-Aktion hat das mehr als deutlich gezeigt.
Der Mann redet ein Deutsch, das er irgendwo zwischen Vorpommern und Dresden aufgeschnappt haben muss. In Wirklichkeit kommt Cristian Kollmann aber aus Deutschnonsberg. Genauer gesagt Laurein.
Dort an der Sprachgrenze – den welschen Feind tagtäglich in Aug und Ohr – hat der Pressesprecher der Süd-Tiroler-Freiheit den Volkstumskampf bereits mit der Muttermilch aufgesogen. Schon in den ersten Lebenstagen wird der junge Kollmann Opfer einer schweren Ungerechtigkeit der Besatzungsmacht. Ein Standesbeamter in Cles vergisst das H in seinem Vornamen. Seitdem muss er als Cristian durchs Leben gehen.
Es dürfte ein Erlebnis gewesen sein, das Cristian Kollmann nachhaltig geprägt hat.
Denn nur so ist es zu verstehen, dass ein junger, intelligenter Mensch zu einem so engstirnigen Fanatiker werden kann.
„Aus Kollmanns Outing und seiner sexuellen Konnotation aber abzuleiten, dass er eine Liberaler sei, ist eine Beleidigung für jeden wirklich frei denkenden Menschen.“
 
Cristian Kollmann, heute 45 Jahre alt studierte Romanistik, Germanistik und Sprachwissenschaft in Innsbruck und München. Er schreibt zwei Bücher, in denen es ebenfalls um Namen und Sprache geht: Das „Luxemburger Familiennamenbuch“ und „Grammatik der Mundart von Laurein“.
Fünf Jahre lang arbeitet der Sprachwissenschaftler für das Südtiroler Landesarchiv. Seitdem führt Kollmann den Titel „ehemaliger Landestoponomast“. Dass 99 Prozent der Weltbevölkerung nicht wissen, was Toponomastik ist und sich noch weniger etwas unter einem „Landestoponomasten“ vorstellen können, fällt in Südtirol kaum jemandem auf. Sicher hingegen ist, dass der Nonsberger Akademiker letztlich vom bösen Grünen Hans Heiss aus dem Landesdienst gemeuchelt wurde. Es gab mehrere Prozesse, wo am Ende der ebenfalls rot-grüne Staatsrat jenen Mann aus dem Landesdienst entfernt hat, der im Alleingang und innerhalb einer Woche den leidigen Ortsnamensstreit in Südtirol gelöst hätte.
Ich war in Sachen Toponomastik regimekritisch, weil ich einen wissenschaftlichen Zugang zum Thema habe“, erklärt Cristian Kollmann im Interview mit der Tageszeitung selbst dieses SVP-Grün-Kommunistische Komplott gegen die reine (Sprach)Wissenschaft.
 
