Widerstand am laufenden Band
Andreas Pöder und Walter Blaas sehen sich als Widerstandskämpfer. Doch mit ihrem Obstruktionismus haben es die beiden Oppositionspolitiker nicht nur geschafft, die Arbeiten im IV. Gesetzgebungsausschuss in eine fast schon peinliche Länge zu ziehen – sondern sich auch den Ärger der SVP und das Unverständnis des dritten Oppositionsmitglieds im Ausschuss einzuhandeln.
11 Artikel bis 11
Gerade mal ein Viertel der 44 Artikel des Gesetzentwurfes Nr. 119, das die Verwaltungsreform des Sanitätswesens in Südtirol zum Gegenstand hat, hat der Gesetzgebungsausschuss nach einer über 24 Stunden dauernden Marathonsitzung bis 11 Uhr am Dienstag Morgen behandelt. Schuld daran sind 4.000 Abänderungsanträge, die Andreas Pöder (Bürgerunion) im Ausschuss eingereicht hat. Unterstützt vom Freiheitlichen Walter Blaas hat Pöder zum “Kampf um die Krankenhäuser” geblasen. “Ein unwürdiges Schauspiel”, heißt es hingegen aus der SVP. Parteiobmann Philipp Achammer und Fraktionssprecher Dieter Steger sind sich einig: “Niemand hat Verständnis dafür, wenn einzelne Abgeordnete hunderte Anträge ohne substanziellen Inhalt vorlegen oder sinnlose Anträge stellen, um so den Landtag lahm zu legen. Das hat mit Sachpolitik nichts mehr zu tun!” Daher sei es auch richtig gewesen, dass der Vorsitzende des IV. Gesetzgebungsausschuss die Sitzung schließlich beendet und die Mitglieder erneut für Dienstag Nachmittag – und Mittwoch Morgen – einberufen habe, so Steger und Achammer. Sie fordern Pöder und Blaas auf, sich einem “Wettbewerb der Ideen und Konzepte” zu stellen, “nicht einem ‘Wettbewerb der Papierstapel’”.
Doch die beiden Oppositionellen geben sich nicht geschlagen. “Die Sitzung, die für heute Nachmittag einberufen wurde, ist irregulär, weil die vorgeschriebenen Zeiten nicht eingehalten wurden”, kritisieren Pöder und Blaas auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz am Dienstag Mittag. Sie würden zur Sitzung zwar hingehen, aber der SVP klar machen, dass sie die Spielregeln nicht einfach zu ihren Gunsten brechen könne, kündigen die beiden an. Und fügen hinzu: “Wenn wir die SVP im Gesetzgebungsausschuss nicht zur Räson bringen können, dann sehen wir uns eben im Landtag wieder.”
Boxende SVP
“Das hätte uns allen erspart bleiben können”, sagt indes ein konsternierter Riccardo Dello Sbarba. Neben Pöder und Blaas sitzt der Grüne als dritter Oppositionsvertreter im IV. Gesetzgebungsausschuss und hat die Sitzung Dienstag Nacht um 2 Uhr verlassen um ein wenig Schlaf zu bekommen. Hätte die SVP seiner Forderung nach einer Anhörung im Landtag zu den Gesetzesänderungen stattgegeben, wären Pöder und Blaas nicht derart auf die Blockaden gestiegen, ist Dello Sbarba überzeugt. “Doch die Mehrheit hat die Anhörung verweigert und will die Verwaltungsreform nun schnell über die Bühne bringen, zumal es sich dabei um eine heiße Kartoffel handelt”, meint der Grüne im Gespräch mit salto.bz.
“Ja, eine Anhörung von Generaldirektor Thomas Schael, den Gewerkschaften und Patientenvertretern wäre bei einem Gesetz dieser Reichweite mehr als angebracht gewesen”, bestätigen Pöder und Blaas. “Gravierend” und “inakzeptabel” sei es gewesen, dass sie nicht zugelassen wurde “und die SVP nun versucht, das Ganze durchzuboxen”. Auf den Vorwurf, sie würden bereits Wahlkampf betreiben, kontern die zwei: “Es ist wohl vielmehr die SVP, die sich auf Wahlkampftour befindet, Landesrätin Stocker muss liefern nachdem die Sanitätsreform seit 15 Jahren ausständig ist.”
Den Bogen überspannt?
Ein weiterer Faktor, der dazu beigetragen habe, dass die beiden Oppositionsvertreter derart vehementen Obstruktionismus betreiben, sei, dass sie im Gegensatz zu den SVP-Vertretern kaum Zeit hatten, die gesetzlichen Änderungen genau zu studieren. Das sieht auch Dello Sbarba so: “Zwei Jahre hatte die Volkspartei Zeit, um den Entwurf zu prüfen – und wir sollen das in wenigen Tagen machen?” Unmöglich, “dass wir dann im Landtag über etwas abstimmen, was uns nicht in vollständigem Umfang bekannt ist”, stimmen Pöder und Blaas zu. Vergeudete Zeit sei ihr Obstruktionismus nicht, betonen sie. Doch Verständnis kriegen sie vom Oppositionskollegen Dello Sbarba – wie auch schon vom 5-Sterne-Abgeordneten Paul Köllensperger – dafür keines: “Ich teile dieses Vorgehen absolut nicht. Der Gesetzgebungsausschuss ist ein Ort, an dem gearbeitet werden soll und den auch die Mehrheit nutzen kann, um noch Abänderungen einzubringen. Obstruktionismus ist da nicht angebracht, sondern soll vielmehr angewandt werden, wenn es um große Geschichten geht anstatt bei einzelnen Inhalten.”
Für den Grünen steht fest, dass sich Pöder und Blaas damit keinen Gefallen getan haben: “Einerseits gehen die ernsthaften Abänderungsanträge unter, weil sich sich die Mehrheit verschließt. Und andererseits werden Gesetzentwürfe sowieso automatisch auf die Tagesordnung des Landtags gesetzt, wenn sie nicht innerhalb einer gewissen Frist im Ausschuss behandelt werden.”