Politik | Landtag

“Nicht sympathisch, aber legitim”

Obstruktion – das Schreckgespenst der Mehrheitspartei. Warum Paul Köllensperger nicht dafür ist, der Opposition dieses oft “letzte legitime Mittel” zu streichen.

salto.bz: Herr Köllensperger, nach den Obstruktionsversuchen von Andreas Pöder im IV. Gesetzgebungsausschuss des Landtages kommt aus der SVP der Vorschlag, die Geschäftsordnung der Ausschüsse abzuändern, um zu verhindern, dass die Opposition die Arbeiten blockieren kann. Was sagen Sie dazu?
Paul Köllensperger: Seit der Reform der Geschäftsordnung des Landtages durch die ehemalige SVP-Mandatarin Julia Unterberger im Jahr 2012 ist Obstruktion im Landtag kaum mehr möglich. Wenn, dann muss sie über die Ausschüsse gemacht werden, im Plenum gibt es nur wenige Schlupflöcher. Im Gegensatz zum Regionalrat, wo Andreas Pöder ja schon vorgemacht hat, wie Obstruktion gehen kann.

Grundsätzlich bin ich dafür, dass das bisschen, was uns an Möglichkeit, Obstruktion zu betreiben, nicht gestrichen wird – auch wenn ich sie persönlich nicht als Kampfmittel für jeden Tag sehe.

Im Falle der neue Wahlordnung für Bozen wurden vergangenen Februar 4.600 Abänderungsanträge vorgelegt. Ihr Kommentar damals: “Peinlichste Szenen im Regionalrat. Ich glaub ich bin im falschen Film. Oder im falschen Beruf.” Nun hat Pöder im Gesetzgebungsausschuss 4.000 Änderungsanträge zur Sanitätsreform vorgelegt. Was sagen Sie heute?
Das ist de facto schon Wahlkampf, was Pöder hier betreibt. Um sich später als “Retter der Krankenhäuser” präsentieren zu können.

Haben Sie Verständnis für die Flut an Anträgen, zumal es darin vielfach um nur ein Wort geht, das abgeändert werden soll?
So etwas passiert, wenn sich die Politik zu viel in Sachthemen einbringt, wie es die Verwaltungsreform des Sanitätsbetriebes ist, um die es aktuell ja geht. Ich bin der Meinung, dass sich die Politik aus technischen Fragen heraushalten und die Arbeit den Experten überlassen sollte.

Sie sagen, die Politik soll die Sanitätsreform anderen überlassen?
Nein, aber Aufgabe der Politik ist es in meinen Augen vielmehr, die öffentliche Finanzierung des Gesundheitswesens und den Zugang für alle zu gewährleisten. Und sich nicht mit technischen Aspekten wie einer Verwaltungsreform zu beschäftigen.

Andreas Pöder hat ja schon im Regionalrat vorgemacht hat, wie Obstruktion gehen kann.

Wären Sie nun also dafür, die Geschäftsordnung der Gesetzgebungsausschüsse so abzuändern, dass Obstruktion durch die Opposition weitgehend vermieden wird?
Die Opposition hat alles Interesse daran, dass die Möglichkeit auch weiterhin besteht. Auch wenn mir dieses Instrument persönlich nicht sympathisch ist, ist es doch legitim, Obstruktion als letzten Ausweg anzuwenden, wenn die Mehrheit versucht, demokratische Regeln auszuhebeln oder zu ihren Gunsten auszulegen.

Obstruktion ist also nach wie vor gerechtfertigt?
Zum Beispiel, wenn die SVP versucht, ein auf sie zugeschnittenes Wahlgesetz zu schneidern. Dagegen werde ich mich mit allen Mitteln wehren, wenn nötig auch mit Obstruktion.

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gorgias Mo., 20.02.2017 - 13:33

In einem Parlament sollten Mehrheitsentscheide zählen und nicht durch Formalitäten ausgebremst werden. Diese Ein-Mann-Parteien wirbeln eh zuviel Staub auf ohne wirklich was beizutragen.
So eine Obstruktion kann so einer Zwergpartei wieder mal zu Schlagzeilen verhelfen. Ein Marketing-Mensch wie Pöder findet da immer wieder das richtige Timing, um nicht ganz vergessen zu werden.

Mo., 20.02.2017 - 13:33 Permalink