"Es ist unsere Pflicht, mehr Menschen aufzunehmen"
“Die derzeitige Abwicklung der Flüchtlingsfrage ist eine Nicht-Lösung, die am Ursprung – das heißt auf europäischer Ebene – gelöst werden sollte”, so die Worte vom Leiter der Caritas-Flüchtlingsberatung Leonhard Voltmer Ende vergangenen Jahres im salto.bz-Interview. Doch was machen, wenn die “da oben” in Brüssel nicht hinschauen und sich aus der Verantwortung zu stehlen scheinen? Politik, sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene scheint überfordert. Genauso wie die Sicherheitskräfte, die dem nicht enden wollenden Strom von Menschen, die sich gen Norden aufmachen, nicht Herr werden.
Mehr Flüchtlinge und bessere Vorbereitung
Einen Tropfen auf den heißen Stein stellt Landeshauptmann Arno Kompatscher in Aussicht: “Südtirol wird angesichts der Flüchtlingskatastrophen im Mittelmeer weitere Zeichen der Solidarität und Menschlichkeit setzen”, versprach er am heutigen Dienstag. “Wir wollen nicht, dass Menschen, die auf der Flucht sind, auf der Straße schlafen müssen.” Und man werde in Zukunft mehr Flüchtlinge aufnehmen. Dazu sei man im Sinne der Menschenwürde verpflichtet, so Kompatscher.
Doch will die Landesregierung bei der Suche nach geeigneten Unterbringungsstätten nicht denselben Fehler machen wie in Wiesen. In dem kleinen Wipptaler Ort waren Proteste von Bürgern und Bürgermeister laut geworden, als bekannt wurde, dass in der dortigen Kaserne Flüchtlinge untergebracht werden sollen. Bis zu fünzig Personen sollen dort Platz finden. Die Landesregierung hätte die Gemeinde nicht rechtzeitig und nicht ausreichend informiert, so die Vorwürfe. Daher hat man sich in der heutigen Sitzung für eine neue Strategie entschlossen: “Gemeinsam mit den Gemeinden soll eruiert werden, welche öffentlichen Infrastrukturen für die Unterbringung weiterer Flüchtlinge geeignet werden”, berichtete der Landeshauptmann. Ausschlaggebende Kriterien für die Auswahl eines geeigneten Standortes seien dabei folgende: Die Immobilie muss:
– möglichst in Landesbesitz oder öffentlichem Besitz sein,
– an einem gut angebundenen Standort liegen,
– in möglichst gutem Zustand sein,
– keine größere Anpassungsarbeiten erfordern,
– eine bestimmte Größe haben.
Irreguläre Kontrollen am Pranger
Indes fordern die Grünen in einer Anfrage an die Landesregierung Aufklärung über die trilateralen Polizei-Patrouillen, die in den grenzüberquerenden Zügen Personenkontrollen durchführen. Diese versehen seit 2001 ihren Dienst. Damals waren die Einheiten aus italienischen, österreichischen und bundesdeutschen Polizisten mittels einem Regierungsabkommen zwischen den drei Ländern ins Leben gerufen worden. Doch vor allem in den vergangenen Monaten hatten sie verstärkt und zusehends rücksichtsloser “alle Personen, die von der Hautfarbe, Bekleidung und so weiter her an Flüchtlinge erinnern”, kontrolliert, so der Vorwurf der Grünen. “Auch wenn diese ein reguläres Zugticket dabei haben.”
Dass bei den Kontrollen auf italienischem Staatsgebiet offensichtlich auch deutsche und österreichische Polizisten durchgreifen und die aussortierten Personen des Zuges verweisen, verstößt dabei eigentlich gegen das Gesetz. “Ausländische Polizeikräfte haben keinerlei hoheitliche Befugnisse auf italienischem Boden”, unterstrich Leonhard Voltmer bereits im vergangenen Dezember. Aus der Quästur kam folgende Stellungnahme: “La gestione dei controlli effettuati dalle pattuglie sul territorio nazionale sono di competenza esclusiva della Polizia Italiana.” Daher auch die Frage der Grünen, die sich übrigens in eine Liste von Beschwerden, die Lokalpolitiker wie Alessandro Bertoldi (FI) oder Guido Margheri (SEL) schon vor einigen Monaten vorgebracht hatten, einreihen: “Ist der Landtag der Meinung, dass diese Eingriffe notwendig und richtig sind, oder nicht? Falls nicht, was gedenkt er zu tun, damit sie aufhören?”