Politics | Straftaten

Pöbeln kann jeder

Die Süd-Tiroler Freiheit will Gewaltstraftätern die Sozialleistungen streichen. Sicherheitslandesrätin Ulli Mair sagt: In der Opposition hat man leicht reden.
Süd-Tiroler Freiheit
Foto: Seehauserfoto
  • Landtagsabgeordneter Andreas Leiter Reber ist empört. Der Regierungsaussteiger scheint seit seinem Alleingang so ziemlich einige auf dem Kieker zu haben. Als bei der vergangenen Landtagssitzung der Antrag der Süd-Tiroler Freiheit zur Ausschließung von Gewaltstraftätern von sämtlichen Sozialleistungen des Landes und von ihrem Anspruch auf eine Wobi-Wohnung diskutiert wurde und sich Sicherheitslandesrätin Ulli Mair und Landesrat Marco Galateo gegen das Vorhaben aussprachen, warf Leiter Reber ihnen Doppelmoral vor. Bis die beiden und ihre Parteien nämlich in die Regierung gelangt waren, so die Anschuldigungen des Ex-Freiheitlichen, hätten sie selbst noch dasselbe gefordert. Tatsächlich schlug Galateo im Dezember 2022 vor, Familien, deren Kinder Straftaten begehen, von Ipes-Ranglisten auszuschließen. Trotz der Kritik scheinen Leiter Reber, Sven Knoll und Co keineswegs zuzustimmen. „Mit dieser Art von Anträgen wird man als Partei groß, weil sie die Leute triggern. Sven Knoll, Galateo und so weiter, ihr seid intelligent genug um das zu wissen”, tadelt der Aussteiger. Er habe ein Problem damit, wenn Politiker der Bevölkerung mit Absicht Sand ins Auge streuen würden und ihnen vorspielen, dass irgendetwas möglich sei, was eigentlich gar nicht möglich ist. Dass Handlungsbedarf besteht, glaubt er trotzdem. Möglicherweise brauche es jedoch EU-weite Regelungen.

  • Andreas Leiter Reber: Der „Landtagsrambo" war nicht der einzige, der sich gegen den Antrag aussprach. Foto: Seehauserfoto
  • Auch Ulli Mair stimmt zu: Der Antrag sei rechtlich so nicht umsetzbar. Weswegen ihr die Hände gebunden seien. Ohnehin würde der Antrag das Problem nicht lösen, sondern neue schaffen. „Wir wälzen es auf die Gemeinden ab und setzen Leute auf die Straße”, so Mair. Außerdem sei es fragwürdig, ob das Land rechtlich gesehen, Menschen, die eine Straftat begangen haben, die keinen direkten oder logischen Zusammenhang mit der finanziellen Unterstützung oder der Zuweisung von Wohnungen hat, eine Wobi-Wohnung entziehen oder nicht gewähren kann. Wenn sich die Tat hingegen in der Wohnung abspielt, sehe das Gesetz bereits heute zahlreiche Widerrufsgründe vor. „Wenn ein Familienvater beispielsweise in der Wobi-Wohnung gewalttätig gegenüber seiner Familie ist, so gibt es Möglichkeiten ihn zu entfernen. Ohne dass die Familie das auch tun muss.” 

  • Ulli Mair: Die Freiheitliche kennt die Vorzüge der Oppositionsrolle. Foto: Seehauser

    Der Neo-Landesrätin zufolge müsse man tiefer gehen und auf Gewaltprävention, Integration, Erziehung, Sensibilisierung, vor allem bei Minderjährigen und deren Eltern, Strafverfolgung, Rechtsprechung und konsequentem Einschreiten bei Gewaltverbrechen setzen. Der Antrag würde so wie er geschrieben ist, keine Probleme lösen, sondern sie teilweise im öffentlichen Raum verschärfen. Sie verstehe es, dass viele der Meinung seien, dass Tätern, die nur ihr Unwesen auf den Straßen treiben, die Sozialwohnung genommen werden soll. „Auch ich habe das in der Opposition gefordert. In der Realität ist es aber nicht so einfach. Wäre Sven Knoll der zuständige Landesrat, müsste er sich auch eingestehen, dass der Antrag nicht funktioniert.” In der Opposition sei es leicht, provokante Dinge zu sagen ohne sich über die Folgen Gedanken zu machen. 

