Ladurner, Ulrich
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Society | Pollo der Woche

Der Carabiniere

Zeit-Reporter Ulrich Ladurner verteidigt wortgewaltig das Vorgehen der spanischen Regierung in Katalonien. Journalismus im Dienst der Staatsmacht.
Um keine Unklarheiten aufkommen zu lassen, bedarf es gleich zu Beginn einer Standortbestimmung:
Der Autor dieser Zeilen findet sezessionistische Bewegungen im heutigen Europa tendenziell gefährlich, anachronistisch und völlig realitätsfremd. Der Gedanke an die allein seligmachende Selbstbestimmung trübt sich gänzlich ein, wenn man sich jene politischen Exponenten genauer anschaut, die diese Schimäre mit einigem Erfolg in Südtirol vertreten.
Es dürfte nur konsequent und authentisch sein, wenn sich ein Journalist mit dieser Haltung in seiner Arbeit kritisch mit den Zielen, Aktionen und Kampagnen solcher Bewegungen auseinandersetzt.
Kann man dabei aber so weit gehen, dass man staatliche Repression, polizeiliche Willkür und die Außerkraftsetzung demokratischer Grundregeln und Bürgerrechte - wie es derzeit in Katalonien passiert - nicht nur rechtfertigt, sondern eine härtere Gangart auch noch herbeischreibt und -redet? Wohl kaum.
Genau das tut derzeit aber der Südtiroler Zeit-Journalist Ulrich Ladurner.
 
 
Kann man staatliche Repression, polizeiliche Willkür und die Ausserkraftsetzung demokratischer Grundregeln und Bürgerrechte nicht nur rechtfertigen, sondern eine härtere Gangart auch noch herbeischreiben? Genau das tut derzeit der Südtiroler Zeit-Journalist Ulrich Ladurner.

Ladurner hat in der aktuellen Ausgabe der renommierten Hamburger Wochenzeitung „Die Zeit“ einen Artikel zur anstehenden Abstimmung in Katalonien geschrieben. Unter dem Titel „Das Kalkül der Separatisten“ setzt der Meraner Journalist dabei zu einem wortgewaltigen Plädoyer für die staatliche polizeiliche Repression an.
Die Katalanen treiben das fragwürdige Referendum über ihre Unabhängigkeit voran, Eskalation inklusive. Ihr undemokratisches Vorgehen zwingt Madrid zu harten Reaktionen“, heißt es bereits im Vorspann. Dann schreibt Ladurner:
 
Als der katalanische Regierungschef Carles Puigdemont am gestrigen Mittwoch in Barcelona vor die Presse trat, sagte er: "Die Zentralregierung hat die rote Linie zu einem autoritären und repressiven Regime überschritten (…) sie hat den De-facto-Ausnahmezustand über Katalonien verhängt!" Mit diesen harten Worten reagierte er auf die Festsetzung von 13 Mitarbeitern seiner Regierung durch die spanische Polizei. Puigdemont, kein Mann der Mäßigung, drehte damit verbal weiter an einer Eskalationsspirale, die Anfang September begonnen hatte.
Am 6. September verabschiedete das katalanische Regionalparlament ein Gesetz, das den Weg für ein Unabhängigkeitsreferendum frei machen sollte. 60 Abgeordnete stimmten dagegen, 72 stimmten dafür. Das war schon ein Zeichen dafür, dass selbst die katalanische Gesellschaft in dieser Frage tief gespalten ist. Doch Puigdemonts Regierung kümmerte das nicht. Sie peitschte das Gesetz innerhalb von 48 Stunden durch das Parlament. Zeit für eine ausgiebige Debatte über eine so existenzielle Frage wie die Unabhängigkeit gab es nicht. Am 1. Oktober nun sollen die Katalanen über das Referendum abstimmen.“
 
Ladurner betreibt in seinem Artikel die klassische Umkehr von Ursache und Wirkung. Er übersieht eifrig, dass die aktuelle Sezessionsbewegung primär durch eine Verfassungsklage des Partido Popular gegen bereits gesetzlich gewährte Autonomierechte ausgelöst wurde. Er ignoriert, dass Urteile des Verfassungsgerichtshofs auch eine eminent politische Konnotation haben - nicht nur in Spanien. Vor allem aber versucht er, die spanische Regierung von jedweder Verantwortung für die mehr als grenzwertigen Aktionen gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen zu entheben.
Ladurner:
 
„Das spanische Verfassungsgericht erklärte im September das entsprechende Gesetz für illegal – weil es mit der spanischen Verfassung nicht vereinbar sei. "Das Referendum wird niemals stattfinden", sagte Ministerpräsident Mariano Rajoy deshalb und rief die katalanische Regierung zur Umkehr auf. Doch die machte immer weiter. 
Dann schritt die Polizei ein. Sie beschlagnahmte Werbematerial, Flugblätter, sperrte eine Website, die für das Referendum warb, und setzte schließlich die 13 Mitarbeiter der Regierung fest, die mit der Vorbereitung der Abstimmung beschäftigt waren. Das geschah nicht, wie Puigdemont glauben machen will, weil von der Zentralregierung der "De-facto Ausnahmezustand" ausgerufen worden sei. Das geschah auf Anordnung eines Richters in Barcelona, der sich veranlasst sah, gegen die Vorbereitung eines illegalen Referendums vorzugehen. Doch diese wichtigen Differenzierungen gehen jetzt unter."
 
