Society | Flughafen

Offener Schlagabtausch

Der Landeshauptmann schreibt den Flughafengegnern einen offenen Brief. Er wirft ihnen vor, die Arbeit der Landesregierung lächerlich zu machen und Misstrauen zu säen.
Flugzeug
Foto: Pixabay

Dass Arno Kompatscher letzthin, wenn es um den Flughafen geht, für ihn ungewöhnliche Töne anschlägt, hat er erst vor wenigen Wochen bewiesen. Nun greift der Landeshauptmann zu einer weiteren ungewöhnlichen Methode: Er schreibt einen offenen Brief. Darin geht er mit den Flughafenkritikern und -gegnern hart ins Gericht. Er wirft ihnen vor, die Arbeit der Landesregierung “ins Lächerliche” zu ziehen und “wiederholte Aussagen über falsche Versprechen und über eine vermeintliche Täuschung der Bürgerinnen und Bürger” in die Welt zu setzen. “Das nehme ich nicht hin”, poltert Kompatscher.

Es ist eine alte Frage, um die die neue Polemik nun kreist: Ist das Nein der Volksbefragung am 21. Juni 2016 einzig als Nein zur weiteren öffentlichen Finanzierung des Flughafenbetriebs zu verstehen? Oder auch ein Nein zu jeglichem weiteren Ausbau der Struktur und damit zur Verlängerung der Start- und Landebahn? 

Als die Landesregierung am 13. November den Ausstieg aus der landeseigenen Flughafenbetreibergesellschaft ABD beschließt, kommt die Debatte um die Pistenverlängerung wieder auf den Tisch. Denn ein Privater könnte im Falle einer Übernahme des Flughafenbetriebs auf Grundlage der ENAC-Auflagen im Masterplan von 2012 die Piste von 1.294 auf 1.432 Meter ausbauen.

 

Die Version der Flughafengegner

Für Umweltschützer und Heimatpfleger, die sich wenige Tage später in einem offenen Brief an den Landeshauptmann wenden, ist die Sache klar: “Das NEIN der Volksabstimmung 2016 lehnt auch jede Startbahnverlängerung ab.”

Da mit dem Gesetzentwurf, über den am 12. Juni 2016 abgestimmt wurde, auch die in Art. 2 enthaltenen “Entwicklungsziele” der Landesregierung für den Flughafen abgelehnt wurden, habe der Volksentscheid “auch alle strukturellen Maßnahmen abgelehnt, auf denen diese Entwicklungsziele” basierten, schreiben die Obfrau des Heimatpfleverbandes, Claudia Plaikner, und deren Rechtsberater Rudi Benedikter in dem offenen Brief, “also auch jede Verlängerung der Start- und Landebahn des Flugplatzes”. Und daran habe sich Land – und in erster Linie Landeshauptmann Arno Kompatscher, der vesprochen hatte, das Ergebnis der Volksbefragung als bindend zu erachten – zu halten, finden die Heimatpfleger: “Die Landesregierung ist verpflichtet, diesen Entscheid wort- und sinngemäß zu respektieren und ihm gegenüber Dritten Geltung zu verschaffen, also gegenüber dem Staat, ENAC, ABD oder privaten Investoren! Frühere Masterpläne sind durch die Ablehnung der Entwicklungsziele durch das Volk obsolet geworden. Jede andere Interpretation ließe die gesamte Operation ‘Volksabstimmung Flugplatz Bozen’ vom Juni 2016 als grandioses Scheingeschäft erscheinen, mehr noch: Als bewusstes Täuschungsmanöver gegenüber der Südtiroler Bevölkerung.

Nun schlägt bzw. schreibt Arno Kompatscher zurück.

“Das Misstrauen, welches durch diese Art des politischen Diskurses gesät wird, schadet jeder sachlichen Diskussion über kontroverse Themen.”
(Landeshauptmann Arno Kompatscher)

 

Die Variante Kompatscher

Der offene Brief des Landeshauptmannes erreicht die Redaktionen am Dienstag um 9.59 Uhr. Darin zerpflückt Kompatscher die Thesen der Heimatpfleger, da deren “Schlüsse auf Annahmen fußen, die wichtige Fakten und Tatsachen außer Acht lassen bzw. nicht mit der nötigen Sachlichkeit würdigen”.
Kompatscher schreibt:

“Sie lassen beispielsweise vollständig außer Acht, dass es seit dem Jahr 2015 ein mit Staatsratsurteil genehmigtes Projekt für die Verlängerung der Start- und Landebahn gibt, dessen Umsetzung von der Südtiroler Landesregierung aufgrund des Ergebnisses der Volksbefragung ausgesetzt wurde, das aber nicht so einfach vom Tisch gewischt werden kann. Unterschlagen wird auch, dass der Masterplan 2012 (…) nicht das Entwicklungskonzept der Südtiroler Landesregierung ist, über welches im Rahmen der Volksabstimmung abgestimmt werden konnte. Der Masterplan 2012 stand 2016 nicht mehr zur Diskussion, sondern lediglich seine Umsetzung durch das Land Südtirol. Dazu habe ich mehrfach öffentlich Stellung genommen.”
An dieser Stelle listet Kompatscher eine Reihe von Wortmeldungen auf, die er im Landtag und bei Pressekonferenzen vor und nach der Volksbefragung in Sachen Flughafen getätigt hat.

“Mir ist schon klar, dass Sie – wie andere vehemente Gegner des Flughafens Bozen – das Ergebnis der Volksbefragung in Ihrem Sinne auszulegen versuchen”, wendet sich Kompatscher wieder an die Heimatpfleger. “Allerdings würde ich mir erwarten, dass Sie akzeptieren und anerkennen, dass ich in Bezug auf die Konsequenz der Volksbefragung zu meinem Wort gestanden bin.”

Der Landeshauptmann spitzt die Tonlage weiter zu: “Was ich nicht hinnehme, ist die Unterstellung einer bewussten Täuschung von Bürgerinnen und Bürgern. In diesem Zusammenhang sollten sich meines Erachtens vielmehr die Flughafengegner an ihre eigene Nase fassen und sich fragen, ob nicht sie durch ihre Mutmaßungen im Vorfeld der Volksbefragung falsche und überzogene Erwartungen geweckt haben. Die Landesregierung hat von Anfang an klare und sachliche Informationen gegeben, die aber wiederholt in Zweifel gestellt oder als billige Drohszenarien ins Lächerliche gezogen wurden. Tatsache ist, dass wir aktuell den Ausstieg des Landes Südtirol aus dem Flughafen Bozen so umsetzen, wie er vor der Volksbefragung angekündigt und mit Verabschiedung des Landesgesetzes Nr. 17 am 15. Juli 2016 in die Wege geleitet wurde. Dies ist anzuerkennen und nicht durch wiederholte Aussagen über falsche Versprechen und über eine vermeintliche Täuschung der Bürgerinnen und Bürger in Frage zu stellen. Das Misstrauen, welches durch diese Art des politischen Diskurses gesät wird, schadet jeder sachlichen Diskussion über kontroverse Themen. Mit freundlichen Grüßen, Arno Kompatscher, Landeshauptmann.”