Der Rücktritt
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Flavio Ruffini will keine Polemik. Der Direktor der Landesagentur für Umwelt und Klimaschutz bestätigt auf Nachfrage aber seinen Rücktritt. „Ich bin zurückgetreten, da ich auch Mitglied der Dienststellenkonferenz bin und damit keinem Interessenkonflikt ausgesetzt werden möchte“, begründet der Abteilungsdirektor seine Entscheidung.
Doch in Wirklichkeit ist es ein Paukenschlag, mit dem der der höchste Umweltbeamte Südtirols, ganz klar seinen Dissens gegen eine Entscheidung ausdrückt, mit der ein aktuell viel diskutiertes und umstrittenes Großprojekt international geadelt werden soll. -
Der Preis
Seit vielen Jahren vergibt die Arbeitsgemeinschaft Alpenländer (Arge Alp) einen Umweltpreis. Der diesjährige Arge Alp Preis 2024 ist dem Thema Wasser gewidmet. Prämiert werden besonders vielversprechende und vorbildliche Projekte, die das Bewusstsein für einen sorgfältigen und sparsamen Umgang mit der Ressource Wasser in den Alpenregionen schärfen.
Eingereicht werden können dabei sowohl noch nicht begonnene wie auch bereits in Umsetzung befindliche Initiativen. Zugelassen sind Bildungsinitiativen aus der Zivilgesellschaft (Schulen, Vereine, Privatpersonen etc.), aber auch konkrete Projekte aus der Wirtschaft (Unternehmen und Start-ups) sowie aus dem öffentlichen Sektor (Gemeinden, Städte, Konsortien und Bürgergemeinden). -
Die Arge Alp
Die Arbeitsgemeinschaft Alpenländer (Arge Alp) wurde im Jahr 1972 in Mösern in Tirol gegründet und hat zum Ziel, Probleme ökologischer, kultureller, sozialer und wirtschaftlicher Art grenzüberschreitend zu lösen. Ihr gehören zehn Länder, Provinzen, Regionen und Kantone der Staaten Österreich, Deutschland, Italien und der Schweiz an: Bayern, Salzburg, Tirol, Vorarlberg, Trentino, Südtirol, Lombardei, St. Gallen, Tessin und Graubünden.
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Die teilnehmenden Projekte mussten bis spätestens 1. Juni 2024 beim jeweiligen Mitgliedsland eingereicht werden. In Südtirol war die Anlaufstelle und Abgabestelle für die Projekte interessanterweise die Landesagentur für Presse und Kommunikation.
Die Vergabe des Preises erfolgt in zwei Stufen. Zuerst wählt eine regionale Jury drei Finalisten aus dem eigenen Land aus, die im Anschluss dann einer internationalen Jury vorgelegt werden. Diese trifft schließlich die finale Auswahl der drei Preisträger. Die Preisvergabe wird am 25. Oktober 2024 im Rahmen der Regierungschefkonferenz der Arge Alp im Tessin erfolgen. Für die drei Siegerprojekte steht ein Preisgeld von insgesamt 12.000 Euro zur Verfügung. -
Projekt „See hoch drei“
Mitte Juli stehen die zwei Projekte aus Südtirol fest, die in die Endauswahl gehen sollen. Die regionale Südtiroler Jury wählt das Projekt „Wasser-Pilot“ des Südtiroler Bauernbundes aus, das auf eine zunehmende Verbreitung der Tröpfchenbewässerung und den Einsatz von landwirtschaftlichen Tensiometern abzielt. Sowie das Projekt „See³“ des Bodenverbesserungskonsortiums 2. Grades Kaltern, über das seit Monaten kontrovers diskuiert wird. Vor allem der Bau mehrerer Speicherbecken im Monitggler- und Altenburger-Wald wird von Umweltschutzgruppen mit allen Mitteln bekämpft.
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„Ich war an dieser Vorauswahl zur Zulassung der Projekte weder beteiligt noch involviert“, betont Flavio Ruffini. Die beiden Finalisten wurden von einer vierköpfigen Jury ermittelt. Ihr gehörten Klaus Egger, der Nachhaltigkeits-Koordinator der Landesregierung, Maren Mayer, Mitarbeiterin der Agentur für Energie Südtirol – Klimahaus, so wie Martina Leitner und Maurizio Di Giangiacomo von der Agentur für Presse und Kommunikation an.
Am 18. Juli 2024 veröffentlichte das Landespresseamt die Nachricht, dass diese beiden Projekt in die Tessiner Finalrunde für die Vergabe des Arg-Alp-Umweltpreises gehen werden. In der Pressemitteilung heißt es weiter:„Eine internationale Jury bewertet die beiden Südtiroler Projekte gemeinsam mit jenen aus dem Trentino, Bayern, Graubünden, St. Gallen, Tessin, Vorarlberg, Tirol und Salzburg. Dieser Jury wird auch Flavio Ruffini, Direktor der Agentur für Umwelt und Klimaschutz des Landes Südtirol angehören.“
Doch dem ist nicht mehr so.
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Ruffinis Kritik
Denn Flavio Ruffini hat unmittelbar danach seinen Rücktritt aus dieser internationalen Jury erklärt. Der offizielle Grund: Befangenheit
Tatsache ist, dass das Projekt „See³“ des Kalterer Bodenverbesserungskonsortium noch den gesamten Genehmigungsweg durchlaufen muss. Falvio Ruffini ist in seiner Funktion auch der Vorsitzende des Umweltbeirates, der entscheidet welche Projekte der strategischen Umweltprüfung (SUP) oder der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unterzogen werden. Zudem ist der Beirat bei Rekursen gegen die Gutachten der Landesämter zuständig.
Damit ist aber kommt Flavio Ruffini notgedrungen in einen Interessenskonflikt. Denn eine Prämierung des Seeprojekts durch ihn als Juror im Tessin würde gleichzeitig auch ein klarer Fingerzeig für den Südtiroler Genehmigungsweg sein.
„Grundsätzlich ist die Idee von Wasserspeichern sicher gut und im Sinne einer Anpassung an den Klimawandel sinnvoll“, meint Flavio Ruffini durchaus kritisch, „ob dafür aber ausschließlich oder vorwiegend Naturlandschaften oder naturräumliche wertvolle Flächen herhalten sollen ist eine ändere Frage, die es eben in den verschiedenen Konferenzen zu bewerten gilt.“
Nach Informationen von SALTO soll jetzt die Leiterin der Agentur für Kommunikation und Presse der Landesregierung, Claudia Messner, den Platz Ruffinis in der internationalen Preisjury übernehmen.
Auch das dürfte zeigen, wohin die Reise gehen soll. -
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