Politics | rot oder gelb?

Tage der Entscheidung

Die Landesregierung widersetzt sich weiter der “roten Zone” – und könnte Südtirol bald selbst dorthin befördern müssen. Die angekündigten genauen Kriterien aber fehlen.
Ampel
Foto: Pixabay

Während der Farben-Streit mit Rom weitergeht, scheint es immer mehr nur noch eine Frage von Tagen, bis sich Südtirol selbst in die “rote Zone” bugsiert. Noch ist die Verordnung von Freitag, 15. Jänner, mit der sich der Landeshauptmann der Einstufung des Gesundheitsministerium widersetzt und die “gelben” Regeln für Südtirol bestätigt hat, nicht angefochten. Noch wird mit Rom verhandelt, um eine Neu-Einstufung zu erreichen. “Am Montag hat es eine Videokonferenz zwischen den Experten des Gesundheitsdienstes auf Staatsebene und unseren Fachleuten gegeben”, berichtet Landeshauptmann Arno Kompatscher am Dienstag Mittag. Es sei ein “konstruktiver Dialog” im Gange – wer genau ihn für Südtirol führt, sagt Kompatscher nicht – und weitere Daten und Informationen seien ausgetauscht worden. Um zu verstehen, warum Rom die Autonome Provinz Bozen als “rot” eingestuft hat, während der hiesige Gesundheitsbetrieb die Ampel auf “gelb” sieht.

Unabhängig von dem Ampel-Zank hat Gesundheitslandesrat Thomas Widmann am Dienstag in der Landesregierung über die Entwicklung der Infektionslage in Südtirol berichtet. Und die hat sich seit Freitag und der Verordnung, die besagt, dass vorerst weiter keine strengeren Maßnahmen getroffen werden, geändert – zum Schlechten. “Viele Faktoren” seien stabil, so Kompatscher, aber der Druck auf die Krankenhäuser ist gestiegen. Am 15. Jänner waren 23 (von 77) Intensiv-Betten belegt und 366 Covid-Patienten in den Normalstationen (209), Privatkliniken (151) und Quarantänestrukturen (6) untergebracht. Am 19. Jänner sind 30 Intensiv-Betten belegt (+7) und 380 Covid-Patienten in den Normalstationen (212), Privatkliniken (155) und Quarantänestrukturen (13) untergebracht. 18 Personen sind zwischen Freitag und Dienstag mit Covid-19 gestorben. Die Zahl der Toten steigt damit auf insgesamt 820.

“Sollte sich der Trend in den nächsten Tagen bestätigen, könnte es durchaus notwendig sein, restriktivere Maßnahmen setzen zu müssen”, meint der Landeshauptmann. Eigentlich hatte er vor einer Woche angekündigt, in der Verordnung vom 15. Jänner genau festlegen zu wollen, wann die (Südtiroler) Ampel auf rot springt – aufgrund von “Schwellenwerten”, “genauen Kennzahlen”, die “die Experten” festlegen sollten und aufgrund derer strengere Maßnahmen automatisch und für drei Wochen in Kraft treten. Vor allem die Situation in den Krankenhäusern sollte dabei berücksichtigt werden.

Doch von diesen “Schwellenwerten” fehlt bisher jede Spur. In der Verordnung vom 15. Jänner findet sich jedenfalls kein einziger Verweis darauf. Und somit ist auch “das Minimum an Planbarkeit, Klarheit und Berechenbarkeit, das wir gewährleisten können”, das Kompatscher vergangene Woche zusicherte, dahin.

Nun meint er lediglich: “Der Gesundheitsbetrieb beobachtet die Lage ganz genau und setzt uns täglich darüber in Kenntnis, damit wir die Maßnahmen zeitgerecht vorbereiten und kommunizieren können. Wenn es nach mir ginge, wäre eine Vorlaufzeit von einigen wenigen Tagen angenehm, wenn man sagen könnte, in zwei, drei Tagen geht es in eine Abkühlphase – das würde allen Menschen helfen, sich entsprechend darauf vorzubereiten. Garantieren kann man das leider nie, denn wir müssen uns an der tatsächlichen Dringlichkeit und Notwendigkeit der Maßnahmen richten.”

Aus heutiger Sicht sei es jedenfalls nicht so, dass “morgen eine Verordnung und übermorgen die ‘rote Zone’ kommt”. Eine Interviewanfrage von salto.bz kurz vor Mittag ist von Arno Kompatscher bisher unbeantwortet geblieben.