Wie sein „wissenschaftlicher Zugang“ zum Thema ausschaut, hat Cristian Kollmann diese Woche exemplarisch zur Schau gestellt. Der Fraktionsmitarbeiter der Süd-Tiroler Freiheit übergab zusammen mit Eva und Barbara Klotz und dem ehemaligen Bozner SVP-Stadtrat Oswald Ellecosta dem Bozner Bürgermeister einen goldenen Mussolini. Renzo Caramaschi hat genau richtig auf diese Provokation reagiert. Er nannte sie eine „pagliacciata“ und zertrümmerte den güldenen Duce.
Wenn die Sturmtruppe der Süd-Tiroler Freiheit und ihr Frontmann Cristian Kollmann nur eine Show abziehen wollten, dann muss man sagen, ist es ihnen gelungen. Zwar eine geschmacklose Show, aber immerhin haben die paar Aufrechten das erreicht, was sie wollten: mediake und politische Aufmerksamkeit für eine Bewegung, die in der Landeshauptstadt nicht existent ist.
Das wirklich Schlimme aber ist, dass Cristian Kollmann & Co an die Mussolini-Botschaft wirklich glauben. Sie schimpfen den Bozner Bürgermeister einen Faschisten, weil sich der Stadtrat im November 2016 für die Restaurierung der römischen Wölfin und des Markuslöwen auf den Säulen gegenüber dem Siegesdenkmal ausgesprochen hat. Kollmann nennt es „ein faschistisches Kulturverbrechen“.
„Ich würde nicht wetten, wer den Schönheitswettbewerb zwischen der römischen Wölfin vor dem Siegesdenkmal und dem klobigen, grobschlächtigen Laurinbrunnen am Magnagoplatz gewinnen würde.“
Es ist eine antidemokratische und gefährliche Haltung, die sich hinter diese Position und Aktion verbirgt. Es gibt in westlichen Demokratien einen gesellschaftlichen Konsens über historische Denkmäler, die es zu erhalten gilt. Das geht vom Kolosseum über die Leninstatue bis hin zum Zeppelinfeld in Nürnberg. Es geht dabei nicht um Schön oder Hässlich, es geht dabei um die Funktion als Mahnmal oder als Symbol zum Nachdenken. Manches kann einem gefallen, anderes nicht.
Ich würde nicht wetten, wer den Schönheitswettbewerb zwischen der römischen Wölfin vor dem Siegesdenkmal und dem klobigen, grobschlächtigen Laurinbrunnen am Magnagoplatz gewinnen würde. Auch die politischen Aussagen, die hinter beiden stehen, wage ich weder zu bewerten noch zu vergleichen.
Tatsache ist, dass die Mehrheit der Menschen in diesem Land diesen Symbolen einen Denkmalwert zuerkennen. Was absolut nichts mit der ursprünglichen Funktion oder Aussage eine Denkmales zu tun hat. Der Staat, das Land oder die Gemeinde hat für diese kollektiv abgesegneten Denkmäler zu sorgen. Es ist eine reine Verwaltungstätigkeit, so wie die Gemeinde für die Straßen zuständig ist oder für die Müllabfuhr. Ganz gleich ob das Denkmal einem zusagt oder nicht. Genau diese Aufgabe haben Renzo Caramaschi und der Bozner Stadtrat erfüllt, nicht mehr und nicht weniger.
Dass Cristian Kollmann & Co diese Denkmäler nicht gefallen, sei Ihnen belassen. Sie sollen dagegen protestieren, aber Renzo Caramaschi deshalb eine „Faschisten“ zu nennen, ist mehr als eine unsinnige Entgleisung.
Vor allem wenn man weiß, dass in Südtirol immer noch zig Schulen den Namen von SS-Männern tragen. In Sachen „Kulturverbrechen“ gibt es in diesem Land für Cristian Kollmann demnach noch viel, wo man zuerst vor der eigenen Haustür kehren sollte.
„In Südtirol gibt es immer noch zig Schulen, die den Namen von SS-Männern tragen. In Sachen Kulturverbrechen gibt es in diesem Land für Cristian Kollmann demnach noch viel, wo man zuerst vor der eigenen Haustür kehren sollte.“
 
Ich bin sehr liberal“ sagt Cristian Kollmann im Tageszeitungs-Interview allen Ernstes. Und er meint es auch wirklich. Kollmann hat einen – vor allem in seinen Kreisen - sehr mutigen und konsequenten Schritt getan. Er hat sich schon vor Jahren offen zu seiner Homosexualität bekannt.
Das macht Ihn mir persönlich fast schon sympathisch. Aus diesem Outing und seiner sexuellen Konnotation aber abzuleiten, dass er eine Liberaler sei, ist eine Beleidigung für jeden wirklich frei denkenden Menschen.
Cristian Kollmanns Welt ist von vorgestern. Der „Landestoponmast“ lebt zwischen Ortsnamen, Tolomei und faschistischen Kulturverbrechen. Für Liberalität ist auf diesem Spielfeld kein Platz. Denn hier regiert die Borniertheit und der Fanatismus.
Vielleicht sollte sich Cristian Kollmann, das nächste Mal statt einer Statue einen Spiegel kaufen. Mit einem Rand aus Gold.