„Was machen wir mit unserer Welt?“

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SALTO: Frau Scholl, wieso haben Sie das Buch „Omas Bankraub“ geschrieben?
Susanne Scholl: Frauen sind viel mehr von Altersarmut betroffen als Männer. Durch Kindererziehung oder Betreuung älterer Verwandter haben sie am Arbeitsplatz mehr Fehlzeiten und kriegen weniger Pension. Dann stehen sie im Alter plötzlich mit wenig Geld da. Mit dem Buch wollte ich vermitteln, dass man auch im Alter noch neue Ideen haben und neue Dinge tun kann. Man muss nicht zuhause sitzen, in den Fernseher schauen und auf den Tod warten, um es ganz brutal auszudrücken.
„Journalismus gibt einem die Möglichkeit, zu verstehen wie die Welt funktioniert.“
Wie war die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Sie persönlich als Journalistin?
Das war natürlich schwierig. Ich war alleine mit meinen Kindern und das hatte zur Folge, dass ich einer anderen Frau praktisch ein ganzes Gehalt zahlen musste, damit ich meinen Beruf ausüben konnte.
Das ist ein hoher Preis…
Das ist ein hoher Preis, aber ich würde es auf jeden Fall noch einmal so machen!
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Zur Person
Susanne Scholl ist eine österreichische Jouranlistin und Buchautorin. Im Residenzverlag sind fünf Werke von ihr erschienen, zuletzt „Omas Bankraub“ im Jahr 2022. Scholl ist Mitgründerin der Bewegung „Omas gegen rechts“, sie arbeitete als Osteuropa-Korrespondentin für den ORF und lebt in Wien. Bei der Summer School 2025 im Südtiroler Schloss Velthurns liest die 75-Jährige aus ihrem letzten Werk. Lesung heute, 22. August ab 18 Uhr, am Samstag diskutiert sie ab 18 Uhr mit dem Klimaaktivsten David Hofmann.
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Was hat Ihnen am Journalismus gefallen?
Ich habe von klein auf gefunden, dass der Journalismus etwas besonders Aufregendes und Spannendes hat. Er gibt einem die Möglichkeit, zu verstehen wie die Welt funktioniert.
Die Summer School sucht mit dem Jahresthema „radikal alt“ einen positiven Blick auf das Alter. Wieso ist das aus Ihrer Sicht überhaupt notwendig?
Es gibt ein bisschen die Tendenz, älteren Menschen zu sagen, dass sie nach Hause gehen und sich nicht in das Leben einmischen sollen – und das geht nicht. Alt sein heißt nicht, kein Interesse am Leben zu haben.
Wie hängt die Altersdiskriminierung mit dem Eintritt ins Pensionsleben zusammen?
Man verliert plötzlich den eigenen Status, wenn man in Pension geht. Denn der Status ist sehr oft verbunden mit dem, was man beruflich macht.
„Was machen wir mit unserer Welt im politischen Sinn?“
Wie können ältere Menschen noch stärker in die Gesellschaft eingebunden werden?
Ich glaube, sie müssen sich selber einmischen. Es wäre zudem gut, wenn wir eine Art gleitende Alterspension haben könnten, um nicht von einem Tag auf den anderen in Pension zu gehen. So könnte man immer etwas weniger arbeiten, je nach dem wie es einem damit geht. Das könnte ein Modell sein, wovon alle profitieren können. Denn wenn man mit 65 oder 67 Jahren pünktlich in Pension geschickt wird, dann geht sehr viel Wissen, Know-how und Erfahrung irgendwie verloren und das ist so schade! Sie könnten ihr Wissen stattdessen mit jüngeren Kollegen teilen.
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Altersdiskriminierung betrifft auch junge Menschen, denen aufgrund ihres Alters Kompetenz abgesprochen wird. Wieso fällt uns der Austausch zwischen Generationen so schwer?
Ich muss ehrlich gestehen, dass ich mich da auch schwertue. Bei den Jungen gibt es das Gefühl, dass die Alten ihnen die Arbeitsplätze wegnehmen und sie nicht zum Zug kommen lassen. Bei den Alten wiederum gibt es das Gefühl, dass die Jungen uns auf den Mist werfen wollen. Und beides ist blöd. Die Lösung müsste darin bestehen, dass die Jungen mehr Chancen kriegen und die Alten die Chance haben, den Jungen beizustehen und mit ihren Erfahrungen und ihrem Wissen zu helfen, sich in der Welt zurechtzufinden.
Wie ist Ihr Blick auf die junge Generation von heute?
Ich neige immer dazu, die junge Generation sehr positiv zu sehen. Nur machen wir es ihnen in vielen Bereichen sehr schwer. Das muss aufhören.
„Als ich noch jung war, gab es das Gefühl, dass alles gut ist und wir uns keine Sorgen machen müssen.“
In welchen Bereichen zum Beispiel?
Zum Beispiel wird die Politik nicht mit einem länger währenden Blick auf die Zukunft betrieben, sondern immer nur mit Blick auf die nächsten Wahlen. Damit schaden wir den Jungen.
Meinen Sie den Klimawandel?
Auch den Klimawandel. Aber ich meine auch das Thema Politik. Was machen wir mit unserer Welt im politischen Sinn? Die Demokratie wird immer mehr ausgehöhlt. Wir leben den Jungen heutzutage vor, dass immer noch die Macht des Stärkeren gilt. Ich halte das einfach für falsch.
Wieso?
In einer Demokratie geht es auch darum, die Schwächsten nicht zurückzulassen.
„Die Politik neigt dazu, die Schwächeren auszuschließen und sich selbst zu überlassen.“
Wird das derzeit nicht garantiert?
Derzeit passiert das Gegenteil. Die Politik neigt dazu, die Schwächeren auszuschließen und sich selbst zu überlassen.
Wie war das als Sie noch jung waren?
Als ich noch jung war, gab es das Gefühl, dass alles gut ist und wir uns keine Sorgen machen müssen, denn alles was schlimm war, liegt hinter uns und es wird nie wieder so kommen wie zu Beginn und Mitte des 20. Jahrhunderts. So bin ich groß geworden. Das war leider eine verhängnisvolle Illusion, weil wir jetzt sehen, dass es jederzeit wieder passieren kann.
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