Politics | Regionalrat

Das Spiel um Wählerstimmen

Paride Gianmoena vom Trentiner Gemeindeverband verteidigt das neue 40 Prozent-Quorum bei einer einzigen Liste: Wer kandidiert, müsse belohnt und nicht bestraft werden.
Europawahl 2024 in Karneid
Foto: Seehauserfoto
  • Der Druck kommt aus dem Trentino: Paride Gianmoena macht sich Sorgen. Der Präsident des Trentiner Gemeindeverbandes (Consorzio dei Comuni Trentini) will nicht nur die Gemeindewahlen auf den Herbst 2025 verschieben, sondern in Gemeinden mit bis zu 5.000 Einwohnern und Einwohnerinnen auch die nötige Wahlbeteiligung von 50 auf 40 Prozent senken. Das sieht eine Änderung im Nachtragshaushalt vor, der heute im Regionalrat beschlossen werden soll. Die Grüne Regionalratsfraktion läuft gegen den Passus Sturm, weil er die Demokratie aushöhle. In einem Änderungsantrag fordern sie die ersatzlose Streichung. 

    Der Präsident des Südtiroler Gemeindeverbandes, Andreas Schatzer, zeigt sich überrascht: „Wir konnten zu dieser Änderung kein Gutachten abgeben, weil sie erst im letzten Moment in den Nachtragshaushalt eingefügt wurde.“ Auch wenn er sich nicht zu dem Änderungsantrag äußern will, versteht er die Beweggründe seines Amtskollegen aus dem Trentino: „Viele Gemeinden stehen heute vor der Herausforderung, überhaupt Personen für ein politisches Amt zu finden. Zudem zeigt die geringe Wahlbeteiligung bei der EU-Wahl im Juni, dass das Interesse für Politik weiter sinkt. Der Vorschlag muss also diskutiert werden.“ 

  • Paride Gianmoena: „Es ist wichtig Menschen zur Wahl zu bewegen, aber das Nicht-Wählen sollte nicht belohnt werden.“ Foto: Consorzio Comuni Trentini

    Auch Gianmoena vom Trentiner Gemeindeverband verteidigt seine Position: „Die nationale Gesetzgebung schreibt für kleinere Gemeinden bei einer einzigen Liste ebenso ein Quorum von 40 Prozent vor. Zudem kann nicht geleugnet werden, dass in immer mehr Gemeinden nur noch eine Liste antretet.“ Es sei deshalb falsch, mit einer notwendigen Wahlbeteiligung von derzeit mindestens 50 Prozent diejenigen zu bestrafen, die für ein politisches Amt kandidieren. „Es ist wichtig Menschen zur Wahl zu bewegen, aber das Nicht-Wählen sollte nicht belohnt werden“, so Gianmoena. Die neue Regelung soll laut Entwurf nur für die Gemeindewahlen im Jahr 2025 gelten. 

    Das Kalkül hinter dem Vorschlag wird mit Blick in das Regionalgesetz Nr. 2 aus dem Jahr 2018 klar: Es schreibt vor, dass bei einer einzigen zugelassenen und gewählten Liste von Kandidatinnen und Kandidaten, neben dem Erreichen des Beteiligungsquorums, die Anzahl der gültigen Stimmen für den Gemeinderat mindestens 50 Prozent der Abstimmenden betragen muss. 

    Wird die Senkung des Beteiligungsquorums von 50 auf 40 Prozent für die kleineren Gemeinden vom Regionalrat genehmigt, bedeutet das folglich, dass nur 20 Prozent der Wahlberechtigten in einer Gemeinde eine gültige Stimme abgeben müssen, damit die Wahl gültig ist. „Wird das Beteiligungsquorum erreicht, ist diese zweite Hürde so noch leichter zu schaffen“, erklärt Karl Gustav Mahlknecht, Beamter im Wahlamt der Gemeinde St. Ulrich und Vorsitzender der Fachgruppe Wahlamt im Südtiroler Gemeindeverband. Es bleibe ein Spiel um 10 beziehungsweise 5 Prozentpunkte: 10 Prozent weniger Beteiligung, 5 Prozent weniger gültige Stimmen.

  • Nachtragshaushalt

    Heute ist die letzte Juli-Sitzung des Regionalrates. Die Opposition hat mit 400 Änderungsanträgen die Arbeiten im Plenum gestern erschwert und vor allem verlangsamt. Sie fordert die Streichung des Quorums von 40 Prozent und spricht sich gegen die vorgeschlagene Postenschaffung eines Kabinettchefs für den Vizepräsidenten des Regionalrates aus.