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Vom Meer in die Mauer

Aus Mikroplastik und Algen hat ein Forscher der Freien Universität Bozen einen Dämmstoff entwickelt. Ein Beitrag zur Reduzierung des Plastikmülls in den Ozeanen.
Plastik im Meer
Foto: Brian Yurasits on Unsplash/salto.bz

Aus dem Meer in die Mauern holt Marco Caniato Mikroplastik. Der Forscher und Dozent der Fakultät für Naturwissenschaften und Technik an der Freien Universität Bozen will damit einen konkreten Beitrag zur Reduzierung des Plastikmülls in den Ozeanen leisten. Seine patentierte Erfindung: ein Schaumstoff zur akustischen und thermischen Dämmung von Gebäuden, der aus Mikroplastik gewonnen werden kann.

Die patentierte Erfindung beruht auf der Nutzung eines Biopolymers, das sich als extrem effizientes thermisches und akustisches Isoliermaterial erwiesen hat. In Zusammenarbeit mit der Universität Triest hat Caniato dieses Polymer aus einem Extrakt der Meeresalge Agar Agar entwickelt, ein Polysaccharid, das häufig als rein pflanzliches Geliermittel mit der Konsistenz eines Gels verwendet wird, und in diesem Fall nach Zugabe von Kalziumkarbonat mit pulverisiertem Kunststoff vermischt wird.

 

Um dem in den Ozeanen am weitesten verbreiteten Mikroplastik möglichst nahe zu kommen, verwendeten die Forscher Kunststoffabfälle aus dem Industrie- und Haushaltsbereich (Polyethylen, PET-Flaschen, expandiertes und geschäumtes Polystyrol). Nach dem Gelieren werden die Proben 12 Stunden lang bei -20 °C eingefroren und anschließend gefriergetrocknet, um das Wasser zu entfernen. Das Endprodukt ist ein poröses Material, das zum Beispiel als Alternative zu Steinwolle verwendet werden kann. Doch nicht nur das Produkt selbst, auch sein Herstellungsprozess, ist umweltfreundlich. So wird selbst das Wasser wiederverwendet, das am Ende der Gefriertrocknung nach dem Auftauen abgegeben wird.

 

Die Entwicklung solch innovativer Technologien zur Abfallverwertung sind in der Wissenschaft keine Neuigkeit, erklärt Caniato. So wurde beispielsweise ermöglicht, Glaspulver als Füllstoff für Beton oder Kunststoffabfälle als Füllstoff für Asphaltmischungen zu verwenden. Neu ist dagegen die Idee, die Plastikpartikel aus den Meeren zu verwerten. Dies scheiterte bisher auch an der Vermischung dieser Partikel mit anderen Abfällen sowie Meersalz, die eine Wiederverwertung schwierig machen. “Unsere Charakterisierungstests haben bestätigt, dass unser Produkt hervorragende Dämmeigenschaften hat und problemlos mit herkömmlichen Dämmstoffen wie Steinwolle oder Polyurethanschaumstoffen mithalten kann”, unterstreicht Caniato. “Wir haben bewiesen, dass es mit einem nachhaltigen, sauberen und ökologischem Ansatz möglich ist, Meeresabfälle zu recyceln und daraus ein sowohl ökologisch wie auch wirtschaftlich überzeugendes Produkt herzustellen.”

Das wissenschaftliche Paper Acoustic and thermal characterization of a novel sustainable material incorporating recycled microplastic waste, in dem auch genaue Daten zu akustischen und thermischen Dämmeigenschaften des neuen Materials zu finden sind, wurde im Journal Sustainable Materials and Technologies veröffentlicht.