  • Der Antrag

    Wie die Süd-Tiroler Freiheit erklärt, würde die Zahl der vorsätzlich verübten Gewaltdelikte, die außerdem die Stufe von schweren Körperverletzungen und groben Sachbeschädigungen erreichen würden, stetig steigen. Dabei handle es sich bei den Straftätern oft um Migranten, die nicht selten vorbestraft seien. Bei einer Verurteilung könne diesen Personen oft nichts genommen werden, da sie kaum etwas besitzen würden. Die Bewegung fordert deshalb, dass Südtirol Straftäter, die für vorsätzlich begangene schwere Gewaltdelikte verurteilt wurden und für die an den Opfern verursachten Schäden nicht selber aufkommen, umgehend und für zehn Jahre von sämtlichen Sozialleistungen des Landes und von ihrem Anspruch auf eine Wobi-Wohnung auszuschließen.

    Landtagsabgeordnetem Sven Knoll zufolge würden sich die Südtiroler Steuerzahler erwarten, dass mit ihrem Steuergeld jene Menschen unterstützt werden, die einen Mehrwert für die Gesellschaft darstellen und sich an die Regeln und Gesetze halten. Wer das nicht tut, habe kein Anrecht auf Sozialleistungen. Den Tätern müsse klar gemacht werden, dass ihre Gewaltverbrechen, von der Gesellschaft nicht geduldet werden und schwere Konsequenzen nach sich ziehen. Es solle jedoch nur die Täter persönlich treffen und keineswegs ihre Familienmitglieder. 

  • Ebenfalls nicht vom Antrag überzeugt war Soziallandesrätin Rosmarie Pamer: „Sozialpolitik ist nicht Kriminalpolitik. Sozialpolitik setzt im Zusammenhang mit Gewalt stark auf Prävention.” Dies bedeute ganz klare und frühangelegte Integrationsprogramme in Form von Ausbildungs-, Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten. Die Streichung aller Sozialleistungen berge außerdem das Risiko, dass auch Familienmitglieder und somit auch Kinder benachteiligt werden. Der Antrag widerspreche deshalb jedem sozialpolitischen Grundsatz, sei rechtswidrig und nicht umsetzbar. Außerdem müssten gewisse Grundleistungen, auch laut Europäischem Gerichtshof für Menschenrechte, gewährleistet werden. Ulli Mair beharrt in Sachen Sozialleistungen auf ihrer Linie: Diese sollten ihrer Meinung nach an Integrationsleistungen geknüpft sein.

    Auch weitere Wortmeldungen von Seiten der Grünen, des Team K und dem PD kritisierten den Antrag. Die drei Punkte, also Entzug von Sozialleistungen, Entzug von Wobi-Wohnungen und das ganze für 10 Jahre für verurteile Gewaltstraftäter wurden deshalb – kaum zur Überraschung – allesamt abgelehnt

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Günther Stocker Fri, 03/22/2024 - 10:14

„Auch ich habe das in der Opposition gefordert. In der Realität ist es aber nicht so einfach. Wäre Sven Knoll der zuständige Landesrat, müsste er sich auch eingestehen, dass der Antrag nicht funktioniert.” In der Opposition sei es leicht, provokante Dinge zu sagen ohne sich über die Folgen Gedanken zu machen.

SO DIE weise ULLI MAIR,
VOM Paulus zum Saulus,

Johrzentelong lei grschrian und iatz die Schlaue Blaue spielen!!

Fri, 03/22/2024 - 10:14 Permalink
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Peter Gasser Fri, 03/22/2024 - 10:48

Zitat: “Tatsächlich schlug Galateo im Dezember 2022 vor, Familien, deren Kinder Straftaten begehen, von Ipes-Ranglisten auszuschließen”:
... und von solchen irgendwie ignoranten oder absichtlich Un-Rechtes vorbringenden Typen werden wir heute regiert - dass es “Sippenhaft” nicht mehr gibt, sollte doch bereits im hintersten & dunkelsten Winkel der Rechtsgasse angekommen sein...

