Society | Impfpflicht

Schweizer Lockruf

Im Südtiroler Sanitätsbetrieb darf das genesene Personal nicht arbeiten. In privaten Einrichtungen aber schon. Schweizer Kliniken kommen jetzt zur Anwerbung nach Südtirol
Frauen in der Sanität
Foto: Pixabay
Die Südtiroler Krankenpflegerin ist zwar nicht geimpft, aber erst kürzlich von einer Covid-19-Infektion genesen. Die vom Dienst suspendierte Krankenpflegerin erhielt vergangene Woche einen erfreulichen Anruf. Ihr Berufsverband teilte ihr telefonisch mit, dass als Genesene wieder ins Berufsalbum eingetragen wurde.
Ich habe gefragt ob ich wieder arbeiten darf“, sagt die Frau. „man hat mir mitgeteilt, dass es vom Arbeitgeber abhinge.“ Die Aussage: Allein der Südtiroler Sanitätsbetriebe mache hier Probleme. Private Arbeitgeber sind hingegen mit der Genesung mehr als zufrieden und dankbar, dass Personal zur Verfügung steht.
 

Südtiroler Sonderweg

 
Südtirol schlägt auch in Sachen Impfpflicht einen Sonderweg ein.
Während überall in Italien suspendiertes Sanitätspersonal nach der Genesung wieder zur Arbeit zugelassen wird, ist das in Südtirol nicht möglich.
Trotz eines extremen Personalmangels. Derzeit sind rund 1.200 Sanitätsbediensten, die ihrer Impflicht nicht nachgekommen sind, vom Dienst suspendiert. Es fehlen rund 200 Ärzte und Ärztinnen, 700 Krankenpfleger und -pflegerinnen, sowie 360 Angestellte in den Altersheimen.
 
 
 
Der Direktor der Betriebsabteilung Recht und Allgemeine Angelegenheiten im Sanitätsbetrieb, Marco Cappello, hat bei der Staatsadvokatur Trient gleich zwei Rechtsgutachten eingeholt, um sich diese repressive Gangart bestätigen zu lassen.
Interessant dabei: Ausgerechnet im Nachbarland Trient geht man genau den entgegengesetzten Weg. Wie in vielen anderen Regionen Italien ist man froh, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach der Genesung wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren können.
Man hat für diese Gangart nicht nur ein pragmatische, sondern eine juristisch auch haltbare Begründung. Laut Ministerialdekret dürfen Genesen erst nach einem bestimmten Zeitraum geimpft werden. „Wir behandeln damit die Sanitätsbediensteten genauso wie den Rest der Bevölkerung“, sagt die Direktorin des Hygieneamtes im Trentiner Sanitätsbetrieb Maria Grazia Zuccali.
Nur in Südtirol geht das nicht.
 

Schweizer Abwerbung

 
Maria Elisabeth Rieder will dieses Thema jetzt in der aktuellen Fragestunde des Landtages aufgreifen. Die Team-K-Abgeordnete will in einer Anfrage von Gesundheitslandesrat Thomas Widmann wissen:
 
  • • Kann es sich der Sanitätsbetrieb leisten, das dringend benötigte Personal, das genesen und im Besitz der Super Green Passes ist, weiterhin nicht an die Arbeitsplätze zurückzuholen?
  • • Nehmen Sie es in Kauf, dass weiteres Personal kündigt und aus dem Sanitätsbetrieb abwandert?
 
 
 
Wie aktuell letztere Frage ist, zeigte eine Anwerbungsaktion, die diese Woche über die Bühne geht. Unter dem Titel „Krankenpfleger/-innen in der Schweiz gesucht“ sucht die Stiftung „Wohnen im Alter“ in Hinwil in Südtirol nach Personal. Geboten wird Unterstützung bei der Suche nach einer eigenen Unterkunft, ausschließlich Arbeit im Tagdienst und 2 Wochenenden im Monat frei, mindestens fünf Wochen Urlaub im Jahr und ein Bruttomonatslohn von rund 6.000 Schweizer Franken (5.760 Euro) 13mal im Jahr. Das ist im Vergleich zu Südtirol rund das Doppelte.
Die Pflegeleitung der Stiftung kommt jetzt zwei Tage nach Südtirol um am Donnerstag in Meran und am Freitag in Bozen interessiertes Pflegepersonal anzuwerben. Dass man dabei Erfolg haben wird, ist jetzt schon klar.
Denn in der Schweiz gibt es keine Impfpflicht für das Gesundheitspersonal. Sondern nur eine Impfempfehlung.