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Semmel oder Brötchen?

Die Schriftstellerin (und SALTO-Podcasterin) Maddalena Fingerle hält seit gestern ein besonderes Buch in den Händen: ihren zweiten Roman – in deutscher Übersetzung.
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Foto: Luchterhand
  • „Pudore wird demnächst beim Luchterhand Verlag auf Deutsch erscheinen. Der italienische Originaltitel ist seit Februar bei Mondadori im Buchhandel erhältlich“, vermerkte der Autor Teseo La Marca in seiner Rezension für das Onlinemagazin barfuss im März vergangenen Jahres. Mit SALTO hatte die Schriftstellerin bereits im Vorfeld über ihr neues Buch gesprochen, während sie gemeinsam mit SALTO-Kollege Valentino Liberto kochend im Rahmen der Video-Serie Salto & Pepper erste Zutaten ihrer Romanidee preisgab. Nun ist das Buch erschienen. Während die Autorin das Druckwerk seit gestern in den Händen hält, müssen die Leserinnen und Leser auf die deutsche Version von Pudore noch bis zum 27. August warten. Dann liegt das Buch mit dem Titel Mit deinen Augen in den Buchläden. Also: Augen auf!
     

    Er ist nicht spitz, sieht aber trotzdem schrecklich aus. Man sieht die nackte Haut. Ich wasche den Apparat ab, schlage ihn gegen das Waschbecken in der Hoffnung, ihn kaputtzumachen. Erfolglos.

  • Foto: folio

    Nachdem der Folio Verlag ihren Erstling Lingua madre unter dem Titel Muttersprache in einer Übersetzung von Maria E. Brunner herausbrachte, kam es für das aktuelle Buch zu einem Verlags- und Übersetzerinnen-Wechsel. Warum? Miriam Spinrath vom Luchterhand Verlag hat sofort das Buch gelesen und geliebt“, erzählt Fingerle auf Nachfrage. „Sie hat wahnsinnig schnell ein Angebot an Mondadori gemacht, und wir haben es in Absprache mit Folio, das noch kein Angebot vorgelegt hatte, angenommen. Mir war natürlich wichtig, das gemeinsam zu entscheiden: Verlage bestehen im Endeffekt aus Menschen – und das ist etwas, was mich immer mehr interessiert als ein Name auf dem Buchcover.“ Mit Miriam Spinrath hatte Maddalena Fingerle von Anfang an ein gutes Gefühl; sie schaffe es, die Autorin „positiv an ihre Grenzen zu bringen“. 
     

    Ich liebe Brandnarben und Dehnungsstreifen. Eigentlich alle Körpermale.


    Und welchen Einfluss hatte die erfolgreiche Autorin auf die Übertragung ins Deutsche? „Ich durfte die Übersetzung beobachten“, erzählt Fingerle. Ihr sei es weiterhin wichtig, „dass Übersetzung und Schreiben als zwei getrennte Arbeiten wahrgenommen werden. Mit Viktoria von Schirach hatte ich mit einem Profi zu tun und wollte mich gar nicht einmischen, deswegen stand ich natürlich bei Fragen zur Verfügung, habe aber erst beim Lektorat der ersten Fassung alles gelesen.“ Dieser Moment sei für sie sehr emotional gewesen, „weil meine italienische Stimme so authentisch im Deutschen klang“.
    Beim Lektorat ging sie mit Miriam Spinrath den ganzen Text noch einmal durch, und Fingerle kommentierte das eine oder andere Detail: „Es ging hauptsächlich um die Sprechart der Protagonistin, die eher Semmel als Brötchen oder Junggesellenabschied als Polterabend sagt. Übersetzerin Viktoria von Schirach war sofort offen für Vorschläge, und ich denke, wir haben alle drei sehr viel Spaß dabei gehabt.“

  • Seit gestern in Maddalena Fingerles Händen: "Ich fühle aber eine riesige Dankbarkeit für die Lektorin, die es sofort geliebt hat. Und für die Übersetzerin, die das Buch auf deutsch ermöglicht hat. Und alle Leute, die im Verlag hinter den Kulissen arbeiten." Foto: Privat

    Fingerles zweiter Roman dreht sich um Gaia, die von der Frau, die ihre große Liebe war, verlassen wurde. Die Sehnsucht nach Veronicas unbeschwerter Art wächst mit jedem Tag, bis sie beschließt, so zu werden wie ihre einstige Partnerin: Sie rasiert sich die Haare, besorgt sich eine Perücke, verkauft ihre Erbstücke und bestellt billigen Modeschmuck. Als sie erfährt, dass Veronica einen Mann heiraten will, zwingt sie sich ebenfalls in eine neue Beziehung und schenkt einem früheren Verehrer Aufmerksamkeit. Doch wer wird sie dann sein – Gaia, die Verwandelte?
     

    Ich habe Briefe gefunden...


    Fixiert sind bereits mehrere Lesungen und Vorstellungstermine – so am 15. Oktober im Rahmen der Frankfurter Buchmesse (Lesung und Gespräch mit Maike Albath im Gallus Theater), auf der Standard-Bühne bei der BuchWien 2025 am 16. November sowie zwei Tage später beim Festival Italienischer Herbst in Halle (Saale). Weitere Termine werden demnächst bekannt gegeben.
    Momentan ist Maddalena Fingerle mit ihrer Habilitationsschrift zum Thema „Stimme“ sehr beschäftigt. „Ich habe Briefe von meiner Oma, die Römerin war, und meinem Opa, der Deutscher war, gefunden“, erzählt sie. „Die Stimme meiner Oma ist etwas, was mich sehr fasziniert, und ich denke, daraus könnte etwas entstehen.“ Ihr Ziel sei es gerade, „aus mir selbst herauszukommen und im Schreiben zu wachsen“.