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... und noch so ein ‘Schmankerl’: “Wenn sich die Tat hingegen in der Wohnung abspielt, sehe das Gesetz bereits heute zahlreiche Widerrufsgründe vor. „Wenn ein Familienvater beispielsweise in der Wobi-Wohnung gewalttätig gegenüber seiner Familie ist, so gibt es Möglichkeiten ihn zu entfernen. Ohne dass die Familie das auch tun muss”:
das hat nun gar nichts mit “Wobi-Wohnung” zu tun, sondern gilt allgemein, sogar bei einer Eigentumswohnung. Auch ist das ein “Hausverbot”, und kein “Widerruf”: ob da absichtlich oder aus Oberflächlichkeit (oder gar Ignoranz) solcher “Schmarrn” verzapft wird.....

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Zitat: “Die drei Punkte, also Entzug von Sozialleistungen, Entzug von Wobi-Wohnungen und das ganze für 10 Jahre für verurteile Gewaltstraftäter wurden deshalb – kaum zur Überraschung – allesamt abgelehnt”:
wieso werden Anträge, denen jede Rechtsgrundlage fehlt, die also Un-Recht sind, überhaupt angenommen und diskutiert, fragt man als Bürger und Wähler... das ist doch krass, Unsinn, Gaukelei!

Fri, 03/22/2024 - 10:48 Permalink
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Interessierter Fri, 03/22/2024 - 18:33

Was soll ein Wähler, der jahrelang die Ulli genau wegen der markigen Worte und Forderungen an die jeweilige Landesregierung gewählt hat denken? War alles nur Spaß, Neckerei, Provokation, reden wider besseren Wissen oder was??? Vor den Wahlen groß herumpöbeln um nachher das Gegenteil zu machen? Nicht jeder Wähler ist mit dem Hals wenden so schnell und die Politikerverdrossenheit steigt und steigt mit solchen Wendehalsakteuren.

Fri, 03/22/2024 - 18:33 Permalink
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Peter Gasser Sat, 03/23/2024 - 10:08

In reply to by Interessierter

Zitat: “Was soll ein Wähler, der jahrelang die Ulli genau wegen der markigen Worte und Forderungen an die jeweilige Landesregierung gewählt hat, denken?”:

Ich versuch eine “denken”-Antwort für diesen “Wähler”:
‘Da bin ich wohl *selber Schuld*, wenn ich “jahrelang der Ulli” geglaubt hatte, wie sie populistisch Nicht-Umsetzbares und nicht Rechts-Konformes verlangt hat. Da bin ich wohl “jahrelang der Ulli” auf den Leim gegangen, die mir DAS BLAUE vom Himmel herab’gelogen’ hat:
aber jetzt gibt sie es ja zu und da darf ich das alles mal nicht so ernst nehmen - so ist das halt, wenn man, auf dem Boden der Wirklichkeit angekommen, die Seite wechselt...’.

Dieser Wähler muss jetzt wohl zu Wirth Anderlan & Kumpel Martin Sellner migrieren...

Sat, 03/23/2024 - 10:08 Permalink
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Salto User
nobody Fri, 03/22/2024 - 20:52

Dass mann die Ulli mit diesem Ressort hat auflaufen lassen wollen ist klar. Bis jetzt hat sie es nicht schlechter gemacht als ihre Vorgänger.

Fri, 03/22/2024 - 20:52 Permalink
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△rtim post Sat, 03/23/2024 - 08:58

(Rechte) Diskursverschiebung, wie u.a. Sippenhaft, beinhaltet auch die Gefahr, dass man in der Zurückweisung und Abwehr erst gar nicht über (notwendige) Reformen im Bereich Sozialwohnungen nachdenkt, z.B.:
Wenn es bei der Vergabe um (soziale) Treffsicherheit geht, wieso werden diese nicht grundsätzlich einem Vierjahresvertrag bzw. einem 4+4 Mietvertrag gleichgestellt - mit neuer Überprüfung der Voraussetzungen bei Vertragsende?

Sat, 03/23/2024 - 08:58 Permalink
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Klemens Riegler Tue, 03/26/2024 - 23:27

Erfreuliche Geschichte, von der viele viel lernen können.
Ein WE-Kurs zum Thema "Politische Bildung" kann nicht vermitteln was hier im Beitrag (+ Kommentare) abgehandelt wird. 👍

Tue, 03/26/2024 - 23:27 Permalink