Dass die katalanische Volksabstimmung ohne Quorum über die Bühne gehen soll, ist für den Meraner Journalisten nur ein weiterer Mosaikstein eines diabolischen Planes:
 

„Es geht auch unter, dass die katalanische Regierung das Referendum nicht gerade demokratisch ausgestaltet hat. Es sieht keine Mindestbeteiligung vor. Und es gilt die relative Mehrheit. Wenn also beispielsweise nur 20 Prozent der Katalanen abstimmten, und davon 50 Prozent plus 1 mit Ja votierten, hätte eine kleine Minderheit der Katalanen eine neue Republik geschaffen.“
 
Also: Politische Verhaftungen hui, demokratische Volksabstimmung pfui!
 
Ulrich Ladurner kam über die Wiener Arbeiterzeitung AZ (eingegangen), das Schweizer Magazin Facts (eingegangen) und die beiden österreichischen Flaggschiffe profil und News 1999 zur Hamburger „Die Zeit“. Jahrelang war er dort als Auslandskorrespondent in den Kriegs- und Krisengebieten Irak und Iran, Afghanistan und Pakistan unterwegs. Nebenbei schreibt er durchaus erfolgreich Bücher - über ein Dutzend in den vergangenen 15 Jahren.
Ulrich Ladurner war vor seinem Studium in Innsbruck bei der Polizei. Wenn ich mich richtig erinnere, bei den Carabinieri. Man darf das sagen, weil der Zeit-Reporter selbst mit Stolz darauf verweist.
Vor fünfeinhalb Jahren schilderte der italienische Journalist und Autor Roberto Saviano in einem Zeit-Artikel seine Eindrücke einer Lesereise durch Deutschland. Saviano:

 

 
„Am Abend des 20. März treffe ich im Theaterhaus Stuttgart auf Ulrich Ladurner, Journalist der ZEIT mit Südtiroler Wurzeln. Alle Menschen, die ich auf meiner Reise durch Deutschland treffe, haben wichtige Geschichten zu erzählen. Als Ulrich noch nicht für die ZEIT arbeitete und in Italien lebte, war er bei der Polizei. Als Italiener überrascht mich das ein wenig. In Italien Journalist zu werden ist nicht nur äußerst schwierig, sondern setzt auch einen ganz bestimmten Werdegang voraus: Hochschulabschluss, Praktika in verschiedenen Lokalredaktionen, und wenn man Glück hat, schafft man den Sprung nach oben. ...(...)... Deshalb ist ein Polizist, der auf Journalist umsattelt, für mich so erstaunlich.“
 
Ulrich Ladurner weist in seiner journalistischen Arbeit kaum kritische Distanz zur Staatsmacht auf. Seine besondere Affinität zur regierenden Politik kam schon vor über zehn Jahren in Südtirol zum Ausdruck.
 
Diese Lebensgeschichte scheint Ulrich Ladurner nachhaltig geprägt zu haben. Schaut man sich seine aktuellen Artikel über Katalonien an, so glaubt man, dass der Zeit-Reporter auch heute noch bei der Polizei sei. Ebenso als Ladurner vor wenigen Wochen in einem Zeit-Artikel mit dem martialischen Titel „Schickt Kriegsschiffe!“ den militärischen Einsatz gegen die Schlepper vor der libyschen Küste bejubelte und die Unentschlossenheit der EU geißelte.
Ulrich Ladurner weist in seiner journalistischen Arbeit kaum kritische Distanz zur Staatsmacht auf. Seine besondere Affinität zur regierenden Politik kam schon vor über zehn Jahren in Südtirol zum Ausdruck.
Ausgangspunkt war das Gedenkjahr 2009. Das Kulturassessorat um Sabina Kasslatter Mur wollte zum heldengeschwängerten Andreas-Hofer-Jubiläum ein kulturelles Kontrastprogramm abliefern. Eines der Projekte hieß „Südtirol 2005“ und wurde Ulrich Ladurner anvertraut. Der Meraner Journalist lieferte ein Manuskript mit dem Titel „Der Fleck“ ab, das acht journalistisch-belletristische Geschichten enthält. Ladurner unternahm eine fiktive Reise durch Südtirol auf 261 Seiten. Vier Geschichten spielen in der Vergangenheit mit realem, historischem Hintergrund, die restlichen vier Geschichten in der Zukunft.
Der Text wurde auf die Homepage des Kulturassessorates gestellt, der Autor hielt im Frühsommer 2009 acht Lesungen in Südtirol.
Ladurners Honorar dürfte aber selbst etablierte Schriftsteller vor Neid erblassen lassen.
100.000 Euro hat sich das Land Ladurners Visionen kosten lassen. Auf den Gesamtumfang umgerechnet, kostete eine Manuskriptseite den Steuerzahler 383 Euro. Später erschien das Manuskript als Buch im Innsbrucker „Haymon“-Verlag, und Ladurner verwertete Teile des Werks in einem Theaterstück, das 2014 bei den Freilichtspielen Lana uraufgeführt wurde.
 
Ulrich Ladurner versteht es, sich gut zu verkaufen. Und der renommierte Zeit-Reporter arrangiert sich dabei mit den herrschenden Systemen. Ob in Südtirol, in Afghanistan oder in Spanien.
Mit kritischem, unabhängigem Journalismus hat das Ganze allerdings wenig zu tun.