Fest der Freu(n)de
In der offiziellen Pressemitteilung wird am Ende von “einer großen Autonomiefeier” die Rede sein. Am Tag vor den Feierlichkeiten anlässlich 25 Jahre Streitbeilegung in der Südtirolfrage zwischen Österreich und Italien vor der UNO waren die zwei Ehrengäste noch beim Benefiz-Fußballspiel für die vom Erdbeben getroffenen mittelitalienischen Gemeinden beziehungsweise beim Papst in Rom zugegen gewesen. Am Sonntag trafen der österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Staatspräsident Sergio Mattarella schließlich im Meraner Kurhaus zusammen.
“Oggi, qui nel Kursaal di Merano, celebriamo i 25 anni dal rilascio della quietanza liberatoria. Poterlo fare alla presenza dei Capi di Stato dei Paesi firmatari dell’Accordo di Parigi è un grande onore e un’attestazione dell’importanza di questo evento”.
(Arno Kompatscher)
Knapp zwei Stunden dauerte das offizielle Zeremoniell, das bis auf die Minute durchgetaktet war: Ankunft auf der Passerpromenade, Begrüßung durch Landeshauptmann Arno Kompatscher und die Musikkapelle Algund, offizieller Fototermin, ein kurzes Sechsaugengespräch, Staatshymnen, Festreden im Kursaal, Europahymne (in italienischer, ladinischer und deutscher Sprache), Abreise.
Früher als ursprünglich vorgesehen ging der Festakt zu Ende, sodass der erste der Ehrengäste, Präsident Mattarella, bereits wenige Minuten nach 12 Uhr den gut gekühlten Kursaal wieder verließ und sofort abreiste.
“Südtirol als Teil der Europaregion ist europäische Avantgarde.”
(Sergio Mattarella)
Unbeeindruckt zeigte sich Mattarella von den zahlreichen Menschen, die in der heißen Mittagssonne vor dem Kursaal ausgeharrt hatten, um ihren Protest gegen den jüngst erlassenen Impfzwang kund zu tun.
Ebensowenig Thema war die kleine Protestaktion der Jungen Süd-Tiroler Freiheit am Rande der Feierlichkeiten. Mit schwarzen Ballons “als Zeichen des immer noch währenden Unrechts” wollten die jungen Patrioten darauf aufmerksam machen, dass man erst jubeln könne, “wenn Süd-Tirol die Unabhängigkeit erlangt” habe. Vielmehr sorgte unter Gästen und Journalisten die Anwesenheit von Michaela Biancofiore für Gesprächsstoff. Die Forza-Italia-Kammerabgeordnete hatte gemeinsam mit den Parlamentariern des Movimento 5 Stelle die Sonderregelung für die Region Trentino-Südtirol im neuen Wahlgesetz zu Fall gebracht – und war dafür heftigst kritisiert worden, nicht nur von der SVP. Doch auch Biancofiores Präsenz konnte der Feierstimmung am Sonntag keinen Abbruch tun – ging es doch darum, das gemeinsam Erreichte, das Verbindende und die erneuerte Freundschaft zu feiern.
“L’Autonomia dell’Alto Adige costituisce un esempio e un modello riconosciuto a livello internazionale, che ha permesso uno sviluppo del quale possono beneficiare tutti i gruppi linguistici”.
(Alexander Van der Bellen)
Einige der 500 Gäste, die am Sonntag im Meraner Kurhaus feierten, werden sich schneller wiedersehen als ihnen wahrscheinlich gewesen wäre: Am morgigen Dienstag, 13. Juni, findet im Wiener Stephansdom das Requiem für Alois Mock statt. Der ehemalige österreichische Außenminister ist eine Schlüsselfigur in der jüngeren Südtiroler Geschichte. Er war es gewesen, der vor 25 Jahren, am 11. Juni 1992, nach 20-jährigen Verhandlungen im Streit um die Südtirol-Autonomie dem italienischen Botschafter in Wien, Alessandro Quaroni, die Streitbeilegungserklärung übergeben hatte.